Internetverkehr

Internetausfall: Millionen Chinesen ohne Internet

Millionen Chinesen waren für zwölf Stunden offline. Dieser Internetausfall ist ein hohes Sicherheitsrisiko, da er von Hackern ausgenutzt werden kann. Die Ursachen für das Problem sind noch unklar.
Von dpa / Jennifer Buchholz

Angeblich hat der Root-Server des chinesischen DNS nicht mehr richtig funktioniert Millionen Chinesen am Dienstag ohne Internet
Bild: dpa
Durch einen massiven Ausfall des Internets in China hatten Millionen Menschen gestern plötzlich keinen Zugang mehr zu Webseiten, sozialen Medien oder anderen Online-Diensten. Die Ursache der ungewöhnlichen Unter­brechung könnte ein Hacker­angriff gewesen sein, wie die Nachrichten­agentur Xinhua berichtete. Nach offiziell unbestätigten Medien­berichten sollen zwei Drittel des chinesischen Internets betroffenen gewesen sein.

Der Internetverkehr sei aus ungeklärter Ursache auf die amerikanische IP-Adresse 65.49.2.178 in Kalifornien umgeleitet worden, die nicht reagiert habe. Der Zugriff auf Web­seiten habe somit nur noch Fehler­nachrichten erzeugt. Die Root-Server des chinesischen Domain-Namensystems hätten nicht mehr richtig funktioniert, berichtete das China Internet Network Information Center laut Xinhua.

Hacker können Ausfall ausnutzen

Solche Fehler hätten auch durch Hacker ausgenutzt werden können, indem die IP-Adresse benutzt worden sein könnte, um Informationen über Nutzer abzufischen, sagte demnach Song Yingqiao, ein Experte der Online-Sicherheits­firma 360 Safe Guard. Die Möglichkeit eines Hacker­angriffs könne nicht aus­ge­schlossen werden, sagte auch Dong Fang, ein anderer Internet­experte, laut Xinhua. "Theoretisch könnten Hacker die Kontrolle über die Server übernommen haben."

Angeblich hat der Root-Server des chinesischen DNS nicht mehr richtig funktioniert Millionen Chinesen am Dienstag ohne Internet
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Der schwer­wiegende Internet­aus­fall hatte nach den Berichten gegen 15 Uhr Ortszeit (8 Uhr MESZ) begonnen. Die meisten Webseiten seien etwa zwei Stunden später wieder zugänglich gewesen. Doch könnte eine komplette Wieder­her­stellung des Internets bis zu zwölf Stunden dauern, berichtete der chinesische Inter­net­anbieter DNSpod der Hong­konger Zeitung South China Morning Post. Viele Dienste von Online-Riesen wie der Such­maschine Baidu oder der großen Portale Sina und Tencent mit seinen Kurz­nachrichten­diensten seien stunden­lang nicht zugänglich gewesen.

Die Ziel­adresse in Kalifornien, auf die der Inter­net­verkehr merk­würdiger­weise umgeleitet wurde, gehört dem Webhoster Sophidea, wo - aus chinesischer Sicht - auch heikle Webseiten beheimatet sind, darunter die Epoch Times, eine Zeitung der in China verbotenen Kultbewegung Falun Gong. Mitglieder der chinesischen Internetgemeinde spekulierten, die chinesische Zensur habe versucht, die Adresse zu sperren, aber versehentlich den chinesischen Internet­verkehr nach Kalifornien geleitet.

Andere Nutzer fragten sich, ob der Ausfall durch eine Modernisierung der Großen Firewall, des großen Schutzwalls gegen missliebige Internetseiten, passiert sein könnte. Doch hielten Experten einen Hacker­angriff für wahrscheinlicher. "Eine Verbesserung der nationalen Firewall ist normalerweise ein schrittweiser Prozess, der sorgfältiges Vorgehen erfordert und wahrscheinlich nicht die Server lahmlegt", sagte ein Pekinger Experte, der anonym bleiben wollte, der South China Morning Post.

Nur Internetnutzer, die einen Tunneldienst zur Umgehung der Zensur und Blockaden benutzen, waren nicht von dem Ausfall betroffen. Solche meist kommerziellen VPNs betreiben Server im Ausland, über die Nutzer dann verschlüsselt im Internet surfen. Da Facebook, Twitter, Youtube und eine große Zahl kritischer Webseiten oder Zeitungen wie die New York Times in China gesperrt sind, sind diese Tunneldienste in China sehr beliebt.

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