Schulen am schnellen Netz - Schüler zu Hause aber nicht?
Verschiedene Bundesländer sind aktuell dabei, ihre Schulen mit Glasfasern zu versorgen. Dazu werden Orte quer durchs Land umgegraben, um die Schulen endlich anzuschließen. Schon 2006 feierte die Telekom 10 Jahre "Schulen ans Netz", eine Initiative, die am 18. April 1996 mit dem damaligen Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Prof. Jürgen Rüttgers, und der Deutschen Telekom gestartet worden war.
Das Bild stammt von 2006 und wurde bei der Feierstunde für 10 Jahre Schulen ans Netz aufgenommen (im Bild Telekom-Chef Ricke jr.)
Foto: Picture-Alliance/ dpa
Das Ziel damals: Alle 34.000 Schulen in Deutschland sollte „Schulen ans Netz“ mit einem Internetzugang versorgen. Bis dahin verfügten nur 800 über diesen "Luxus". Die Idee des Internets in Schulen war damals heiß umstritten. "Brauchen wir das?" 2012 wurde die Aktion für beendet erklärt, Ziel erreicht?
Seitdem ist offenbar lange wenig passiert. Da konnte es passieren, dass eine Glasfaser "vom falschen Anbieter" (in diesem Falle der Telekom) an eine Schule führte, aber aus rein lokalpolitischen Motiven nicht angeschlossen werden durfte - so geschehen in Sachsen-Anhalt, wo ein kommunaler Anbieter des Landkreises unbedingt zum Zuge kommen sollte.
Der Druck wuchs allmählich und inzwischen ist einiges in Bewegung geraten. So nannte die Digitalministerin des Bundeslandes Hessen, Prof. Dr. Kristina Sinemus, heute aktuelle Zahlen: Stand Juli 2022 seien 81 Prozent oder in Zahlen 1.616 der insgesamt 2.005 Schulen in Hessen „gigabitfähig“ angebunden. In anderen Bundesländern könnte es inzwischen ähnlich aussehen.
Bis Ende 2022 alle Schulen ans Netz?
Offenbar wurde das Ziel aufgerufen, bis Ende 2022 nahezu alle öffentlichen Schulen ans schnellstmöglichste Netz anbinden. In Hessen könnte das beispielsweise gelingen, in anderen Bundesländern möglicherweise auch. Im benachbarten Rheinland-Pfalz hat der Landkreis Bad Dürkheim eine Ausschreibung für graue Flecken gemacht, welche die inzwischen zur Deutschen Glasfaser gehörende Firma "inexio" (Markenname "Quix") gewonnen hat.
Eine Horizontal-Bohrmaschine "Witch Ditch" gräbt sich durch die Bad Dürkheimer Innenstadt (Rheinland-Pfalz), um eine Schule in einem Außenbezirk zu erreichen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Angeschlossen werden dürfen aber nur Randbezirke unterhalb der "Aufgreifschwelle" und Schulen. Die Kleinstadt Bad Dürkheim (20.000 Einwohner) wird derzeit von Bautrupps im Auftrag von inexio durchquert, um die Schulen der Stadt zu erreichen. Die Haushalte am Wegesrand wurden offenbar nicht gefragt.
Das Ziel sei es, so erklärt es die Politik, Schulen, Schülerinnen und Schüler an die digitale Welt heranzuführen. Bezahlt wurde der Ausbau von Bund, Land und Städten bzw. Kreisen. Ob die Schüler damit auch zu Hause „gigabitschnell“ surfen und arbeiten können, wurde nicht weiter erwähnt.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Aktuell werden viele Städte und Gemeinden, von vorne bis hinten aufgegraben, nur um Schulen und Bildungseinrichtungen mit schneller Glasfaser zu versorgen. Haushalte oder Gewerbebetriebe, die am Wege liegen und sicher gerne auch Glasfaser hätten, bekommen aber nichts. Fehlanzeige - das ginge nicht, weil ja sonst die „Förderung gefährdet“ sei.
Ja, gehts noch? Und in ein, zwei oder drei Jahren werden diese Städte und Gemeinden dann erneut wieder aufgegraben, um die Haushalte unterhalb der Aufgreifschwelle (aktuell 30 MBit/s und bald 100 MBit/s) oder mit dem gesetzlichen Recht auf schnelleres Internet auszubauen? Und in vier bis sechs Jahren folgt dann (vielleicht) der Rest? Mit Verlaub: So wird das nichts!