Editorial: Nokias Übernahme-Schock
Microsoft übernimmt Nokias Kerngeschäft
Montage: teltarif
Gerade war Nokia dabei, sich wieder etwas zu
berappeln, seine Anteile an den Smartphone-Verkäufen wieder etwas
zu steigern und zumindest von den
Stückzahlen her in Deutschland sogar
in die Nähe des iPhones zu
gelangen,
dann kam der nächste Schock:
Microsoft übernimmt die Handy-Sparte von Nokia.
Waren die Finnen schon in der jüngeren Vergangenheit stark abhängig von
Microsoft, werden sie nun komplett einverleibt.
Aus Sicht von Microsoft macht das Geschäft auch Sinn. Nokia ist mit Abstand der wichtigste Verkäufer von Windows-Phone-Handys. Die Gefahr, durch die Übernahme Windows-Phone-Partner wie Samsung, LG oder HTC zu verlieren, wiegt also geringer, als die Gefahr, dass eine zunehmend erfolgreichere Nokia sich doch wieder emanzipiert, und in nicht allzu ferner Zukunft beispielsweise auch Android-, FirefoxOS- oder gar Tizen-Geräte auf den Markt bringt. Ein Android-Gerät soll Gerüchten zufolge sogar bereits fertig entwickelt sein.
Wenn Endgerät und Betriebssystem künftig aus einer Hand kommen, können diese auch noch besser aufeinander abgestimmt werden als bisher schon. Schließlich erscheint der Zeitpunkt günstig: Wartet Microsoft länger mit einem Einstieg, kommt dieser womöglich erheblich teurer. Und auch der bisherige Nokia-Chef Stephen Elop, der erst vor drei Jahren von Microsoft zu Nokia gekommen war, profitiert von dem Geschäft.
Unternehmensführung über Kontinente hinweg
Microsoft übernimmt Nokias Kerngeschäft
Montage: teltarif
Gefahren drohen vor allem auf der emotionalen Seite: Wenn
die Entwickler bei Nokia nicht damit klar kommen, für ein anderes
Unternehmen als bisher zu arbeiten, dann werden sie wahrscheinlich
keine guten Handys bauen und die Lumia-Serie wird die so mühsam
gewonnenen Marktanteile wieder verlieren. Ebenso macht es für die
Verbraucher einen Unterschied, ob sie ein Nokia-Smartphone mit
Microsoft-Betriebssystem oder eben ein Microsoft-Smartphone kaufen.
Wie letzte Woche schon zu Apple geschrieben, hat auch Microsoft den Vorteil, über quasi unlimitierte Barreserven zu verfügen. Anders als Blackberry, die mangels Reserven nicht anders können, als mit dem jüngst angekündigten Stellenabbauprogramm die Spirale nach unten weiter zu drehen, würde Microsoft auch mit vielen schwachen Jahren bei Windows Phone und der Lumia-Serie klarkommen. Entsprechend wahrscheinlich ist es, dass sie sich über kurz oder lang in den Smartphone-Markt reinkämpfen werden. Auch und gerade im Verbund.