Neuer Job

"No disconnect": Guttenberg wird EU-Berater für freies Internet

Karl-Theodor zu Guttenberg soll Cyberaktivisten in Autokratien unterstützen
Von Marc Kessler mit Material von dpa und dapd

zu Guttenberg und Kroes Karl-Theodor zu Guttenberg
und EU-Kommissarin Neelie Kroes
Foto: dpa
Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird künftig als Berater für die Europäische Kommission arbeiten und soll dabei die Freiheit des Internets weltweit fördern. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Neelie Kroes, ernannte Guttenberg heute als Berater für die neue "No-disconnect"-Strategie der EU. Diese setzt sich dafür ein, "dass die Menschenrechte und Grundfreiheiten sowohl online als auch offline gewahrt bleiben und andere Elemente der Informations- und Kommunikations­technik treibende Kräfte zugunsten politischer Freiheit, demokratischer Entwicklung und wirtschaftlichen Wachstums bleiben können".

Kroes: Guttenberg soll sich für Freiheit und Menschenrechte einsetzen

zu Guttenberg und Kroes Karl-Theodor zu Guttenberg
und EU-Kommissarin Neelie Kroes
Foto: dpa
EU-Kommissarin Neelie Kroes sagte zur Ernennung Guttenbergs: "Die Technik kann Menschenrechten dienen, wir müssen aber sicherstellen, dass sie nicht gegen diejenigen eingesetzt wird, die nach Freiheit streben. Ich wünsche mir, dass Karl-Theodor zu Guttenberg diese Angelegenheit mit Regierungen und Nichtregierungs­organisationen aufgreift und dafür sorgt, dass sie die Aufmerksamkeit, das Interesse und die Unterstützung erhält, die sie verdient."

Konkret soll zu Guttenberg als Berater zur Seite stehen, um die Internet-Freiheit und die Demokratie in Ländern aufzubauen und zu unterstützen, "in denen aus Sicht Europas ein lebendiges und offenes Internet nicht die Norm ist oder schwere Menschenrechts­verletzungen stattfinden". Hier geht es um die Fragestellung, "wie Internet-Nutzer, Blogger und Cyberaktivisten in autoritär regierten Ländern auf Dauer unterstützt werden können".

Warum für diese Aufgabe ausgerechnet Karl-Theodor zu Guttenberg qualifiziert ist, teilte die EU nicht mit. Der Ex-Minister sieht seinen Berater-Job bei der EU indes nicht als Sprungbrett zurück in die Politik: "Dies ist kein politisches Comeback", sagte Guttenberg. Er bleibe vorerst in den USA. "Sie sehen mich nicht in Deutschland", sagte er. "Ich plane nicht, in den kommenden Wochen oder Monaten zurückzukehren."

Guttenberg will mit Inhalten überzeugen

Von Nachfragen, ob die Diskussion über seine Glaubwürdigkeit seinem Auftrag nicht schaden werde, zeigte sich Guttenberg unbeeindruckt. "Der Sache tut es gut, wenn man mit Inhalten überzeugen kann. Und das will ich tun." Seine Aufgabe will der Ex-Minister vor allem aus den USA ausüben. Kroes stellte klar, dass er für seine Tätigkeit kein Gehalt bekomme, sondern nur eine Erstattung der Reisekosten.

In Deutschland war der CSU-Politiker gestürzt, nachdem Aktivisten im Internet auf der Webseite "Guttenplag" dokumentiert hatten, wie viele Passagen seiner Doktorarbeit abgeschrieben waren. Die Plagiatsvorwürfe hatten ihn seinen Doktortitel gekostet. Ein Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung wurde eingestellt. Seit Veröffentlichung seines Interview-Buchs "Vorerst gescheitert" Ende November wird in Deutschland über ein politisches Comeback Guttenbergs diskutiert.

Internetnutzer kommentieren Guttenberg-Beruf teilweise mit Häme

Im Internet regt sich indes bereits Widerstand gegen den neuen Job Guttenbergs: Der Initiator des GuttenPlag-Wikis, das maßgeblich zur Aufdeckung der Plagiate in Guttenbergs Doktorarbeit beigetragen hatte, sprach dem Politiker die Kompetenz für die Aufgabe ab. "Diesem Mann ist das Internet bislang egal gewesen", sagte der Doktorand. Zu Freiheitsrechten habe sich der Ex-Minister bisher praktisch gar nicht geäußert.

Etliche Twitter-Nutzer begleiteten die Diskussion mit den Schlagworten (Hashtags) "Lügenbaron" und "fraudster", deutsch: Betrüger. Mathias Schindler, im Hauptberuf Projektmanager bei Wikimedia Deutschland, kommentierte sarkastisch, Guttenberg führe "als Qualifikation für Netzsperrenkampf seinen Kampf für Netzsperren an". Vom "Guttenbock zum Gärtner" habe Kroes den Politiker gemacht, meinte der Nutzer "ekkemel". Und der Verein Digitale Gesellschaft verriet, wie er sich Hilfe für "echte Netzaktivisten" vorstellt: in Form einer Spende.

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