Hintergrund

Besuch im Strato-Rechenzentrum: Ein Blick hinter die Kulissen

HiDrive & Co: So sieht die Cloud von Innen aus
Von Thorsten Neuhetzki

Vor der Tür zum Serverraum stehen Filzschuhe und Schuhüberzieher. Ich darf mir aussuchen, was ich anziehen will. Ich nehme auf seinen Rat hin die Überzieher. Sie sollen vermeiden, dass Straßendreck ins Rechenzentrum kommt. Der Dreck, aufgewirbelt durch Kühlanlagen, könnte Laser-Lichtschranken im Doppelboden unterbrechen und Feueralarm auslösen. Wie alle Türen ist auch diese geschützt. Wir gehen hinein, es ist dunkel. Um so größer ist der Effekt. Ich finde mich in einem Raum wieder, in dem Reihe an Reihe Serverracks stehen. Ein monotones Surren der Serverlüfter füllt den Raum. Jedes einzelne Rack verzeichnet eine zweistellige Zahl an Servern übereinander. Und an jedem Server blinken kleine LEDs. Es wirkt ein bisschen wie Weihnachten in den USA. Durch die Mischung von blauen und grünen LEDs ergeben sich tolle Lichteffekte. "Warum hier blau und da grün", frage ich nach. "Fragen Sie den Hersteller", kommt es mit einem Lachen zurück.

Wir gehen durch die Reihen. Sie sehen unterschiedlich aus. Unterschiedliche Hardware für unterschiedliche Produkte. Meterweise stehen hier Dedicated Server rum. "Die meisten langweilen sich", sagt Wienholtz. Aber die Kunden haben die Hardware und die entsprechenden Leistungen ausdrücklich gebucht, auch wenn sie diese häufig nicht voll in Anspruch nehmen. Denn wie die Server dann genutzt werden, darauf hat Strato - anders als etwa bei der HiDrive-Plattform oder virtuellen-Servern - keinen Einfluss. Webhosting bei Strato: Blick in den Kaltgang Webhosting bei Strato: Blick in den Kaltgang
Foto: Strato

Dann stehen wir vor den HiDrive-Servern. Hier speichern Kunden Daten auf ihrem Online-Speicher. Unzählige kleine Festplatten verrichten hier ihren Dienst. Jede einzelne fasst mindestens ein Terabyte. Geflissentlich blinken sie und bestätigen, dass sie sich gerade initiieren, Kunden Daten auf sie laden oder Backups laufen. "Wo sind denn meine Kontoauszüge, die ich auf HiDrive gespeichert habe", frage ich Wienholtz mit einem Augenzwinkern. "An mehreren Stellen hier", kommt die Antwort. Wienholtz erklärt mir den Aufbau der Speicherplattform: "Die Daten werden über mehrere Festplattensysteme verteilt auf den Produktivspeichern abgelegt und zusätzlich 1:1 auf weitere Speichersysteme gespiegelt, die unabhängig von den Produktivspeichern sind." So sollen die Daten auch dann noch verfügbar sein, wenn eine der Platten oder ganze Systeme ausfallen.

"Wollen Sie mal das Internet anfassen?" - Der direkte "Draht" ins Netz

Vor den HiDrive-Servern stehen Euro-Paletten mit gerade gelieferten, noch eingepackten Servern. "Die bauen wir die nächsten Tage ein", sagt mir Wienholtz. Fast beiläufig kommt noch der Nebensatz: "Das ist der prognostizierte Speicherzuwachs für HiDrive für den nächsten Monat." Mehrere Petabyte Daten seien schon auf der HiDrive-Plattform abgelegt. Wir gehen weiter zu einem Schrank mit Routern und einer Unmenge an Glasfaserkabeln, die in Trassen über den Schränken verschwinden. "Wollen Sie mal das Internet anfassen?", fragt Wienholtz und nimmt ein dünnes Glasfaserkabel in die Hand. Aus der ganzen Welt kommen hier Internetleitungen an. Einige kommen über Knotenpunkte wie den DeCIX in Frankfurt zu dem es eine Standleitung gibt, andere kommen direkt von den Providern. Strato ist auch im Ausland tätig. Doch die Daten liegen hier in Berlin. Da ist es wichtig, dass die Daten schnell bei den Kunden in den Niederlanden, Großbritannien oder den USA ankommen. Zig Gigabit pro Sekunde sind auf dem Gelände verfügbar - wieviel genau, weiß Wienholtz gar nicht. Die Glasfaseranbindung: Hier gehen die Daten ins Internet und zu den Nutzern Die Glasfaseranbindung: Hier gehen die Daten ins Internet und zu den Nutzern
Foto: Strato

Mehr als 40 000 Server und 4 Millionen Domains sind es, die Strato beherbergt. Aktuell zählt der Anbieter 1,4 Millionen Kundenverträge. Mit diesen Zahlen im Kopf verlasse ich - nachdem ich wieder aus der Anwesenheitsliste ausgetragen wurde - nach knapp zwei Stunden das Rechenzentrum durch die Stahltür, durch die ich gekommen bin. Nach einigen Metern drehe ich mich um, und schaue auf das Gebäude, in dem große Teile des "deutschen Internets" aber auch Daten aus dem Ausland gespeichert liegen. Erraten würde das wirklich niemand.

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