Baukasten

Ericsson: Software-Toolkit für 5G-Premium-Mobilfunk

Mobil­funk­netz­betreiber sollen indi­vidu­elle Pakete für Daten­durch­satz, Zuver­läs­sig­keit und Latenz­zeit bei verein­barten Leis­tungs­niveaus maßschnei­dern können.
Von

Der Netz­werk­aus­rüster Ericsson hat ein Soft­ware-Toolkit für 5G-Premium-Mobil­funk vorge­stellt. Damit sollen Netz­betreiber maßge­schnei­derte Premium- Mobil­funk­dienste für Endkunden anbieten können. Die Idee dahinter sind indi­vidu­elle Ange­bote, die hohe Anfor­derungen an den Daten­durch­satz, die Zuver­läs­sig­keit und die Latenz­zeit bei verein­barten Leis­tungs­niveaus stellen.

Beispiele für diese Anwen­dungs­fälle sind verzö­gerungs­freies mobiles Cloud-Gaming, Video­kon­ferenzen, Live-Über­tra­gungen, fern­gesteu­erte Maschinen/Fahr­zeuge, öffent­liche Sicher­heits­dienste und zukünf­tige XR-Anwen­dungen.

Extra Qualität gegen Aufpreis

Ericsson stellt einen neuen Werkzeugkasten für Netzbetreiber vor. Ericsson stellt einen neuen Werkzeugkasten für Netzbetreiber vor.
Bild: Michael Perlmutter / Ericsson
Bestimmte Kunden­gruppen haben stei­gende Erwar­tungen an die "Qualität des 5G-Erleb­nisses", das bedeutet: Netz­kapa­zität und -leis­tung müssen besser werden. Ericsson sagt, diese "indi­vidu­ellen Kunden­bedürf­nisse können nun erfüllt werden." Laut dem jüngsten Ericsson ConsumerLab-Bericht erwarten 20 Prozent der Smart­phone-Nutzer und Nutze­rinnen ein "maßge­schnei­dertes 5G-Angebot".

Die Befragten legten Wert auf Premium-Dienste und seien bereit, einen Aufschlag von bis zu 11 Prozent für einen 5G-Tarif zu zahlen, der eine höhere Netz­leis­tung gewähr­leistet.

Daten­durch­satz, Zuver­läs­sig­keit, Latenz

Das dafür notwen­dige Toolkit wurde für Mobil­funk­netz­anbieter entwi­ckelt, die solche Ange­bote möglich machen wollen. Gefragt sind Daten­durch­satz, Zuver­läs­sig­keit und geringe Latenz­zeit. Anwen­dungs­fälle ("Use cases") könnten verzö­gerungs­freies mobiles Cloud-Gaming, Video­kon­ferenzen, Live-Über­tra­gungen, fern­gesteu­erte Maschinen/Fahr­zeuge, öffent­liche Sicher­heits­dienste und zukünf­tige XR-(Externe Reality)-Anwen­dungen sein. Die hohen Geschwin­dig­keiten, die gleich­blei­bend nied­rigen Latenz­zeiten und die größere Band­breite von 5G sind eine wich­tige Voraus­set­zung für solche Anwen­dungs­fälle.

Netz kann feiner konfi­guriert werden

Wenn immer mehr Kunden solche Ansprüche stellen, muss das Netz das auch schaffen. Es gibt also künftig nicht mehr "One size fits all", sondern jeder Kunde kann sich jetzt sein Menü zusam­men­stellen, gegen entspre­chenden Aufpreis.

Sibel Tombaz, Chef der 5G-RAN-Produkte bei Ericsson, erklärt, dass die Vernet­zung in alle Ecken der Welt gehe. Ericsson wolle den Mobil­funk neu gestalten.

Nach den Vorstel­lungen von Ericsson könnten Netz­betreiber ihren Kunden indi­vidu­elle "Service Level Agree­ments" anbieten. Denkbar wären auch zeit­weise Quali­täts­ver­bes­serungen, etwa stabile Daten­raten beim Besuch eines Fußball­sta­dions oder Rock­fes­tivals.

Telekom sehr inter­essiert

Changsoon Choi, bei der Deut­schen Telekom für "Network Service Diffe­ren­tia­tion and Conver­gence" zuständig, ist dabei, neue "diffe­ren­zierte Services" anzu­bieten. In Zusam­men­arbeit mit Ericsson und weiteren Part­nern habe man die Vorteile einer gleich­blei­bend nied­rigen Latenz für die Nutz­erqua­lität erkannt.

Mehr Einnahmen durch 5G-Slicing oder L4S?

Große Hoff­nung setzen die Netz­betreiber wie die Telekom auf die Einfüh­rung von 5G Slicing und L4S Low Latenz Low Loss Throughput im RAN-Soft­ware­angebot von Ericsson.

Patrick Filkins, vom Markt­for­schungs­unter­nehmen IDC, lobt Ericsson, den Mobil­funk­anbie­tern die Werk­zeuge an die Hand zu geben, die sie benö­tigen, um neue Premium-Dienste mit diffe­ren­zierter 5G-Konnek­tivität effi­zient zu planen und voran­zutreiben. Er sieht darin einen "drin­gend benö­tigten Anstoß".

Was ist drin?

Im Soft­ware-Toolkit von Ericsson können Netz-Funk­tionen für Massive MIMO, Advanced RAN Slicing, zeit­kri­tische Kommu­nika­tion und das 5G-Kern­netz einge­stellt werden. Durch opti­male Einstel­lungen lasse sich der Durch­satz um etwa 10 Prozent stei­gern.

Im Technik Jargon liest sich das so: "Verbes­serungen beim RAN-Slicing mit absichts­basierter Auto­mati­sie­rung für auto­mati­siertes Radio Resource Parti­tio­ning und Rate and Delay Control Sche­duling, um die Ziel­vor­gaben auf 1-Milli­sekunden-(ms)-Basis zu erfüllen. Echt­zeit-Auto­mati­sie­rung sorgt dafür, dass Service Level Agree­ments (SLAs) einge­halten werden."

Auf dem Spei­seplan stehen ferner "verbes­serte, konsis­tent nied­rige Latenz­zeiten für zeit­kri­tische Kommu­nika­tion mit Uplink Confi­gured Grant und L4S (Low latency, Low loss, Scalable Throughput)." Diese Funk­tionen sollen für eine "über­ragende Über­tra­gungs­qua­lität" auch bei Netz­über­las­tung und unter schlechten Funk­bedin­gungen sorgen. Außerdem würden sie die Latenz­zeit um bis zu 90 ms in Hoch­last­sze­narien verbes­sern.

Denkbar ist, dass der Kunde in einer aktu­ellen Situa­tion mehr "Dampf" buchen kann, natür­lich gegen einma­ligen oder regel­mäßigen Aufpreis.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Ein güns­tiger Tarif "One size fits all", wo eine unend­liche Daten­flat­rate, mit viel­leicht limi­tiertem Tempo, aber gleich­mäßigem Durch­satz für monat­lich 10 bis aller­höchs­tens 20 Euro würde vielen kosten­bewussten Kunden gefallen. Den Netz­betrei­bern aber weniger. Sie würden gerne den Umsatz pro Kunde (ARPU) erhöhen, um den weiterhin notwen­digen Netzauf- und -ausbau zu finan­zieren.

Die Kunst wird es sein, bei den Kunden heraus­zufinden, ob und für welche Dienste und Ange­bote sie bereit wären, mehr Geld auszu­geben. Es gibt sicher eine Ziel­gruppe, die für "Vorfahrt im Netz" etwas mehr ausgeben möchte.

Dazu muss das Netz aber immer und überall verfügbar sein. Das bedeutet zunächst einmal Sender - Sender - Sender. Auch in Regionen, wo es sich scheinbar oder wirk­lich zunächst nicht lohnt.

Mehr zum Thema Netzausbau