o2 legt Quartalszahlen vor: 50,1 Millionen Kunden
o2 legt Quartalszahlen vor, die besten seit der Fusion mit E-Plus
Logos/Grafik: Telefonica, Foto/Montage: teltarif.de
Kein Thema ist so stark mit Emotionen aufgeladen wie Telefónica, besser bekannt unter dem Markennamen o2. Fast jeder Leser kann über seine rein persönlichen Erlebnisse mit dem Unternehmen berichten, "schimpft" gerne über Netzüberlast, Funklöcher oder den "schwierigen Service". Dennoch bleiben die allermeisten Kunden aufgrund der oft (gefühlt oder tatsächlich) günstigeren Preise bei genau diesem Netzbetreiber oder einem seiner Unter-Anbieter (Service-Provider) im o2-Netz.
Telefónica legt Quartalszahlen vor
o2 legt Quartalszahlen vor, die besten seit der Fusion mit E-Plus
Logos/Grafik: Telefonica, Foto/Montage: teltarif.de
Heute hat Telefónica seine Quartalszahlen vorgelegt, und deren Signale stehen auf "Wachstum".
Netto mehr Neukunden
Die vermutete Wanderungsbewegung der Kunden, die mit der o2-Netz- oder Servicequalität unzufrieden sind, findet schon statt, ist aber unterm Strich weitaus geringer, als man es nach dem Studium von teilweise erschütternden Erlebnissen in Kundenforen im Netz vermuten würde.
Allein bis Ende September hat das Unternehmen netto (nach Abzug der Anzahl der Kündiger von der Zahl aller "Neu"-Kunden) fast eine Million Mobilfunkvertragsanschlüsse hinzugewonnen. Betrachtet werden dabei Mobilfunk und Festnetz, denn gleichzeitig konnte der Netzbetreiber in diesem Jahr die Zahl der Breitband-Festnetzanschlüsse um 114 000 erhöhen, was den Mitte vergangenen Jahres begonnenen Aufwärtstrend fortsetzt.
Beim Umsatz ist Mobilfunk am stärksten: Der Mobilfunkserviceumsatz wies die größte Steigerung seit der Fusion mit E-Plus im Jahre 2014 auf. Die Fusion war - wer würde das bestreiten - für Unternehmen und Kunden ein Parforce-Ritt, doch das Allergröbste scheint wohl überstanden zu sein. Um das Netz weiter zu verbessern und daraus weiteres Wachstum zu generieren, hat Telefónica Deutschland seit Jahresbeginn das Investitionsniveau weiter erhöht, teilt das Unternehmen heute mit.
OIBDA oder EBITDA - was sagen die Zahlen?
Telefónica fühlt sich in seiner Prognose für das gesamte Jahr (wovon bilanzrechnungstechnisch noch drei Monate fehlen) bestätigt. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (OIBDA) stieg - bereinigt um Sonder- und Regulierungseffekte - in den ersten drei Quartalen um 25 Prozent. Für den Anstieg war wie im bisherigen Jahresverlauf die Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS 16 (Internationaler Rechnungslegungsstandard, worin auch Leasing-Verträge enthalten sein müssen) verantwortlich. Würde man die alten IAS-17-Regeln weiter verwenden, wären es "nur" plus 0,8 Prozent gewesen.
Die Abkürzung OIBDA steht für "Operating Income Before Depreciation and Amortization". Das OIBDA bezieht sich auf das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit plus Abschreibungen. Zinsen und Steuern werden nicht berücksichtigt. Damit ist das OIBDA dem weitaus bekannteren EBITDA (earnings before interest, taxes, depreciation and amortization = Gewinne vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibung auf immaterielle Werte) ähnlich, aber eben doch nicht ganz. Das EBITDA bezieht sich auf das Endergebnis (Gewinn oder Verlust), auf das Zinsen, Steuern und Abschreibungen quasi rückwirkend dazu addiert werden.
Sowohl EBITDA als auch OIBDA gehen von einer idealen Finanzwelt aus, auf der Homepage der ARD-Börse [Link entfernt] wird das sehr gut erklärt.
Stark wie nie zuvor
Bei Telefónica ist derweilen Feiern angesagt: „Fünf Jahre nach der Fusion mit E-Plus stehen wir sowohl im Mobilfunk als auch im Festnetz so stark da wie nie zuvor“, freut sich Markus Haas, der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens. „Bei den Kundenanschlüssen sehen wir starken Zulauf und die Umsätze entwickeln sich von Quartal zu Quartal besser. Darauf wollen wir aufbauen und investieren weiter kräftig in unser Netz und unsere Produkte, was für unsere Kunden in den kommenden Monaten spürbar wird.“ Und dann zählt er seine "Pluspunkte" auf:
Der Umsatz stieg in den ersten drei Quartalen diesen Jahres um 1,4 Prozent auf 5,43 Milliarden Euro, das sei das stärkste Wachstum beim Mobilfunkserviceumsatz seit der Fusion mit E-Plus.
Die Zahl der Kundenanschlüsse insgesamt (Festnetz und Mobilfunk) durchbrach im dritten Quartal (Ende September) die Schallmauer und erreichte 50,1 Millionen. In dieser Zahl sind alle jemals aktivierten Mobilfunkanschlüsse verzeichnet, die in den letzten sechs Monaten mindestens einmal aktiv waren.
45,7 Millionen dieser "aktiven" Anschlüsse entfielen auf das Mobilfunksegment, wo Telefónica Deutschland bundesweit gesehen mehr Menschen bediene als irgendein anderer Anbieter.
Telefónica hat netto 999 000 Mobilfunkvertragskundenanschlüsse seit Jahresbeginn hinzugewonnen; allein 392 000 Neukunden kamen im dritten Quartal (Juli bis September 2019) frisch dazu, das können Original-Kunden von o2 oder Service-Providerkunden von mobilcom-debitel/Klarmobil/freenet Mobile oder 1&1-Drillisch sein.
Mobiler Datenverbrauch explodiert
Der mobile Datenverbrauch stieß in neue Dimensionen vor. Von Januar bis September betrug das Wachstum 52 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Würde man das Ergebnis des dritten Quartals aufs gesamte Jahr hochrechnen, läge die gesamte mobile Datennutzung im o2-Netz jenseits von einem Exabyte (= 1 Milliarde Gigabyte).
Anschaulicher: Sobald o2 irgendwo sein Netz hochgerüstet hat, fallen kurz darauf völlig ausgehungerte Kunden wie Heuschrecken ins verbesserte Netz ein und steigern ihren Datenverbrauch in eigentlich kaum vorstellbare Höhen. Die Folge: Es muss sofort nachgerüstet werden, ein Problem, das alle Netzbetreiber kennen.
Theoretisch beste Breitbandabdeckung
Im Festnetz stieg speziell auf Grund des Wachstums bei schnellen VDSL-Anschlüssen die Zahl der Breitbandanschlüsse (die von o2 vermarktet werden) seit Ende Dezember um 114 000 auf 2,2 Millionen.
Durch Kooperationen mit der Deutschen Telekom, Vodafone und nun auch Tele Columbus verfügt Telefónica "perspektivisch" über die - rein theoretisch gesehen - "beste Festnetz-Breitbandabdeckung in Deutschland". Kein anderer Anbieter habe hierzulande so umfassenden Zugang zu einer Kombination aus Kabel- und VDSL-Infrastruktur, schreibt Telefónica. Das ist aber reine Statistik, denn Telefónica baut nirgendwo eine Region selbständig mit Breitband-Festnetz aus, wo es aktuell vielleicht noch gar kein vernünftiges Breitband gibt, sondern kann nur diese Netze dort nutzen, die andere bereits auf- oder ausgebaut haben und wo fremde Anbieter "hineingelassen" werden. Telefónica hat vor einiger Zeit alle Aktivitäten im "eigenen" Festnetz eingestellt.
Kerngeschäft so robust wie noch nie seit der Fusion
Das Kerngeschäft, so die Nachricht aus München und Düsseldorf sei "so robust wie noch nie seit der Fusion mit E-Plus", im abgelaufenen Quartal habe Telefónica Deutschland mit 1,9 Prozent Wachstum eine besonders starke Entwicklung gezeigt.
Wesentlicher Grund sei der Umsatz mit Mobilfunkdienstleistungen gewesen, der um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gewachsen sei. "Bereinigt um nach wie vor erhebliche Regulierungseffekte" fiele das Wachstum jeweils noch stärker aus. Das bedeutet im Klartext: Hätte der Staat oder die EU gar nichts reguliert (z.B. die Verpflichtung zum Netzausbau in Deutschland oder die EU-weiten Roaming-Tarife) wäre das Ergebnis für die Investoren (Aktieninhaber) noch besser gewesen.
Telefónica verkauft mehr Endgeräte
Es ist kein Geheimnis, dass Endgeräte gerne beim eigenen Mobilfunkanbieter gekauft werden, da in letzte Zeit Kombiangebote (Handy plus Vertrag) wieder günstiger sein können, als Einzelkomponenten separat zu kaufen. Somit stieg der Umsatz mit Endgeräten bei Telefónica-o2 im bisherigen Jahresverlauf um 10 Prozent auf 914 Millionen Euro.
Im Festnetz blieben die Umsätze im dritten Quartal im Vergleich zu den vorangegangenen drei Monaten mit 185 Millionen Euro in etwa stabil. Was auch nicht verwundert, denn das Routerangebot der Netzbetreiber ist lange nicht so umfangreich wie das Handyangebot. Einmal gekaufte Router werden oft solange betrieben, bis sie "auseinanderfallen" oder der technische Fortschritt einen neuen (oft gemieteten) Router notwendig macht.
Kräftige Investitionen geplant
Nach den guten Zahlen der ersten Jahreshälfte hat Telefónica weiter in neue Produkte, Tarife und "effektivere Prozesse" investiert, um das gewünschte Wachstum weiter anzukurbeln.
"Ausbauoffensive" geht weiter
Rein statistisch, werde derzeit im o2-Netz alle 50 Minuten eine neue Station in Betrieb genommen oder aufgerüstet. Tatsächlich sieht es natürlich anders aus. Je nachdem, wo man wohnt, sich bewegt oder arbeitet tut sich immer noch nichts, weil der Nachholbedarf beim flächendeckenden Netzausbau einfach gigantisch ist und nicht zum Nulltarif zu haben ist.
Trotzdem: Fakt ist, es wird auch bei o2 fleißig gebaut. Noch nie habe Telefónica im jetzigen Tempo so viele neue LTE-Sender aufgebaut. Dieses Jahr seien durch über 7000 frisch aufgerüstete Stationen bereits mehr als 3 Millionen Menschen zusätzlich mit LTE versorgt worden.
Die Investitionskosten (CapEx) (in den Netzausbau) stiegen in den ersten neun Monaten des Jahres um 5,7 Prozent auf 782 Millionen Euro.
Telefónica möchte im Rahmen eines für den 11. Dezember geplanten Strategieupdates in London Details zu den Netzinvestitionen für die kommenden Jahre bekanntgeben.
Eine Einschätzung
Die Performance von Telefónica bleibt weiterhin ein Gesprächsthema. Das Unternehmen baut fleißig aus. Zum einen, weil sie vom Regulierer dazu verdonnert wurden, zum andern, weil sie ihre Kunden nicht verlieren, sondern möglichst viele neue Kunden dazugewinnen wollen. Es hängt vom jeweiligen Aufenthaltsort des Betrachters ab, wie "gut" das o2-Netz wahrgenommen wird. Setzt man die Ausgaben für den Netzausbau (782 Millionen) in Relation zur gezahlten Aktien-Dividende (alleine an die Mutter Telefónica Spanien 556 Millionen, dazu kommen noch die freien Aktionäre) kommt man auf ein Verhältnis von 1,4. Zum Vergleich: Die Deutsche Telekom investiert etwa 5 Milliarden Euro in ihr deutsches Netz und zahlt ihren Aktionären eine Dividende von etwa 3,2_Milliarden Euro. Ergibt einen Faktor von 1,57. Irgendwie verblüffend.
Der entscheidende Markttreiber bleibt aber weiterhin der Preis. Viele Kunden wollen (oder können) nicht höhere Preise bezahlen oder sie messen der Netzqualität einfach nicht die Bedeutung bei ("Hauptsache meine Messenger-Nachrichten kommen irgendwann mal an").
Bei rund 80 Millionen Bundesbürgern und alleine etwa 50 Millionen Mobilfunkverträgen von Telefónica/o2 ist naheliegend, dass ein großer Teil der Kunden in Deutschland längst Karten in zwei oder drei Netzen besitzt und nutzt und sich so das "beste als allen Welten" herauspickt.