Fernsehen

US-Medienkonzerne meiden deutsches TV

Die deut­sche TV-Branche wird fast durch­gehend von euro­päi­schen Medi­enkon­zernen domi­niert. Ledig­lich Para­mount und Warner Bros. Disco­very halten derzeit rele­vante Betei­ligungen an Free-TV-Sendern. Was sind die Ursa­chen?
Von Björn König

US-Investor Haim Saban hatte genug von der deutschen TV-Branche US-Investor Haim Saban hatte genug von der deutschen TV-Branche
Foto: AFP
Im Jahr 1999 erwarb US-Medi­enmogul Rupert Murdoch den dama­ligen "Frau­ensender" tm3 und baute ihn zum "Cham­pions League Sender" um. Nur zwei Jahre später stieg sein Konzern News Corp wieder bei tm3 aus. 29. September 2005: An diesem Tag ging der Free TV-Sender "Das Vierte" auf Sendung. Eigen­tümer war damals das US-Medi­enun­ter­nehmen NBC Universal.

Gerade einmal drei Jahre später war das Inter­mezzo der Ameri­kaner beendet und der Sender wurde an "Mini Movie Inter­national" des russi­schen Medi­enun­ter­neh­mers Dimitri Lesnewski veräu­ßert, welcher den Sender mangels Erfolg schließ­lich an Disney durch­reichte. Und damit ist die Liste geschei­terter US-Medi­enun­ter­nehmen auf dem deut­schen TV-Markt nicht beendet.

"Genervt von Deutsch­land"

US-Investor Haim Saban hatte genug von der deutschen TV-Branche US-Investor Haim Saban hatte genug von der deutschen TV-Branche
Foto: AFP
Zum erlauchten Kreis geschei­terter Medi­enun­ter­nehmer von der anderen Seite des Atlan­tiks gehörte auch der ehema­lige ProSiebenSat.1-Groß­investor Haim Saban, welcher schon im Jahr 2005 keinen Hehl aus seiner Abnei­gung für die deut­sche Fern­seh­branche machte. Der ehema­lige Mitge­sell­schafter sei genervt vom Standort Deutsch­land, wo alles nur langsam voran­gehe und das System wegen der öffent­lich-recht­lichen Konkur­renz starr sei, hieß es seiner­zeit in seinem persön­lichen Umfeld.

"Er will weg aus Deutsch­land". Verübeln kann man es ihm sicher­lich nicht, denn an den Vorwürfen ist durchaus etwas dran. Wer als auslän­discher Investor einen TV-Sender in Deutsch­land starten will, braucht ein dickes Fell. Allein schon, wenn es um die zu erwar­tenden Ausein­ander­set­zungen mit den Landes­medi­enan­stalten geht. Im Gegen­satz zu anderen euro­päi­schen Ländern ist Medi­enpo­litik hier­zulande Länder­sache.

Wenig Anreiz für Wett­bewerb

Nun sind es nicht nur Politik und Medi­enhüter, die privaten Konkur­renten aus dem Ausland das Leben schwer machen. Vor allem die schiere Zahl öffent­lich-recht­licher Sender domi­niert den Markt und erlaubt jegli­chem Wett­bewerb nur wenig Spiel­raum. Das ließen die Sender schon in den 1980er-Jahren RTL plus, Pro7 und Sat.1 spüren. Schon damals war Konkur­renz uner­wünscht. Schließ­lich machte auch der in Deutsch­land stark regu­lierte Werbe­markt ein Enga­gement für Inves­toren nicht leichter.

Es gibt aber auch Ausnahmen. Warner Bros. Disco­very und Para­mount halten sich seit Jahren mit einer durchaus beacht­lichen Zahl von Free TV-Sendern auf dem deut­schen Markt. Der feine Unter­schied: Beide Medi­engruppen haben recht früh spezi­fische Eigen­heiten des deut­schen Marktes verstanden und sich an die Situa­tion ange­passt. Sie füllten Lücken, die von anderen Sender­gruppen wenig bis über­haupt nicht bedient wurden.

So setzte Para­mount bzw. damals noch Viacom mit der welt­weit bekannten Marke MTV unter anderem auf Musik­fern­sehen. Es folgten mit Nickel­odeon und Comedy Central weitere Kanäle für indi­vidu­elle Ziel­gruppen. Disco­very zeigte Stärken bei Real Life-Formaten und Doku­men­tationen, später kamen Sport und erst zuletzt mit Tele5 auch fiktio­nales Enter­tain­ment hinzu. Eine Stra­tegie, die sich offen­kundig auszahlte.

Zug ist abge­fahren

Hätte es vor allem in den 1980ern und 90ern eine andere Medi­enpo­litik in Deutsch­land gegeben, wäre der heutige TV-Markt deut­lich viel­fäl­tiger. Vermut­lich gäbe es die drei großen Blöcke öffent­lich-recht­lich, ProSiebenSat.1 und RTL in dieser Form nicht. Wahr­schein­lich wäre der Markt klein­tei­liger und es gäbe deut­lich mehr auslän­dische Mitbe­werber und damit auch mehr Meinungs­viel­falt.

Doch dieser Zug ist abge­fahren. Auslän­dische Inves­toren - insbe­son­dere aus den USA - haben heute kein Inter­esse mehr, ins TV-Geschäft einzu­steigen, schon über­haupt nicht in die euro­päi­sche oder deut­sche Fern­seh­branche. Und selbst euro­päi­schen Inter­essenten wie Berlus­coni werden immer noch alle nur mögli­chen poli­tischen und kartell­recht­lichen Steine in den Weg gerollt. Mitt­ler­weile betrifft dies nicht mehr nur Deutsch­land, denn gerade beim Thema Kartell­recht hat auch die EU ein gutes Wort mitzu­reden. Mehr Viel­falt in der Medi­enbranche braucht in Konse­quenz also zunächst eine völlig andere Medi­enpo­litik. Frag­lich ist, ob der Wille in den bislang verant­wort­lichen Parteien dafür über­haupt vorhanden ist.

Hat der deut­sche TV-Markt noch Zukunft?

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