o2-Banking wählt comdirect Bank als neuen Partner
Die comdirect Bank ist der neue Partner für das o2 Banking.
Foto: Telefónica Deutschland / comdiect
Ein Produkt von o2, das von vorneherein nahezu reibungslos funktionierte, galt das o2 Banking (by Fidor). Die Bank in der Tasche, alle Vorgänge über eine App steuerbar - und nach ständigen Kundennachfragen zum Teil auch über eine Webseite im Internet. Alle Buchungen in Echtzeit direkt auf dem Handy sichtbar, Kreditkarte, pardon Debit-Karte mit Mastercard-Logo inklusive und keine Kontoführungsgebühren. Der anfänglich geforderte Mindestumsatz von 100 Euro im Monat entfiel auch bald.
Abschied von der Fidor Bank
Betrieben wurde das Produkt durch die Münchner Fidor-Bank, die in der letzten Zeit unter keinem guten Stern stand. Dann kam aus relativ heiterem Himmel die Ankündigung, dass die Zusammenarbeit zwischen o2 und Fidor zum 30. Juni eingestellt wird. Den Kunden wurde klar gemacht, dass sie ihr o2-Konto ausgleichen respektive "leer" räumen sollen. Einige geheimnisvolle Hinweise auf einen neuen Partner, aber keine konkreten Aussagen, nur ein vages Versprechen.
Doch das Versprechen wurde eingehalten, die notwendigen Fakten liegen jetzt vor. Telefónica o2 und die comdirect Bank AG wollen künftig beim neuen o2-Banking kooperieren.
Start morgen
Die comdirect Bank ist der neue Partner für das o2 Banking.
Foto: Telefónica Deutschland / comdiect
Ab Donnerstag sollen interessierte o2-Kunden ein "vollwertiges Banking-Angebot" bei der comdirect Bank AG erhalten. Zudem sollen sie - wie schon gewohnt - das kontaktlose Bezahlen mit Apple Pay und (neu!) über Google Pay nutzen können. Im Herbst soll dann ein neues Bonusprogramm mit weiteren "kundenrelevanten Services" starten.
Wechselprämie für o2-Banking-Altkunden
o2-Banking-Bestandskunden, die ab jetzt bis spätestens 30. Juni ein neues Konto bei o2-banking-by-comdirect eröffnen, sollen eine Wechselprämie von 25 Euro von der comdirect erhalten. Es lohnt sich, das Kleingedruckte zu lesen: Diese Prämie bekommen sie nämlich nur, wenn sie innerhalb der ersten 3 Monate nach Kontoeröffnung mindestens 15 Zahlungen über Apple Pay oder Google Pay mit ihrer comdirect Visa-Karte (Kreditkarte) tätigen (dabei gelten nur Zahlungen in Einzelhandelsgeschäften sowie In-App- oder Online-Käufe). Der Bonus soll dann im 4. Monat nach Kontoeröffnung auf dem neuen Girokonto gutgeschrieben werden. Selbstredend gilt das Angebot nur für comdirect-Neukunden. Als "Neukunde" wird angesehen, wer in den letzten 6 Monaten vor Kontoeröffnung nicht bereits Kunde der comdirect Bank AG war. Wer bislang o2-Banking-Kunde war, aber schon ein comdirect-Konto hat, hat Pech. (Das war seinerzeit bei "neuen" o2-Banking-Kunden, die schon direkt bei der Fidor-Bank gewesen waren, genauso.)
50 GB Bonusvolumen für 4 Wochen
Die Neukunden erhalten außerdem ein einmaliges Datenvolumen von 50 GB zur persönlichen Nutzung auf ihrem o2-Mobilfunkvertrag gutschrieben. Das wiederum gilt nur für Privatkunden mit einem o2 All-in-, Free-, oder Blue Basic-/Smart-/Select-Postpaid-Mobilfunktarif und einer LTE-fähigen SIM-Karte, die mit ihrem o2-Banking-Konto bis zum 30. Juni in ein "o2 Banking-Konto powered by comdirect" wechseln. Dazu ist bei der Kontoeröffnung die o2- Mobilfunknummer anzugeben. Und nicht alle bekommen das Volumen, denn es gibt Ausnahmen: Kunden mit aktivierter Datenautomatik oder mit Zahlungsrückständen bekommen dieses Paket nicht.
Sind die Bedingungen erfüllt, wird das Datenpaket durch o2 ab dem 1. Juli aktiviert und bleibt für vier Wochen gültig. Es verfällt bei vorzeitiger Vertragsverlängerung, Änderung der Datenoption oder einem Tarifwechsel. Je nach Nutzungsverhalten und aktueller Lage, wird man diese 50 GB in vier Wochen nur schwer verbrauchen können.
comdirect und Commerzbank: Viele Fragen
Die Neukunden bei comdirect starten in eine ungewisse Zukunft. „Bei all unseren Lösungen orientieren wir uns klar am Kundenbedürfnis“, sagt Matthias Hach, Marketing-Chef (CMO) von comdirect. „Diesen Fokus behalten wir auch bei der Kooperation mit o2 bei und werden fortlaufend und gemeinsam mit o2 das Angebot mit einer ausgeprägten Kundenfokussierung weiterentwickeln.“
Unklar ist im Moment, wie sich die beschlossene Fusion zwischen der comdirect und der bisherigen Mutter Commerzbank auf das o2-Angebot auswirken wird. Können o2-Banking-Kunden sich dann künftig auch am Bankschalter der neuen Commerzbank (der Name comdirect soll wohl verschwinden) beraten lassen? Oder werden eher klassische Filialbank-Kunden dazu "überredet", alles online zu machen, was sie vielleicht gar nicht wollen?
Einige Pluspunkte
Zu den Kernleistungen des neuen o2-Banking Angebots sollen eine kostenlose Girocard (die gab es beim alten System bisher nicht und man braucht sie leider noch öfters als einem lieb ist, weil viel Geschäfte "Angst" vor Debit- oder Kreditkarten und deren höheren Buchungs-Kosten haben), sowie eine ebenso kostenlose Visa-Kreditkarte gehören. Kunden werden weltweit gebührenfrei Geld abheben und mobil bezahlen können, "einfach, sicher, schnell und unabhängig vom Gerät". Über die comdirect Visa-Karte erhalten Kunden Zugriff auf mobile kontaktlose Bezahlsysteme von Apple Pay und Google Pay, bisher stand nur Apple Pay zur Verfügung. Zudem soll o2-Banking mit comdirect bequeme Überweisungsoptionen über Chat, Sprache oder Fotografieren einer Rechnung ermöglichen. Auch neu: Der Kunde soll seine digitale Vermögensverwaltung mit dem Robo-Advisor cominvest nutzen können.
Wechsel über die neue o2-Banking-App
So soll die neue o2-Banking-App aussehen, die ab Morgen zum Downlaod für iOS und Android bereit stehen soll.
Foto: Telefónica Deutschland
Kunden, die sich voll auf den rechtzeitigen Start des neuen Angebotes verlassen haben, können den Kontowechsel-Service von "comdirect" nutzen, sobald das neue o2-Banking-Konto eröffnet ist. Dieser Service informiert Zahlungspartner über das neue Konto. Die neue o2-Banking-App, mit der sich alle mobilen Bankgeschäfte durchführen lassen, soll ab Donnerstag für Apple iOS und Android verfügbar sein, verspricht o2. Über diese App finden auch die Registrierung und der ID-Check zunächst nur per "manuellem" Post-Ident (man muss zu einer "Post"-Filiale, die das anbietet) und wohl ab Herbst auch per Video-Telefonat statt, ähnlich dem bereits bekannten Verfahren der bisherigen o2-Banking-App.
Banking Industry Platform
Die Kooperation setzt auf eine bereits bestehenden "Banking Industry Platform" von comdirect auf. Diese Plattform nutzen beispielsweise die Sportvereine HSV oder BVB, um "innovatives Bezahlen" und Banking für ihre Fans "erlebbar" zu machen. In den nächsten Wochen und Monaten wollen o2 und comdirect weiter "am mobile Banking der Zukunft" arbeiten und es allen o2-Banking Kunden im Herbst zur Verfügung stellen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wer bisher sein o2-Banking-Konto als Hauptkonto genutzt hat und voll auf das neue Angebot vertrauen möchte, sollte - sofern möglich - ab Donnerstag die neue App installieren und den Kontowechsel-Service in Anspruch nehmen. Gleichzeitig sollten das alte und das neue Bankkonto genau beobachtet werden: Werden alle Zahlungsvorgänge wie Lohn, Gehalt oder Sozialleistungen, Miete, Renten, Handyverträge, Strom, Wasser und so weiter reibungslos vom richtigen Konto ablaufen?
Wer sich für das neue Angebot entscheidet, sollte auf jeden Fall einen "Plan B" (eine weitere bewährte Bankverbindung?) im Auge behalten, falls es in der Startphase oder durch die anstehende Fusion von comdirect und Commerzbank zu "Irritationen" kommen sollte.
Es wäre schöner gewesen, wenn Kündigung und Neuangebot nahtloser ineinander verzahnt worden wären. Wie man das macht, hat die N26-Bank beim Wechsel von der Wirecard-Bank zur eigenen Banklizenz vorgeführt.
Aufgrund der Unsicherheit und vieler offener Fragen, muss o2 damit rechnen, dass eine ganze Menge Kunden den Wechsel nicht mitmachen werden. Auch der Autor, bislang hochzufriedener Kunde bei o2-Banking (by Fidor) ist vom Wechsel noch nicht überzeugt.