T-Mobile überholt AT&T
Die neue T-Mobile USA hat es geschafft, die altehrwürdige "Ma Bell", besser bekannt als AT&T auf Platz 3 zu verweisen.
Foto: T-Mobile USA
Kürzlich hatten Telekom Chef Tim Höttges gemeinsam mit seinem amerikanischen Kollegen Mike Sievert (CEO von T-Mobile USA) angekündigt, in den USA die Marktführerschaft anzustreben. Mancher Leser wird dabei sicher leicht den Kopf geschüttelt haben. Doch jetzt stellte T-Mobile US seine Quartalszahlen (Q2-2020) vor und hat das "Riesen-Fossil des US-Marktes" AT&T (American Telephone & Telegraph) überholt und liegt auf Platz 2. Den ersten Platz hält nach wie vor der Netzbetreiber und Anbieter Verizon.
1,2 Millionen Neukunden
Die neue T-Mobile USA hat es geschafft, die altehrwürdige "Ma Bell", besser bekannt als AT&T auf Platz 3 zu verweisen.
Foto: T-Mobile USA
T-Mobile US meldet 1.245.000 Nettoneukunden, die meisten in der Branche, davon 1.112.000 Neukunden mit Postpaid-Verträgen. 253.000 Postpaid-Kunden haben sich dabei ein neues Handy geben lassen, die Quote der Kündiger ("Churn") liege bei traumhaften 0,80 Prozent, berichtet das Unternehmen, während es bei Prepaid 2,81 Prozent waren. 133.000 Prepaid-Kunden kamen neu dazu. Zählt man das alles zusammen, dann hat T-Mobile US insgesamt 98,3 Millionen Kunden zum Ende des zweiten Quartals 2020.
Beim Gesamtumsatz meldet der Netzbetreiber 17,7 Milliarden US-Dollar (15 Milliarden Euro) und einen Service-Umsatz von 11.2 Milliarden Euro und einen Konzerngewinn von 93 Millionen Euro und einem bereinigten Ergebnis je Aktie ("EPS") von knapp 8 EuroCent.
Das bereinigte EBITDA (Gewinn vor Steuern und Abschreibungen) betrug knapp 6 Milliarden Euro, in der Kasse lagen 660 Millionen Euro aus betrieblicher Tätigkeit. Der Free Cash Flow (ohne Zahlungen für Zinsen zur Fusionsfinanzierung) lag bei 1,2 Milliarden Euro. Zahlen, die den Managern in Bonn sicher gefallen dürften.
T-Mobile baut 5G "landesweit" aus
T-Mobile USA ist intensiv dabei, sein "landesweites" 5G-Netzwerk aufzubauen. Während die Konkurrenten ihre 5G-Netze eher vereinzelt bei 3,6 GHz oder 26 GHz gestartet haben, fährt T-Mobile eine andere Strategie und rollt landesweit 5G auf "niedrigen" Frequenzen (ab 600 MHz) aus. Dieses 5G-Netz ist zwar dann nicht unbedingt aufregend schneller als LTE (4G) auf gleichen Frequenzen, aber die verbaute Vermittlungs- und Netztechnik kann später auch mit höheren Frequenzen ergänzt werden, wo es sinnvoll und erforderlich ist. Schließlich werden nach Angaben des "Un-Carriers" schon 250 Millionen Menschen auf 3,4 Millionen Quadratkilometer Fläche mit T-Mobile versorgt, was "mehr als doppelt so viel wie die geografische Abdeckung von AT&T" und "exponentiell mehr als Verizon" sei.
Kundenumlagerung aus dem alten Sprint-Netz zu T-Mobile
Mehr als 10 Prozent des Sprint-Postpaid-Kunden-Netzverkehrs wurden bereits in das T-Mobile-Netzwerk verlagert. Die Stilllegung der bisherigen technisch stark veralteten Sprint Standorte habe begonnen. Bisherige Sprint-Kunden brauchen teilweise ein neues Handy, weil Sprint mit CDMA gefunkt hatte, was vom T-Mobile Netz nicht unterstützt wird.
Im ersten Quartal seit dem Abschluss der Sprint-Fusion und in einem beispiellosen sozialen und wirtschaftlichen Klima habe sich die neue T-Mobile als "unangefochtener Wachstumsführer im Bereich Mobilfunk" positioniert.
Seit dem Abschluss der Fusion mit Sprint (die formal am 1. April 2020 erfolgte) treibt T-Mobile die Integration stark voran und sieht sich nach wie vor sehr zuversichtlich, das Erschließen von Synergien, das "weltweit beste 5G-Netz aufzubauen". Alle Mitarbeiter würden bereits unter einer Marke arbeiten. Tausende von älteren Sprint-Stores seien in Magenta umgewandelt worden und mit den notwendigen Computersystemen versorgt worden, um alle neuen und alten T-Mobile-Kunden bedienen zu können.
Fusion erfolgt - Neue Kampfpreise
Man könnte meinen, dass sich T-Mobile nun zurücklehnt und die Preise steigen lässt. Im Gegenteil. Mit Kampfpreisen von 25 Dollar (21 Euro) pro Monat (plus lokale Steuern), und SIM-Karte bietet T-Mobile eine Datenflatrate, wenn der Kunde vier SIM-Karten ("vier Leitungen") in einem Kombi-Vertrag für 100 Dollar (84 Euro) bucht. Der Zugang "zum größten 5G-Netzwerk des Landes" ist inklusive. Das sind Preise, die auch in Deutschland aufhorchen lassen. Bislang galt der US-Markt als relativ teuer und ertragsstark. Kein Wunder, dass preissensible und kostenbewusste Kunden von den großen Anbietern zu T-Mobile gewechselt sind.
Zur Nummer 2 vor AT&T aufzusteigen, sei "ein großer Meilenstein zum Auftakt des zweiten Quartals, aber erst der Anfang" gewesen, freut sich der neue Chef Mike Sievert und gibt den Ton an: "Jetzt peilen wir die Nummer 1 an. "Wir werden unseren Kunden das fortschrittlichste 5G-Netzwerk und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten und gleichzeitig weiterhin große Schritte zu unternehmen, die die Probleme der Kunden beheben und diese Branche zu stören."
Der Wirtschaftswissenschaftler Mike Sievert ist seit 2012 im Unternehmen und war an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt. Er ist Nachfolger des charismatischen CEO John Legere, der im Augenblick eine Auszeit genommen hat und sein Golf-Handicap verbessert. Sievert war immer der Vordenker und Stratege hinter den Kulissen gewesen und muss nun auch als "Gesicht" von T-Mobile, der sich selbst als "Un-Carrier" sieht, vermarkten. T-Mobile hat in den USA weiter die Marken T-Mobile, Metro by T-Mobile und Sprint im Programm.