Ein Sender, alle Handynetze: Koop für bessere Abdeckung
Ein Sender, mehrere Kennungen - das beschleunigt den Netzausbau und senkt die Kosten, wenn die Behörden mitspielen.
Foto: Vodafone Deutschland
Noch im laufenden Jahr wollen die Deutsche Telekom und Telefónica (o2) mehrere Hundert sogenannte "Graue Flecken" in der 4G-Netzversorgung für ihre Kunden schließen. Weitere Abkommen wurde zwischen Vodafone (D2) und Telefónica (o2) und zwischen Telekom und Vodafone geschlossen.
Das "Neue" an diesen Abkommen: An den Standorten werden die jeweiligen Partner aktive Netztechnik (Sender- und Antennen) teilen.
Ein Sender, mehrere Kennungen
Ein Sender, mehrere Kennungen - das beschleunigt den Netzausbau und senkt die Kosten, wenn die Behörden mitspielen.
Foto: Vodafone Deutschland
Im Gegensatz zu bisherigen Kooperationen wie beim "Site-Sharing" (mehrere Sender und Antennen auf einem Standort) oder dem Betreiber-Abkommen zur Schließung Weißer Flecken müssen in bei diesem Ansatz keine zweite separate Funktechnik oder zusätzliche Antennen installiert werden. Fachleute sprechen von MOCN (Multi-Operator-Core-Network). Laienhaft gesagt: Ein Sender strahlt die Kennungen von Telekom, Vodafone oder o2 gleichzeitig aus. Der Kunde weiß also nicht, ob er über einen Sender seines eigenen Anbieters oder eines anderen Anbieters telefoniert oder surft. Der Vorteil: Der Kunde hat endlich Netz.
Koop-Sender auf 800 MHz
Am jeweiligen Standort wollen die Betreiber allen Kunden im Ergebnis 4G-Zugänge im 800-MHz-Frequenzband bieten. Der Frequenz-Bereich hat höhere Reichweiten als z.B. auf 1800, 2100, 2600 oder gar 3600 MHz. Entsprechende Absichtserklärung haben die Unternehmen jetzt unterzeichnet. Diese Abkommen sollen gerade "in der tiefen Provinz" helfen, insbesondere außerhalb von Wohngebieten und abseits größerer Verkehrswege, wo nicht alle Betreiber eine deckungsgleiche Netzversorgung haben.
Grau Flecken versorgen
Die Branche spricht von sogenannte "Graue Flecken" - Flächen, in denen nicht alle Anbieter einen mobilen Netzzugang über 4G für ihre Kunden bieten können. Gerade in diesen wenig frequentierten Gebieten ist es für die Betreiber oftmals "wirtschaftlich herausfordernd", separate Infrastrukturen (jeder Netzbetreiber für sich) zu errichten und mit eigener Netztechnik zu betreiben.
Auf diese Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitslücke zielen die jetzt zwischen Telekom, Vodafone und Telefónica / o2 separat geschlossenen Vereinbarungen: Alle Unternehmen planen, an mehreren hundert ausgewählten Antennenstandorten ein sogenanntes aktives Network-Sharing, um „Graue Flecken“ in Deutschland zu erschließen.
Kooperationen werden wichtiger
„Kooperationen werden beim Netzausbau – egal ob Breitband oder Mobilfunk – immer wichtiger. Zusammen mit Telefónica / o2 können wir einen wichtigen Beitrag zu einer besseren und unterbrechungsfreien LTE-Versorgung in Deutschland leisten“, sagt beispielsweise Telekom Deutschland-Chef Srini Gopalan. „Wir arbeiten mit unserem Wettbewerber zusammen, damit noch mehr Menschen in Deutschland ein besseres Netz nutzen können. Diese Einigung ist ein weiterer Nachweis für unsere Überzeugung: Die Digitalisierung Deutschlands gelingt am besten gemeinsam.“
„Deutschland muss digitaler werden. Die deutschen Verbraucher und die Wirtschaft fordern dafür schnelle Fortschritte in der Mobilfunkversorgung. Hierfür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten erforderlich. Die kooperative Mitnutzung von Standorten ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg und ein gutes Signal an Deutschlands Mobilfunkkunden“, sagt Telefónica Deutschland (o2) CEO Markus Haas anlässlich der Unterzeichnung der Absichtserklärung.
Bitte warten...
Nun kann aber nicht morgen früh gebaut werden, denn da stehen noch gewaltige bürokratische Hürden im Weg. Alle Vertragspartner stehen bezüglich der geplanten Zusammenarbeit mit dem Bundeskartellamt und der Bundesnetzagentur in Kontakt. Wie schnell diese Behörden die Zusammenarbeit freigeben, ist eines der großen Rätsel der Branche. Das Kartellamt muss erst aufwendig ermitteln, dass durch die Zusammenarbeit keine anderen Beteiligten benachteiligt werden. Beispielsweise könnte 1&1-Drillisch "benachteiligt" sein. Die drei bereits aktiven Netzbetreiber wären bereit, den neuen Spieler mit ins Boot zu nehmen, wenn dieser die gleiche Anzahl an eigenen Stationen beisteuern würde. Doch da gibt es derzeit noch gar nichts, geschweige denn in der Provinz.
Betreiberinitiativen für eine verbesserte Netzversorgung
Für die Erschließung bislang komplett unversorgter Gebiete („Weiße Flecken“) ziehen Telekom, Vodafone und Telefonica (o2) bereits an einem Strang: Im Herbst 2019 haben die drei bundesweit aktiven Mobilfunknetzbetreiber eine Grundsatzvereinbarung für knapp 6.000 neue Standorte geschlossen. Jeder Betreiber baut anteilig und gewährt den anderen Beteiligten ein Nutzungsrecht an der entstehenden passiven Netzinfrastruktur.
Im Gegensatz zur heute angekündigten Kooperation werden in den Weißen Flecken nur die baulichen Infrastrukturen wie Funkmasten und Stromversorgung gemeinsam genutzt, die Sendetechnik und Antennen stellt hier jeder Betreiber eigenständig.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Endlich ist der Groschen gefallen: Deutschland muss besser versorgt werden. Es macht keinen Sinn, in einem Dorf mit 100 oder 200 Einwohnern drei oder vier Sendestationen "nebeneinander" zu bauen, damit alle Anbieter dort Versorgung bieten können. Nun ist zu hoffen, dass die Bundesnetzagentur und das Kartellamt möglichst schnell grünes Licht geben.
Auf den vierten Netzbetreiber zu warten, von dem bis heute keiner wirklich weiß, ob er je selbst etwas bauen kann oder will, wäre vertane Zeit.
Wenn das Mobilfunknetz im Haus nicht reicht, setzen viele Kunden auf Power-Line. WLAN ist aber die sinnvollere Variante.