Telekom gibt Ausblick auf Glasfaser- und 5G-Ausbau
Eigentlich wollte die Deutsche Telekom zum "Netzetag" auf den für die Öffentlichkeit derzeit nicht zugänglichen Fernsehturm in Köln einladen, aber die aktuelle Situtation lässt das nicht zu. Also findet die Konferenz virtuell im Netz statt. Für die Telekom, so sieht es Pressesprecher Philipp Schindera, ist eigentlich "gefühlt" jeder Tag Netzetag, bevor er das Mikrofon an den Deutschland-Chef der Telekom, Srini Gopalan, und die Technik- und Innovationsvorständin Claudia Nemat übergab.
Vorständin Technik & Innovation Claudia Nemat (links) und Deutschland Chef Srini Gopalan (rechts) stellten die Netzpläne der Telekom vor.
Foto: Deutsche Telekom
Srini Gopalan, der seine Karriere beim indischen Mobilfunkbetreiber "Bharti Airtel" begann, hielt seinen Vortrag durchgängig in deutscher Sprache und hat in dieser für ihn neuen Sprache schon ein Lieblingswort gefunden, das "Genehmigungsverfahren" lautet.
Pandemie hat das virtuelle Leben beschleunigt
"Die Pandemie ist schlimm", stellte Gopalan fest, "aber sie hat das virtuelle Leben beschleunigt. Die Nachfrage nach großen Bandbreiten und Geschwindigkeiten steigen im Mobilfunk und im Festnetz." Es sei viel Geld von Investoren im Markt, das - sinnvoll genutzt - Rückenwind geben könne. Die neue Bundesregierung in Berlin habe einen positiven Rahmen gesetzt und die Telekom sei "bereit für den digitalen Aufbruch".
Bekräftigung bereits bekannter Zahlen
Gopalan wiederholte einige bereits mehrfach bekanntgegebene Zahlen und begann mit dem Glasfaserausbau. Das Tempo sei verdoppelt worden, 1,2 Millionen neue Haushalte würden von der Telekom jetzt mit Glasfaser versorgt, "doppelt so viele wie vergangenes Jahr". Damit würden aktuell etwa 3 Millionen Haushalte von Glasfaser der Telekom erreicht ("Homes Passed"). Nächstes Jahr sollen es mehr als 2 Millionen neue Glasfaser-bis-ins-Haus-Anschlüsse (FTTH) werden und im Schnitt sind künftig 2,5 Millionen Anschlüsse jedes Jahr geplant.
Auch die Gewerbegebiete machten Fortschritte. 350 Gewerbegebiete seien bereits angeschlossen. Glasfaser sei für viele Unternehmen überlebenswichtig. Allein dieses Jahr kamen 70.000 km Glasfaser neu dazu, was die verlegte Gesamtmenge auf 650.000 km steigert. Wichtig sei die "letzte Meile": Die Glasfaser müsse bis in die Häuser, was im Durchschnitt Entfernungen von 200-400m zwischen Glasfaser-Verteiler und Haushalt bedeute.
Sein FTTH-Plan sehe 10 Millionen Anschlüsse von der Telekom bis 2024 vor. Bis 2030 solle jeder Haushalt und jedes Unternehmen FTTH-Anschluss bekommen haben. Das wären dann unterm Strich "über 50 Millionen Anschlüsse, das kann die Telekom nicht alleine bauen". Sie werde aber "einen großen Teil" leisten, die übrigen Anschlüsse müssten die Wettbewerber bringen. FTTH sei Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. "Wir investieren sechs Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland, ein Großteil fließt in die Infrastruktur. Dazu komme noch das Joint-Venture mit Glasfaser-Plus, "das geht noch on top extra".
Bei der Planung des Ausbaus hilft das "Surface Car", das 60.000 km gefahren und über 60 Millionen Fotos geschossen habe, womit Topographie, Umgebung, Straßenzustand, Bäume, Zäune, Brücken, Häuser etc. erfasst und aktuell kartographiert werden. "Glasfaserausbau ist ein Puzzle. Die Teile müssen zusammenpassen."
Der politische Rahmen ist wichtig
Gopalan begrüßt, dass die neue Bundesregierung auf den Ausbau von FTTH setzt: "Das ist die richtige Technologie, ein überlegenes Medium - schnell, stabil, zukunftssicher." Gopalan forderte mehr Tempo - im Genehmigungsverfahren weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung. Und er griff Forderungen seiner privaten Konkurrenten etwa von VATM oder BREKO auf: "Der Eigenausbau muss Vorrang haben. Die Förderung ist wichtig - aber mit Augenmaß. Es ist wie in der Küche - viel hilft nicht immer viel. Mehr Förderung - bedeutet nicht automatisch mehr Ausbau."
Die Grafik gibt einen ungefähren Überblick, was bei der Telekom in Sachen Netzausbau ansteht, Glasfaser (Festnetz) und Mobilfunk
Grafik: Deutsche Telekom
Beim Breitband-Ausbau gebe es kein "One size fits all", man müsse zwischen Metropolen, Einzugsbereichen, Vororten, bis hin regionalen ländlichen Bereich unterscheiden und ein Drittel sei Wald. Glasfaser solle es aber nicht nur in Metropolen geben.
Telekom kooperiert auf vielen Ebenen
Ausführlich stellte er verschiedene Kooperationen und Partnerschaften vor. Dabei achte die Telekom darauf, mit seriösen Unternehmen zusammenzuarbeiten, man peile eine langfristige Versorgung an. Im Zuge von Kooperationen könnten Stadtwerke oder Stromversorger "graben und verlegen", Telekom betreibe dann das fertige Netz. Gopalan nannte als Beispiel die Stadt Münster, in der die Vermarktung für etwa 160.000 Glasfaser-Haushalte bereits laufe. Es gibt aber auch Orte, an denen die Telekom ein fertiges Netz eines lokalen Anbieters übernommen habe und jetzt selbst betreibe.
Mobilfunk
Bei 5G-Mobilfunk hatte die Telekom für 2021 etwa 80 Prozent der Bevölkerung geplant, doch dieser Wert wurde bereits im August erreicht, also rief man das neue Ziel 90 Prozent und hat es aktuell erreicht. Noch nie sei eine neue Mobilfunktechnologie schneller ausgerollt (aufgebaut) worden. Alleine dieses Jahr hat die Telekom 6.000 neue Antennen "bei Wind und Wetter" montiert. Damit funken heute bundesweit 63.000 Antennen (ca. 30.000 Standorte) auf 5G. "LTE (4G) und 5G bauen aufeinander auf."
Man habe damit die Auflagen BNetzA von 2015 erfüllt, bereits 99 Prozent der Bevölkerung könnten LTE der Telekom empfangen. Das habe viel Arbeit und viel Planung bedeutet. Gopalan erinnerte, dass 3G Platz für 5G gemacht habe, "in 29 Minuten waren alle 3G-Standorte - und das sind über 22.000 - vom Netz".
Starkes Netz mit Lücken
Die Telekom habe ein "starkes, dichtes Netz". "Doch", räumt er freimütig ein, "es hat noch Lücken". Die Gesprächsabbruch-Quote (Call-Drop-Rate) liege bei 0,26 Prozent, also mehr als 99 Prozent der Gespräche laufen störungsfrei. "Jeder Call-Drop ärgert die Menschen. Es ist unsere Pflicht, uns drum zu kümmern. Entlang der ICE-Bahnstrecken werde alle 2,5 Tage ein neuer Standort gebaut. An den Autobahnen gingen etwa drei neue Standorte pro Woche oder alle 1,5 Tage ein neuer Standort in Betrieb.
Die Netzqualität zeige sich an der Frage: "Wie gut kommt der Mobilfunk bei den Kunden an." Stolz ist die Telekom auf bundesweiten Netztests von Computerbild, Chip und Connect, die die Telekom mit der Note "Sehr gut" ganz vorne sehen, "zum 11. Mal in Folge sind wir bei der Connect ganz vorne." Somit habe die Telekom "das größte und schnellste 5G-Netz bundesweit". Sein Anspruch: Alle sollen dabei sein können.
Beim Netzausbau 2021 habe die Telekom Ziele erreicht, dennoch beschweren sich einige Menschen immer noch über zu wenig Netz und das zu recht. Denn: "Einige 100 Standorte dürfen wir seit Jahren nicht bauen."
Hindernisse: Warten auf Baugenehmigung seit 7 bis 10 Jahren
Gopalan griff einige kuriose Fälle heraus: Im Westen Deutschlands, "irgendwo am Waldrand", möchte die Telekom einen Standort aufstellen, seit sieben Jahren gibt es keine Genehmigung: "Wir dürfen nicht bauen." Irgendwo im Osten bietet die Kommune der Telekom ein Grundstück an. Sogar der Naturschutz stimmte zu. Der Bauantrag wurde abgelehnt, wegen "Denkmalschutz". Ein weiterer Bauantrag im Süden Deutschlands fiel wegen der Ästhetik: "Der Mast könnte die Sicht auf das Schloss stören." Es gäbe Fälle, wo die Telekom seit 10 Jahren auf Standortsuche sei. "Wir brauchen Unterstützung von Kommunen und Bürgern".
Gopalan weiß, dass die Mobilfunk-Verbindung in Zügen noch nicht ideal ist. "Das Mobilfunksignal muss in den Wagen kommen. Das Zusammenspiel mit neuen Fensterscheiben und Repeatern muss klappen." Damit deutete Gopalan an, dass es bei der Deutschen Bahn nicht so schnell geht, wie gewünscht.
"In anderen Ländern hat Netzausbau absolute Priorität. Das ist digitaler Aufbruch." und den wünsche er sich auch für Deutschland. "Auf die Telekom können sich die Menschen verlassen, unsere Mitarbeiter helfen mit, dass Deutschland handlungsfähig ist", lobte Gopalan seine Mitarbeiter, das mache ihn Stolz.
Wie es im Mobilfunk weiter geht, berichten wir in einem weiteren Beitrag.