Wenn (k)einer gräbt: Netzbetreiber wollen Gesetzesänderung
Sobald ein kommunales oder privates Unternehmen einen Graben für den Glasfaserausbau ausgehoben hat, dürfen Wettbewerber ihr Kabel einfach mit verlegen. Sie dürfen das auch dann, wenn das kommunale Unternehmen (das der Gemeinde oder Stadt gehört) das Glasfasernetz eigenwirtschaftlich ausbaut, ohne dafür öffentliche Gelder zu bekommen. Das Unternehmen trägt also das volle wirtschaftliche Risiko.
Das ist aber ein großer "struktureller Wettbewerbsnachteil": Zum einen umgehen Wettbewerber die ursprünglich "zu hohen" Kosten für den Tiefbau. Es kommt zu einem volkswirtschaftlich unsinnigen Über- und Doppelausbau von Leitungen. Zum anderen werden die Investitionen kommunaler Unternehmen entwertet. Schlimmstenfalls müssen sie den Glasfaserausbau einstellen.
Ein Fall aus der Praxis
Wer zuerst Glasfaser ausbaut, ist der Dumme? BREKO und Buglas machen Druck.
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Einfacher erklärt: Ein Ort möchte schnelles Internet. Die Telekom wird gefragt und sagt "lohnt sich für uns nicht, machen wir nicht." Nun entschließt sich ein kommunales Unternehmen (z.B. die örtlichen Stadtwerke) selbst zu bauen. Sie sind verpflichtet, allen anderen Firmen, die auch etwas verlegen wollen oder könnten, das öffentlich mitzuteilen. Nun ist der Graben offen: Das Mitverlegen eigener Leitungen ist weitaus billiger, als selbst auch komplett aufgraben zu müssen. Die ursprüngliche Idee dabei war sinnvoll: Dass Fernwärme, Gas, Wasser, Strom und Telefon einfacher und schneller verlegt werden könnten, wenn da sowieso gerade ein Graben "offen" ist.
Durch die Investition der kommunalen Firma wird aber das Verlegen neuer schnellerer Leitungen beispielsweise für die Telekom plötzlich preislich interessant. Sie legt also ihre eigenen Leitungen dazu. Nun passiert das, was die bauenden (kommunalen) Unternehmen gar nicht gebrauchen können: Die Bestandskunden der Telekom freuen sich über schnelleres Internet und bleiben bei der Telekom. Zum neuen (kommunalen) Unternehmen geht kaum jemand, vielleicht weil sie teurer sind oder Pionier-Kunden schlechte Erfahrungen damit gemacht haben. Das neue (kommunale) Unternehmen hat für den Ausbau eigenes Geld aus dem Fenster geworfen und erreicht aber kaum Kunden. Ergo: Das (kommunale) Unternehmen baut lieber erst gar nicht und wartet, bis jemand anders baut. Der "Andere" denkt genauso, also wird lieber nicht gebaut.
Ist das Problem lösbar?
Die Idee der privaten Anbieter ist nun: Wenn einer ein eigenes Kabel legt, muss er das den anderen zu "fairen Konditionen" vermieten, wenn sich Interessenten melden. Doch was sind "faire Konditionen"? Da geht es nur um den Preis. Baut eine Gemeinde erstmalig, kann es gut ein, dass sie höhere Kosten hat als eine Telekom, die viel Erfahrung und bessere Einkaufskonditionen hat. Ergo wird die Telekom das Angebot der Gemeinde oder des anderen Unternehmens "ablehnen" oder einen Preis fordern, der für die privaten Netz-Bauer "unattraktiv" ist. Und selbst wenn man sich einigt, wird die Telekom ihre Bestandskunden mitnehmen und sich der Auf- oder Ausbau für den "Neuen" gar nicht mehr lohnen.
Bliebe eine andere Variante: Der kommunale Unternehmer baut, betreibt aber die verlegten Fasern nicht selbst, sondern vermietet sie an andere Netzbetreiber zu gleichen Konditionen. Auch hier muss das Angebot so attraktiv sein, dass es sich für eine Telekom nicht lohnt, selbst ein Netz zu bauen oder zu betreiben. Sobald schon Leitungen liegen, wird eine Telekom diese verwenden, so lange und so gut es geht, schließlich haben sie ja irgendwann einmal Geld gekostet und haben einen "Wert". Und das ist der Grund, warum es soviel Vectoring gibt, das bestehende Netz kann optimaler genutzt werden, kompletter Neubau wäre teurer.
Der viel zitierte und eigentlich gewünschte Wettbewerb ist nicht so tragfähig, dass in einer (kleineren) Gemeinde drei oder vier Anbieter parallel mit eigenen Leitungen existieren können. Der Kunde ist da rigoros: Telefon und Internet sollen da sein und funktionieren und möglichst günstig sein. 20-30 Euro Flatrate im Monat, das wäre so eine Summe, 50 Euro ist das Höchste der Gefühle. Glasfaser wäre schick, aber (mehr) kosten, darf sie nicht.
Als Schiedsrichter ist am Ende die Bundesnetzagentur gefragt. Die entscheidet dann auch - irgendwann -, nur das kann dauern. Und solange warten die Bürger auf ihr schnelleres Internet.