Online-TV

Weitreichender Streit um Online-Speicherung von TV-Sendungen

BGH-Urteil über Online-Videorecorder im April erwartet
Von dapd / Thorsten Neuhetzki

Save.TV wirbt für einen Online-Videorecorder. Ob dieser überhaupt zulässig ist, entscheidet im April das BGH save.tv wirbt für einen Online-Videorecorder. Ob dieser überhaupt zulässig ist, entscheidet im April das BGH
Screenshot: teltarif.de
Als der Videorecorder in den 1980er Jahren den deutschen Markt eroberte, atmeten viele Fernsehzuschauer auf. Endlich konnte man Sendungen aufzeichnen, die man sonst verpasst hätte. Inzwischen ist die Technik einen Schritt weiter: Seit 2005 gibt es Online-Videorecorder. Damit kann ein Kunde aus den über Satelliten-Antennen empfangbaren Fernsehprogrammen Sendungen auswählen, abspeichern lassen und über das Internet beliebig oft ansehen oder herunterladen.

Doch sind solche Dienste urheberrechtlich überhaupt zulässig? Über diese weitreichende Problematik hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute in Karlsruhe mündlich verhandelt. Auslöser sind Klagen der Fernsehsender RTL und Sat.1 gegen zwei Firmen, die unter den Namen shift.tv [Link entfernt] und save.tv internetbasierte "persönliche Videorecorder" zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen anbieten.

Fremdes Sendesignal für eigene finanzielle Zwecke genutzt

Save.TV wirbt für einen Online-Videorecorder. Ob dieser überhaupt zulässig ist, entscheidet im April das BGH save.tv wirbt für einen Online-Videorecorder. Ob dieser überhaupt zulässig ist, entscheidet im April das BGH
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shift.tv zum Beispiel bietet nach eigenen Angaben für 4,99 Euro im Monat in Verbindung mit einem Jahresabonnement an, Sendungen aus dem deutschen Fernsehprogramm online aufzunehmen. Dabei empfängt shift.TV über Satelliten-Antennen die Programme von inzwischen rund 30 Fernsehsendern, darunter die Programme von RTL und Sat. 1, wie Michael Westphal, Geschäftsführer des Betreibers Netlantic mit Sitz in Unterföhring bei München, auf dapd-Anfrage erläuterte. Die Nutzerzahl liege derzeit "im fünfstelligen Bereich".

Kunden können aus den Programmen dann Sendungen auswählen, die auf dem "Persönlichen Videorecorder" gespeichert werden. Dabei handelt es sich laut BGH um einen Speicherplatz auf dem Server von shift.TV, der ausschließlich dem jeweiligen Kunden zugewiesen ist. Der Kunde kann die so aufgezeichneten Sendungen über das Internet von jedem Ort aus und zu jeder Zeit beliebig oft ansehen.

Die beiden Privatsender sehen jedoch eine Verletzung des Urheberrechts in dem Angebot und wollen ein "umfassendes Verbot" erreichen. Es liege ein Verstoß gegen ihr Recht vor, ihre Funksendungen weiterzusenden und auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. "Es geht hier um die Nutzung eines fremden Sendesignals für eigene wirtschaftliche Zwecke - das darf nicht möglich sein", betonte ein RTL-Anwalt vor dem BGH. Die "neue wirtschaftliche Nutzungsart" bestehe darin, dass mit dem Internet-Videorecorder erstmals eine weltweite Abrufbarkeit der fraglichen Sendeinhalte geschaffen worden sei.

Der Fall ist schon zum zweiten Mal beim BGH

Der Rechtsstreit ist nun schon zum zweiten Mal beim Bundesgerichtshof gelandet. Im April 2009 hatte der BGH noch entschieden, dass das Angebot internetbasierter Videorecorder die Schutzrechte von Fernsehsendern verletzen könne und "in der Regel unzulässig" sei. Der BGH konnte aber damals die urheberrechtliche Zulässigkeit nicht abschließend beurteilen und verwies die Sache an das Oberlandesgericht (OLG) Dresden zurück. Es sei noch zu klären, wie der Aufzeichnungsprozess im Einzelnen abläuft.

Das OLG kam dann nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Auffassung, dass - technisch gesehen - letztlich nicht shift.tv, sondern der Kunde die jeweilige Sendung aufzeichnet. Denn der Nutzer selbst löse durch seine Programmierung der Aufzeichnung einen automatisiert ablaufenden Vorgang aus. Das OLG nahm aber an, dass die Anbieter solcher Online-Videorecorder das Recht der klagenden TV-Sender verletzen, "ihre Funksendungen weiterzusenden". Denn die entsprechenden Sendesignale würden von den Recorder-Anbietern empfangen und an den Online-Videorecorder zeitgleich weitergeleitet. Das sei eine "Werkübermittlung".

shift.tv und save.tv wollen nun dennoch mit ihrer jetzigen Revision eine vollständige Abweisung der Klage von RTL und Sat.1 erreichen. Diskutiert wurde in der BGH-Verhandlung auch, ob die Recorder-Anbieter nicht möglicherweise gegen die Zahlung von Zwangslizenz-Gebühren an die TV-Sender ihr Geschäft weiterbetreiben könnten. Sein Urteil wird der Bundesgerichtshof erst am 11. April verkünden, wie die BGH-Pressestelle am späten Nachmittag mitteilte. (Aktenzeichen: I ZR 152/11)

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