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Editorial: Wer traut sich an die nächste Akku-Revolution?

Dreifache Kapazität bei gleichem Gewicht in greifbarer Nähe
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In Prototypen und Kleinserien machen Lithium-Schwefel-Akkus, bis auf die kleine Zyklenzahl, bereits eine extrem gute Figur. Sie erreichen bereits fast das Doppelte der Energiedichte herkömmlicher Li-Ion-Akkus. Weitere Steigerungen sind zu erwarten; das theoretische Limit von Lithium-Metall-Schwefel-Akkus liegt beim über Zehnfachen herkömmlich Li-Ion-Akkus!

Offensichtlich verläuft die Entwicklung kommerzieller Li-Ion-Akkus in Phasen: Während in den Jahren rund um die Jahrtausendwende die Steigerung der Energiedichte von anfangs ca. 100 Wattstunden pro Kilogramm auf die heute noch gültigen 200 Wattstunden pro Kilogramm im Vordergrund stand, war es in den letzten fünf Jahren vor allem die Verbesserung der Zuverlässigkeit und Haltbarkeit: Berichte über explodierende Handy- oder Laptop-Akkus und damit verbundene Rückrufaktionen sind selten geworden. Zeitgleich steigerte sich die typische Lebenserwartung von ein bis maximal zwei Jahren auf drei bis (bei guten Akkus) zehn Jahren und mehr.

Akkus benötigen mehr Kapazität

Smartphones leiden unter kleinen Akkus. Smartphones leiden unter kleinen Akkus.
Bild: teltarif.de
Der nächste Zyklus dürfte nun wieder der Erhöhung der Kapazität gewidmet sein. Dabei werden die Verbraucher sogar gewisse Rückschläge bei der Zahl der Ladezyklen akzeptieren: Wenn sich die Kapazität verdoppelt, muss man den Akku auch nur noch halb so häufig aufladen, um insgesamt dieselbe Energiemenge zu speichern. Folglich wäre es dann auch verschmerzbar, wenn die Zahl der Ladezyklen, bevor spürbarer Kapazitätsverlust auftritt, von aktuell 1 000 bis 2 000 wieder auf 500 bis 1 000 sinkt. Aktuelle Kleinserien von Lithium-Schwefel-Akkus kommen freilich nur auf 50 bis 100 Zyklen - das ist noch zu wenig.

Erste Forscher schaffen aber bereits 500 Zyklen, siehe vorherige Seite. Nächster Schritt ist nun, dass die Industrie eine Kleinserie der neuen Zellen baut und testet, ob diese ebenfalls 500 Zyklen durchhält. Dann stellt sich für die etablierten Großserienhersteller von Li-Ion-Zellen die Frage, ob und wann auch sie einsteigen: Der Aufbau entsprechender Fertigungsstraßen ist teuer, und die Gefahr, dass sich erst beim massenhaften Einsatz versteckte Schwächen und Sicherheitsprobleme zeigen, die dann zu kostspieligen Rückrufprogrammen führen, ist hoch.

Energiedichte wird sich weiter erhöhen

Bei der durchaus erreichbar erscheinenden Energiedichte von 600 Wattstunden pro Kilogramm, dem dreifachen bisheriger Li-Ion-Akkus, wird immerhin bereits die halbe Energiedichte von TNT erreicht. So explosiv wie Sprengstoff wird ein Akku natürlich nie werden; die chemisch gebundene Energie wird in diesem selbst bei einem Unfall nur nach und nach freigesetzt und nicht auf einen Schlag. Die Probleme, die beispielsweise Boeing mit Akkubränden an Bord der neuen 787 (alias "Dreamliner") hat, zeigen, das Vorsicht angebracht ist: Erst rauchte der Hauptakku im Laderaum hinten ab, dann in einem anderen Flugzeug der Hauptakku vorne, und seit wenigen Tagen steht eine vergleichsweise kleine, nicht wiederaufladbare Lithium-Batterie in einem Notfall-Peilsender in Verdacht, ein Feuer ausgelöst zu haben, das sogar auf den aus Carbonfasern gefertigten Rumpf übergriff. Ob ein interner Schaden in der Batterie oder ein externer Kurzschluss zur Überhitzung und dem folgenden Feuer führte, ist freilich noch komplett offen.

Gelingt es, die Energie in Lithium-Schwefel-Akkus oder anderen Nachfolgern der aktuellen Generation der Lithium-Akkus sicher zu kontrollieren, lässt sich damit aber auch sehr viel Geld verdienen: Wie viele Verbraucher wünschen sich ein Smartphone, das wirklich einen langen Tag intensiver Nutzer ohne Nachladen durchhält? Auch bei Tablets und Laptops verlangen die Verbraucher nach immer höherer Mobilität, also geringerem Gewicht bei längerer Betriebsdauer auch abseits von Steckdosen. Entsprechend werden Verbraucher bereit sein, für besonders kleine und leichte Akku-Zellen überproportional viel zu bezahlen. Da bei den neuen Zellen möglicherweise sogar die Rohstoffkosten sinken, dank besserer Nutzung des eingesetzten Lithiums und entfallender Kosten für teure Übergangsmetalle wie Kobalt oder Mangan, sollte zumindest anfangs mehr als genug bei den Herstellern hängen bleiben, um die hohen Entwicklungs- und Testkosten zu rechtfertigen. Steht also die nächste Akku-Revolution vor der Tür?

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