Telekom schafft sich mit T-Mobile US zweites Standbein
Im Rahmen der Jahresbilanz 2021 gingen Telekom-Chef Tim Höttges und sein Finanzvorstand Christian Illek ausführlich auf den US-Markt ein.
Höttges dankte seinem Team und allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei der Deutschen Telekom. Es mache ihn stolz, wie stolz die Mitarbeiter auf ihr Unternehmen sind. Höttges freut sich auf die nächsten fünf Jahre und will "wachsam und auf dem Boden bleiben".
US-Zahlen ohne Kursrisiko noch besser
Mit T-Mobile USA hat sich die Deutsche Telekom ein zweites Standbein geschaffen.
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Zunächst erläuterte Finanzchef Christian Illek nochmals die bereits gemeldeten guten Zahlen, die noch besser gewesen wären, wenn der US-Dollar nicht um 4 Cent nachgegeben hätte, was das Ebitda AL (Gewinne vor Steuern und Abschreibungen, nach Leasing) um 900 Millionen belastet hatte.
Der Kauf von US-Sprint und die Integration in T-Mobile US wurde 2021 über alle vier Quartale konsolidiert, in 2020 waren nur drei Quartale betroffen. T-Mobile USA hatte auch das Mobilfunknetz des auf ländliche Versorgung spezialisierten Netzbetreibers Shentel (ursprünglich Shenandoah Telecom) gekauft und inzwischen komplett konsolidiert.
Die Service-Umsätze (Service-Revenues) sind nachhaltig um 3,5 Prozent gestiegen, genauer um 2 Prozent außerhalb USA, und um plus 4,6 Prozent in den USA.
USA: Handy-Ratenkauf statt Handy-Leasing
Das Wachstum in den USA ist aber nur um 0,1 Prozent gestiegen, weil T-Mobile US sich aus dem Handy-Leasing-Geschäft verabschieden möchte. Wer in den USA bei T-Mobile bisher einen Vertrag abschloss, bekam sein Handy auf Leasing-Basis (eine Art Miete) dazu. Dadurch stand immer der komplette Handywert in den Büchern. T-Mobile USA ist gerade dabei, das Verfahren auf Ratenzahlung umzustellen, d. h. der Kunde schließt einen Ratenkreditvertrag ab und danach gehört das Handy dem Kunden.
Bis das alles umgestellt ist, ist das Ebitda um etwa 1,1 Milliarden belastet. Die Finanz-Spezialisten bei T-Mobile US haben für diese Übergangszeit das "Core Ebitda" als operative Kennzahl kreiert, die das "bereinigte Ebitda minus Handset Leasing Effect" berücksichtigt. So gerechnet, könne die USA einen Zuwachs von 10,1 Prozent verzeichnen.
Schulden um 11,1 Milliarden gestiegen
Aktuell haben sich die "zinstragenden Verbindlichkeiten um 11,1 Milliarden erhöht, welche "zu 100 Prozent aus den USA" stammen. In den USA hatte man alleine 8,3 Milliarden Euro für Frequenzen ausgegeben, die im Gegensatz zu Europa auf Dauer "gekauft" werden. Einen weitere Posten stellt der bereits erwähnte Erwerb von "Shentel" dar.
Von allem entkoppelt?
Mit Humor stellte Höttges sein operatives Geschäft vor, "holen Sie sich eine frische Tasse Kaffee", um dann aus dem vollen zu schöpfen: Die Deutsche Telekom habe sich von allen Wettbewerbern entkoppelt. Die Telekom sei in der Champions-League der TK-Unternehmen in der Welt angekommen. Höttges verwies auf den Markenwert des "T" und seines Unternehmens, das mit 60,2 Mrd. US-Dollar nach Mercedes-Benz die "zweitwertvollste Marke in Deutschland und der Welt" sei, man habe in den Top 20 einen "Riesensprung nach vorne" gemacht. Telekom sei wertvoller als Disney oder AT&T.
Internationale Partner
Die Stärke der Telekom liege in der Konnektivität, die Partnerschaft mit Technologie-Unternehmen wie dem japanischen Technologie-Investor Softbank. Durch Aktientausch im Zuge der Sprint-T-Mobile-USA-Fusion gelangte Softbank in den Besitz von 220 Millionen Telekom-Aktien (entspricht 4,5 Prozent aller ausgegeben Aktien), die Softbank im Vertrauen auf die Zukunft für 20 Euro das Stück gekauft habe. Der aktuelle Tageskurs lag um 14.16 Uhr bei 15,44 Euro
Eine "Partnerschaft auf Augenhöhe" sei die Telekom mit Alphabet (dem Mutterkonzern von Google) eingegangen, hier werde es einen neuen Messaging-Dienst für Business-Kunden geben. Die Partnerschaft habe ein Volumen von etwa 4 Milliarden Euro. Gemeinsam mit Google wolle man eine "souveräne Cloud in Deutschland für Geschäftskunden" einführen, Magenta-TV-One solle neue Payment-Funktionen bekommen.
Im Rahmen der strategischen Allianz mit Softbank unter dem Titel "Magenta Advantage" seien die ersten Früchte sichtbar. Der Finanzdienstleister Revolut, das Nachhilfeportal GoStudent und der E-Scooter-Verleih Tier.
Das Netz von T-Mobile US sei besser als das AT&T, Verizon oder Dish. T-Mobile könne 5G auf 2,5 GHz anbieten. Die 5G-Abdeckung durch T-Mobile in den USA habe sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, "mit 600 MHz erreicht T-Mobile-USA 94 Prozent aller Amerikaner" (sofern diese ein 5G-fähiges Handy mit aktivierter T-Mobile-US-SIM-Karte besitzen und betreiben). Und diesen Erfolg wolle er fortschreiben.
Höttges freut sich über 300 Millionen Kunden weltweit
In den USA arbeiteten die Mitarbeiter zweier früher konkurrierender Unternehmen daran, die neue Nummer 1 auf dem US-Markt zu werden. Man sei "zwischen AT&T und Verizon" positioniert.
Letztes Jahr konnten 5,5 Millionen neue Vertragskunden in den USA gewonnen werden.
T-Systems wird besser
Das Systemgeschäft beim Sorgenkind T-Systems ist um 19 Prozent bei der Public Cloud und 14 Prozent bei den digitalen Systemen gewachsen. Stolz ist man auf einen Auftrag der Weltgesundheitsorganisation: T-System wird jetzt ein System für den internationalen Impfpass, inklusive der Software für den Nachweis digitaler Zertifikate entwickeln.
Aus dem unrentablen Bereich "Wartung von Desktop-PCs" hatte sich T-Systems verabschiedet, die erwähnten Wachstumsbereiche machen 60 Prozent des Umsatzes und haben sich gegenüber 2019 um 10 Prozent gesteigert. Der Umbau von T-Systems könne nicht in einer Nacht gelingen.
Weiter Rätselraten um Funktürme
Die Telekom verfügt inzwischen über 40.600 Standorte für Funktürme, es kamen 6300 neue Standorte dazu. Allein im Jahre 2021 wurden 1400 neue Standorte gebaut, was siebenmal so viel wie beim nächstgrößten Wettbewerber sei. "Wir waren mit unserer Tower-Gesellschaft sehr erfolgreich". Nach wie vor mag die Telekom nicht über einzelne Deals reden; noch immer wird überlegt, wer der richtige Partner sein könnte. Sicher ist allein, dass die Telekom eine Partnerschaft sucht; das Ziel soll im 1. Halbjahr erreicht werden, aber eine Garantie gebe er nicht, denn "wir erwarten eine Premiumbewertung".
In einem weiteren Artikel gehen wir auf den deutschen Markt ein.