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ARD/ZDF: Gemeinsame Technologie für Mediatheken

ARD und ZDF gehen einen weiteren Schritt der Zusam­men­arbeit und schließen sich bei der Entwick­lung von Tech­nologie für ihre Media­theken zusammen. Damit soll Doppel­arbeit vermieden werden. Einer gemein­samen Media­thek erteilen die Sender aber weiter eine Absage.
Von mit Material von dpa

ARD und ZDF schließen sich bei der Entwick­lung von Tech­nologie für ihre Media­theken zusammen. Sie wollen damit Doppel­arbeit vermeiden und pass­genauere Ange­bote für die Nutzer schaffen. Das kündigten der Inten­dant des Zweiten Deut­schen Fern­sehens (ZDF), Norbert Himmler, und der ARD-Vorsit­zende Kai Gniffke in einem gemein­samen Inter­view der Deut­schen Presse-Agentur (dpa) an.

Im ersten Quartal 2025 soll es losgehen. Die beiden Media­theken bleiben zugleich weiterhin eigen­stän­dige Ange­bote. Damit erteilen die Öffent­lich-Recht­lichen einer gemein­samen Media­thek erneut eine Absage.

Soft­ware soll auch Dritt­anbie­tern zugäng­lich werden

ARD und ZDF wollen Mediatheken technisch vernetzen ARD und ZDF wollen Mediatheken technisch vernetzen
Screenshot: Michael Fuhr/teltarif.de
Hinter der geplanten Zusam­men­arbeit steckt dennoch mehr: Die öffent­lich-recht­lichen Medi­enhäuser wollen die Soft­ware auch anderen Insti­tutionen oder Medi­enun­ter­nehmen zugäng­lich machen. Der Fach­begriff lautet Open Source - damit ist Soft­ware gemeint, bei denen der Urhe­ber­rechts­inhaber gegen Lizenz auch anderen Nutzern das Recht einräumt, dessen offene Quell­codes zu nutzen. Und: Weiter in die Ferne geblickt könnten sich die Öffent­lich-Recht­lichen sogar eine größere gemein­wohl­ori­entierte Platt­form unter­schied­licher Akteure vorstellen.

Inten­dant Himmler sagte: "Wir starten eine der größten Open-Source-Initia­tiven Deutsch­lands." Man stelle die Tech­nologie der wich­tigen Bausteine der Media­theken öffent­lich zur Verfü­gung. "Wir geben der Gesell­schaft damit etwas zurück, wofür sie uns auch bezahlt hat", ergänzte der ZDF-Chef.

ARD und ZDF haben Media­theken mit jewei­ligem Marken­namen und Angebot, was auch weiterhin so bleiben soll. Die Häuser haben sich in den vergan­genen Jahren zugleich vernetzt: In der ARD-Media­thek finden Nutzer auch ZDF-Sendungen und umge­kehrt. Nun folgt eine gemein­same tech­nolo­gische Basis. Zur Kosten­frage hieß es, man wolle dies aus dem Bestand stemmen - durch Umschich­tungen.

ARD-Chef Gniffke, der auch Inten­dant des Südwest­rund­funks (SWR) ist, sagte: "Nicht jeder wird weiter vor sich hinar­beiten mit jeweils eigenem Player und eigener Empfeh­lungs­logik. Wir teilen uns die Arbeit." ZDF-Inten­dant Himmler führte aus: "Jeder ist zuständig für vorab defi­nierte Kompo­nenten der Media­thek, die dann wech­sel­seitig ausge­tauscht und jeweils im anderen System einge­baut werden."

Sitz des Koor­dina­tions­büros wird Mainz

Sitz sowohl für ein gemein­sames Koor­dina­tions­büro zur stra­tegi­schen inhalt­lichen Steue­rung (Feder­füh­rung ZDF), als auch für eine gemein­same neue Toch­ter­firma etwa für Einkauf und Betrieb (Feder­füh­rung ARD) soll Mainz sein. Das ZDF hat in der rhein­land-pfäl­zischen Landes­haupt­stadt ohnehin seinen Haupt­sitz. Der SWR, dessen Sende­gebiet sich über Rhein­land-Pfalz und Baden-Würt­tem­berg erstreckt, hat eben­falls dort einen großen Standort.

Gniffke sagte, man werde jetzt erst einmal diese Zusam­men­arbeit zwischen ARD und ZDF stärken. "Aber wenn sich andere Insti­tutionen - das können Kultur­ein­rich­tungen sein und auch andere Medi­enhäuser, die mit uns im Wett­bewerb stehen an der Soft­ware bedienen, dann kann man sich das auch als den Nukleus für eine große deutsch­spra­chige Platt­form vorstellen. Eine gemein­wohl­ori­entierte Platt­form - die nach bestimmten Regeln funk­tio­niert, die jeder auch einsehen kann, und die für Viel­falt sorgt, eben nicht pola­risiert."

Himmler ergänzte: "Der erste Schritt wäre der innere Zirkel. Wir laden die deutsch­spra­chigen Öffent­lich-Recht­lichen ein, daran teil­zuhaben." Es gebe schon erste Inter­essens­bekun­dungen euro­päi­scher Anstalten. "Und wenn das über­zeu­gend ist, da bin ich mir sicher, dann kommen auch andere gemein­nüt­zige Player mit ins Boot und arbeiten daran mit."

Zukunftsrat forderte tech­nische Zusam­men­arbeit

ARD und ZDF stehen im Strea­ming-Bereich in Konkur­renz mit Anbie­tern wie Netflix, Apple und Disney bis hin zu den deut­schen Privat-Sender­gruppen RTL Deutsch­land und ProSiebenSat.1. Es ist ein Wett­kampf um Aufmerk­sam­keit - dahinter stehen immer ausge­feil­tere Systeme zu indi­vidu­ellen Serien- und Film-Empfeh­lungen für den jewei­ligen Nutzer, aufbauend auf dessen Sehge­wohn­heiten. Auch die Ästhetik der Platt­formen spielt eine Rolle.

Medi­enpo­litiker der Bundes­länder hatten in der Vergan­gen­heit bereits mehr tech­nolo­gische Zusam­men­arbeit von ARD und ZDF gefor­dert. Auch unab­hän­gige Experten ("Zukunftsrat") hatten im Auftrag der Länder Ideen erar­beitet. Dabei hatten sie eine einheit­liche tech­nische Infra­struktur für alle digi­talen Platt­formen von ARD, ZDF und Deutsch­land­radio ange­regt, wobei die Häuser inhalt­lich auch weiterhin autonom bleiben sollen.

Im dpa-Inter­view sagte Himmler auf die Frage, warum der tech­nolo­gische Zusam­men­schluss von ARD und ZDF erst jetzt komme: "Es gibt auch noch eine Anfor­derung an die Politik: Die Zusam­men­arbeit zwischen ARD und ZDF muss recht­lich zulässig sein. Wir müssen zusam­men­arbeiten dürfen und das ist nicht an allen Stellen zurzeit gegeben."

Verknüp­fung mit Audio­thek wird geprüft

Auf Nach­frage zum Thema Audio sagte Gniffke: "Wir denken jetzt schon die tech­nolo­gische Basis von Media­thek und Audio­thek zusammen." Details müssten aber noch geklärt werden.

Die Ankün­digung des Schul­ter­schlusses von ARD und ZDF fällt in eine Zeit, in der eine Debatte um die Höhe des Rund­funk­bei­trags läuft. Der Betrag liegt monat­lich bei 18,36 Euro und sollte aus Sicht von unab­hän­gigen Finanz­experten ab dem 1. Januar 2025 auf 18,94 Euro steigen. Bürger, Firmen und Insti­tutionen zahlen den Beitrag, um ARD, ZDF und Deutsch­land­radio zu finan­zieren.

Die Gesamt­erträge lagen im Jahr 2022 bei rund 8,57 Milli­arden Euro. Einige Bundes­länder haben bereits klar­gemacht, dass sie das Plus nicht mittragen werden - für eine Erhö­hung müssten alle Bundes­länder geschlossen zustimmen. Es ist offen, ob der Fall wieder vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht landen wird.

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