GD Towers: Neue Turmgesellschaft der Telekom startet
Heute startet der Deal zwischen der Deutschen Telekom und den Investment-Partnern Brookfields und DigitalBridge aus den USA bzw. Kanada zum Thema Funktürme. Wir haben Bruno Jacobfeuerborn, ein Urgestein der Branche, langjähriger Technikchef der Telekom und Chef der "GD Towers" (und bisher Deutschen Funkturm-Management-Gesellschaft (DFMG)) dazu befragt.
Bruno Jacobfeuerborn beantwortete exklusiv Fragen von teltarif.de zur heute startenden Turmgesellschaft GD Towers.
Frank Hormann / nordlicht
Herr Jacobfeuerborn, Danke für Ihre Zeit. Wie wird das Funkturmgeschäft im Telekom-Konzern genau neu organisiert? Gehören künftig alle Funktürme zur DFMG oder gibt es weiterhin separate Türme und Standorte, die anderen Abteilungen der Telekom oder dritten Unternehmen gehören oder wird eine völlig neue Firma/Abteilung der Telekom gegründet?
Jacobfeuerborn: Die Deutsche Telekom bündelt ihr Funkturmgeschäft in Deutschland und Österreich unter dem Namen "GD Towers". Dazu zählt die Deutsche Funkturm sowie die Magenta Telekom Infra in Österreich. Gemeinsam betreuen wir die etwa 40.000 Antennenstandorte der Telekom in den beiden Märkten und kümmern uns um den Netzausbau.
Frage: Wie unabhängig kann die GD Towers in Zukunft operieren? Ist es auch in Zukunft möglich, dass die Telekom Türme oder Standorte an mit der Telekom konkurrierende Unternehmen (z.B. 1&1) vermieten kann?
Antwort: Schon heute vermarkten wir etwa die Hälfte unserer geeigneten Mobilfunkmasten an mindestens einen weiteren Anbieter neben der Telekom und machen ein Viertel unseres Umsatzes mit anderen Kunden. Wir haben das Drittmarktgeschäft in den letzten Jahren ausgebaut und diesen Weg werden wir mit den neuen Eigentümern entschlossen weiter gehen. Deutschland ist der größte und spannendste Markt in Europa. Die Telekom Deutschland sichert uns langfristig und planbar volle Auftragsbücher. Durch den Ausbau von 5G, die Schließung der letzten Funklöcher, die Versorgung der Verkehrswege, sowie den Markteintritt von 1&1 und durch weitere Funkdienste wie 450connect ergeben sich enorme Wachstumspotenziale. Mit der Expertise und dem Kapital unserer beiden neuen Eigentümer DigitalBridge und Brookfield bekommen wir noch mehr Flexibilität für unser Drittmarktgeschäft.
Frage: Ist es umgekehrt weiter möglich, dass die Telekom/DFMG bestimmte Standorte exklusiv für sich behält, um dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu behalten?
Antwort: Wir haben eine langfristige Vereinbarung mit Telekom Deutschland geschlossen, die den Betrieb und Ausbau des Mobilfunknetzes genau regelt. In der Regel bieten wir unsere Infrastruktur diskriminierungsfrei auch anderen Kunden an. Dafür bauen wir seit Jahren Masten mit ausreichend statischer Kapazität für zukünftige Technikerweiterungen oder zusätzliche Antennen anderer Anbieter. Im Zweifel entscheidet der Kunde, was genau wir für ihn bauen.
Frage: Wie sieht es bei Neubauten aus? Kann die GD Towers jederzeit bauen, was und wohin sie will oder haben die Investoren hier ein Vetorecht ("viel zu teuer")?
Antwort: Wir haben in den letzten Jahren trotz enormer Baukostensteigerungen konstant gute Gewinne eingefahren. Das hätten wir ohne ein gesundes Kostenbewusstsein nicht geschafft. Vor allem bei der Schließung von Funklöchern in ländlichen Gegenden entstehen durch die Anbindungskosten für Strom und Glasfaser oft große finanzielle Herausforderungen. Beispielhaft sei unser Neubau in Bad Dürkheim genannt, der kilometerlange Tiefbauarbeiten für den Stromanschluss erforderlich machte.
Der Sender Bad Dürkheim im YouTube-VideoSolche Standorte gucken wir uns mit unseren Auftraggebern, Kommunen und Partnern vor Ort ganz genau an, um eine gute Lösung zu finden. Dabei gehen wir teilweise ganz neue Wege, wie beispielsweise in Mönsheim, wo wir einen der ersten energieautarken Mobilfunkmasten betreiben und so die Anbindungskosten sparen konnten.
Frage: Wie kann der Konflikt zwischen den Wünschen der Politik, den Nutzern (maximale flächendeckende Versorgung) und den Geldgebern ("viel zu teuer") gelöst werden? Wer hat die letzte Entscheidung darüber?
Antwort: Von Konflikt würde ich nicht sprechen. Alle haben das gleiche Ziel: eine gute und flächendeckende Mobilfunkversorgung. Auf dem Weg dahin gilt es nicht nur finanzielle Herausforderungen für besonders kostspielige Antennenstandorte zu überwinden. Der Netzausbau ist immer noch mit einem großen bürokratischen Aufwand verbunden, Genehmigungsverfahren und Abstimmungen ziehen sich oft über Monate, genau so wie die Suche nach einer geeigneten Fläche. Und natürlich können auch wir Funkturmgesellschaften gemeinsam mit den Mobilfunkanbietern und Bauunternehmen in unseren Planungen und Ausführungen noch schneller werden. Es gilt also verschiedene Stellschrauben zu optimieren.
Frage: Halten Sie die Mobilfunk-Infrastruktur-Gesellschaft des Bundes (MIG) für Ihre Arbeit für notwendig, hilfreich oder behindert sie eher den weiteren Flächenausbau? Würden Sie eine gemeinsame Deutsche Netzgesellschaft (Telekom, Vodafone, Telefónica, ggf. 1&1, ggf. 450connect, e*message etc.), die Mobilfunk speziell in weißen Flecken aufbaut und versorgt, für gut empfinden?
Antwort: Wir bauen im bayrischen Lambach den allerersten MIG-geförderten Mobilfunkmast. Das ist in einigen Bereichen Pionierarbeit, weil es noch keine eingespielten Prozesse gibt. Das wird mit der Zeit kommen und die MIG kann gemeinsam mit weiteren regionalen Förderprogrammen ein fester Bestandteil in der Funklochschließung werden. Neben dem eigenwirtschaftlichen und dem geförderten Ausbau sind Infrastruktur-Sharing und der kooperative Ausbau ganz zentrale Hebel für die White Spot-Versorgung. Letztlich können wir das Ziel nur erreichen, wenn wir uns des gesamten Werkzeugkastens bedienen. Eine zusätzliche Gesellschaft bestehend aus den Netzbetreibern würde aus meiner Sicht nicht zur Überwindung der Ausbauherausforderungen beitragen.
Der wohl bekannteste Funkturm der DFMG / GD Towers, der Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz.
Fotos: Deutsche Telekom AG
Frage: Wie weit sind ihre Pläne mit "fliegenden" Basisstationen gediehen? Ist das realistisch umsetzbar? Wann?
Antwort: Für eine leistungsfähige Mobilfunkinfrastruktur ist eine terrestrische Infrastruktur unverzichtbar. Es gibt einige Szenarien, in denen eine Ergänzung durch fliegende Basisstationen durchaus sinnvoll ist, so beispielsweise für temporäre Versorgungen im Krisenfall oder bei Großveranstaltungen, sowie für die Grundversorgung bei schwieriger Topografie oder auf dem offenen Meer. Die begrenzte Kapazität und vergleichsweise hohe Latenz dieser Lösungen schränken einen breiten Einsatz jedoch deutlich ein. Bei Satelliten kommt die Komplexität bei Wartungen oder Technik-Erweiterungen hinzu, so dass ich davon überzeugt bin, dass sich langfristig – nicht vor Ende dieses Jahrzehnts – Drohnen zu einer flexibleren Ergänzung zu terrestrischen Netzen entwickeln werden.
Herr Jacobfeuerborn, vielen Dank für das Gespräch.