Rundfunk

WDR-Intendant schließt Fusion von ARD und ZDF nicht aus

Der Inten­dant des West­deut­schen Rund­funks (WDR), Tom Buhrow, hat sich in einem Gast­bei­trag für eine große Rund­funk-Reform ausge­spro­chen. Dabei dürfe es keine Tabus geben, nicht mal eine mögliche Fusion von ARD und ZDF oder bundes­weite ARD-Radio­sender anstelle vieler regio­naler Wellen.
Von mit Material von dpa

WDR-Intendant Buhrow schließt eine Fusion von ARD und ZDF nicht aus WDR-Intendant Buhrow schließt eine Fusion von ARD und ZDF nicht aus
Fotos: ARD - Herby Sachs/teltarif.de, Montage: teltarif.de
Der Inten­dant des West­deut­schen Rund­funks (WDR), Tom Buhrow, hat sich für eine große Rund­funk-Reform für die öffent­lich-recht­lichen Sender ARD und ZDF ausge­spro­chen. "Mein fester Eindruck ist: Deutsch­land scheint uns in zehn Jahren nicht mehr in dem Umfang zu wollen – und auch finan­zieren zu wollen wie heute", sagte er in einem Gast­bei­trag für die Frank­furter Allge­meine Zeitung (FAZ), die auf einer Rede des Inten­danten vor dem Verein Übersee-Club in Hamburg basiert.

Runder Tisch: Keine Tabus, keine Denk­ver­bote

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Fotos: ARD - Herby Sachs/teltarif.de, Montage: teltarif.de
Der Inten­dant, der ausdrück­lich nicht in seiner Funk­tion als derzei­tiger ARD-Vorsit­zender, sondern für sich selbst sprach, regte Eckpunkte für die Reform an, die zum Teil radi­kale Schritte bedeuten:

  • "Erstens: Wir müssen aus dem bishe­rigen System - Staats­kanz­leien hier, Sender dort - ausbre­chen.
  • Zwei­tens: Wir brau­chen dafür einen Runden Tisch, der einen neuen Gesell­schafts­ver­trag ausar­beitet. Eine Art verfas­sungs­gebende Versamm­lung für unseren neuen, gemein­nüt­zigen Rund­funk."
  • Drit­tens dürfe es an diesem Runden Tisch "keine Tabus und keine Denk­ver­bote" geben.
Buhrow sprach auch von Verläss­lich­keit und Sicher­heit für mindes­tens eine Gene­ration.

Es brauche einen gedank­lichen Neuan­fang ohne die typi­schen Selbst­ver­tei­digungs­reflexe, hieß es von Buhrow weiter und er führte dazu mit Blick auf das ARD-Gemein­schafts­pro­gramm "Das Erste" und das Haupt­pro­gramm des "ZDF" aus: "Die erste Frage - glaube ich -, die wir uns stellen müssen, ist: Will Deutsch­land im 21. Jahr­hun­dert weiter parallel zwei bundes­weite, lineare Fern­seh­sender? Wenn nicht: Was heißt das? Soll einer ganz verschwinden und der andere bleiben? Oder sollen sie fusio­nieren, und das Beste von beiden bleibt erhalten?"

Bundes­weite ARD-Radio­sender statt viele regio­nale Wellen

In der Rede ging es auch um die zukünf­tige Ausge­stal­tung der ARD-Regio­nal­pro­gramme und die Rolle von Orches­tern, Bigbands und Chören. Zudem warb Buhrow dafür, offen über bundes­weite Radio­pro­gramme zu disku­tieren, was bislang nicht der ARD, sondern nur dem Deutsch­land­radio erlaubt ist. Daher veran­staltet aktuell jede ARD-Anstalt beispiels­weise eine eigene Kultur- oder Nach­rich­ten­welle.

Der Inten­dant des größten ARD-Senders griff zudem erneut seine bereits vor Jahren geäu­ßerte und inzwi­schen auch von anderen Medi­enver­tre­tern geäu­ßerte Idee von einer einzigen großen Media­thek im öffent­lich-recht­lichen Rund­funk spätes­tens ab dem Jahre 2030 auf. Bislang arbeiten ARD und ZDF zwar bereits vernetzter mitein­ander, haben aber weiterhin eigen­stän­dige Strea­ming-Portale - mit jewei­ligen Links zum anderen.

Weniger ARD-Anstalten

Der WDR-Chef und frühere "Tages­themen"-Mode­rator sprach auch das Thema Sender­fusionen in der ARD an und verwies mit Blick auf die Historie auf RBB oder SWR, die aus jeweils zwei Anstalten hervor­gingen. Dahinter stehe die wich­tige Frage, wie viele unab­hän­gige Rund­funk­anstalten zur föde­ralen Struktur und Viel­falt in Deutsch­land gehören sollen. "Das wird nicht Sender für Sender und Bundes­land für Bundes­land zu lösen sein – sondern nur in einem größeren Zusam­men­hang."

Buhrow sprach damit in seiner Rede Reiz­themen wie eben das von Fusionen an, die immer mal wieder auch aus der Politik zu hören sind. Die Bundes­länder sind in Deutsch­land für Medi­enpo­litik zuständig und beschreiben in Staats­ver­trägen den Auftrag und die Struktur des öffent­lich-recht­lichen Rund­funks. Es geht dabei nicht um konkrete Inhalte des Programms. Es gilt bei den jour­nalis­tischen Inhalten das Gebot der Staats­ferne, Sendern wird per Grund­gesetz Rund­funk­frei­heit zuge­sichert. Die Länder bestimmen statt­dessen zum Beispiel, wie viele Programme die Sender anbieten sollen oder wie die Struktur der Kontroll­gre­mien in den Medi­enhäu­sern aussehen soll.

Die Bundes­länder refor­mieren derzeit bereits den öffent­lich-recht­lichen Rund­funk, der durch Rund­funk­bei­träge finan­ziert wird. So könnte die Zahl der linear verbrei­teten Programme sinken.

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