Verschwinden Disney-Blockbuster aus dem Free TV?
Robert Iger kann man zweifelsohne als echten Disney-Fan bezeichnen. Immerhin begann der US-Topmanager dort seine Karriere und verbrachte 46 Berufsjahre bei dem Medienkonzern, zuletzt in leitender Position als Vorstandsvorsitzender. Im Februar übergab er den Staffelstab an seinen Nachfolger Bob Chapek. Dies alleine ist natürlich bereits beeindruckend, wäre aber wohl eher eine Meldung für das Manager Magazin oder die Wirtschaftswoche statt für teltarif.de. Robert Iger ist aber für Disney-Fans in Deutschland noch aus einem ganz anderen Grund von Bedeutung. Er hat die Content-Strategie des Medienkonzerns in den letzten Jahren um 180 Grad gedreht. Weg von linearen Kanälen und Free TV hin zu Streaming bzw. on Demand. Und das hat erheblichen Einfluss darauf, wie Disney-Inhalte in Zukunft hier in Deutschland konsumiert werden.
Schluss mit Pay TV
Disney+ war das wichtigste Projekt von CEO Bob Iger
Foto: Forbes
In den vergangenen Jahren hatte Disney auch in Europa eine völlig andere Strategie, seine Inhalte zu vermarkten. Diese basierte vor allem auf der engen Kooperation mit Drittanbietern. In Deutschland wurden beispielsweise lineare Disney Pay-TV-Kanäle wie Disney Cinemagic oder Disney XD über Sky vermarktet. Diese Kanäle spielten für das Unternehmen jedoch keine Rolle mehr und mussten deshalb im vergangenen Jahr unter anderem neben Sky bzw. der Deutschen Telekom auch bei Teleclub und Swisscom in der Schweiz für Disney+ weichen.
Sicherlich lag das nicht unbedingt an einer schlechten Partnerschaft zwischen Disney und Sky, sondern vielmehr an ganz opportunen Überlegungen. Es geht Disney nämlich nicht wie man vielleicht erwarten würde nur um laufende Einnahmen aus Abo-Gebühren, vielmehr hat der Medienkonzern großes Interesse am Datenschatz seiner Zuschauer. Wer was und wann schaut interessiert Disney wie auch andere US-Konzerne ganz besonders.
Eigene Lizenzbibliothek
Ganz offensichtlich ist auch, dass Disney unter allen Medienkonzernen am längsten Hebel sitzt. Kaum ein Wettbewerber hat derart viel eigenen Content im Portfolio. Und das bezieht sich natürlich nicht nur auf Disney selbst, sondern vor allem die großen externen Studios Pixar Animation, Marvel und natürlich Fox. Zudem kann Disney eigene Produktionen aus anderen Geschäftsfeldern finanzieren. Man denke hier beispielsweise an die Themenparks oder das immense Merchandising aus den Star Wars-Produktionen. Man sitzt also auf einem großen Berg an Inhalten, die man aus gutem Grund lieber selbst vertreiben, als an Wettbewerber lizenzieren will.
Und damit wären wir auch schon beim eigentlichen Punkt: Es macht für Disney noch weniger Sinn, seine Inhalte im Free TV zu vermarkten. Denn dort fehlen nicht nur Abo-Gebühren, sondern vor allem auch die wertvollen Daten, welche man auf einer eigenen Streaming-Plattform einsammeln kann.
Was wird aus dem Disney Channel?
Bleibt letztendlich die Frage, was aus den Inhalten von Disney in Deutschland wird. Diese laufen hier unter anderem nach wie vor auf dem Disney Channel bzw. in Lizenz bei privaten oder gegebenenfalls öffentlich-rechtlichen Kanälen. Eine durchaus spannende Frage, da Disney sein britisches lineares Pay TV-Angebot im September einstellt. Dort waren zuvor entsprechende Verhandlungen mit Sky bzw. Virgin Media gescheitert.
Allerdings ist Deutschland im Gegensatz zu Großbritannien nach wie vor ein wichtiger Werbemarkt und bei Disney weiß man natürlich um die gewachsenen Beziehungen mit der Werbebranche auf dem wichtigsten Markt Europas. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass Micky, Donald und Goofy so schnell aus deutschen Wohnzimmern verschwinden und vollständig ins Streaming abwandern. Auf lange Sicht könnte sich dies aber durchaus ändern. Wohl spätestens, wenn Disney+ signifikante Marktanteile von Netflix und Amazon gewonnen hat.
Weitere Informationen zu Disney+ gibt es auf unserer Ratgeberseite.