US-Justiz erfasst massenhaft Handy-Daten mit IMSI-Catchern an Flugzeugen
Die US-Justiz erfasst mit entsprechend ausgerüsteten Kleinflugzeugen systematisch die Aufenthaltsorte von Tausenden Handy-Nutzern.
Grafik: Wall Street Journal
Es ist ja nicht so, dass einen es nach den Enthüllungen der vergangenen Jahre noch überraschen würde, aber das
Ausmaß der Überwachung ist immer noch größer als angenommen: Das
US-Justizministerium erfasst laut einem
Zeitungsbericht mit Hilfe fingierter Mobilfunkzellen von
Spezialflugzeugen aus systematisch die Aufenthaltsorte zehntausender Handy-Nutzer.
Ziel dieser Überwachung sei es, Verdächtige ausfindig zu machen, aber zunächst würden auch
Daten vieler Unbeteiligter in das System hineingesogen, berichtete heute
das Wall Street Journal.
Die US-Justiz erfasst mit entsprechend ausgerüsteten Kleinflugzeugen systematisch die Aufenthaltsorte von Tausenden Handy-Nutzern.
Grafik: Wall Street Journal
Die in der Szene "Dirtbox" genannten manipulierten Funkzellen werden
in Kleinflugzeugen wie einer Cessna installiert, mit denen man auch
über größere Menschenansammlungen fliegen kann. Die Handys der
Anwender am Boden verbinden sich mit diesen Zellen, weil sie
grundsätzlich darauf getrimmt sind, den Mobilfunkmast mit dem
stärksten Signal anzusteuern - in diesem Fall ist das die Dirtbox.
Beim Kontakt werden Daten übermittelt,
mit denen sich ein Mobiltelefon eindeutig identifizieren lässt, etwa
zu Abrechnungszwecken.
Dem Bericht zufolge pickt das System die Handys Verdächtiger aus dem Datenstrom heraus und verwirft die restlichen Informationen. Es bleibe allerdings unklar, wie genau dafür gesorgt werde, dass sie tatsächlich gelöscht und nicht noch eventuell für eine spätere Nutzung aufgehoben werden.
Neue Technik holt Daten vom Gerät
Bei Personen, für die sich die Behörden interessieren, lasse sich der Aufenthaltsort bis auf etwa drei Meter genau feststellen, hieß es unter Berufung auf Insider. So könne man zum Beispiel erkennen, in welchem Raum eines Gebäudes sich ein Handy befindet. Laufende Telefongespräche könnten mit der Verbindung zur fingierten Mobilfunk-Antenne der Behörden abbrechen. Allerdings sollen Telefonate mit Notrufdiensten davon nicht betroffen sein.
Neuere Versionen der Technik könnten zum Teil auch Daten von den Geräten abschöpfen, schrieb das Wall Street Journal. Es sei aber unklar, ob diese Anlagen auch in den USA zum Einsatz kämen, oder nur im Ausland. Dort werde mit Hilfe der falschen Mobilfunkzellen zum Beispiel versucht, Terrorverdächtige aufzuspüren. Dass die Amerikaner solche Methoden etwa in Krisengebieten nutzen, wurde bereits im Zuge der NSA-Enthüllungen bekannt. Ein großflächiger Einsatz im eigenen Land wäre allerdings neu.
Die Kleinflugzeuge mit den Funkzellen würden regelmäßig von mindestens fünf Flugplätzen im Umfeld von US-Großstädten eingesetzt, schrieb das Wall Street Journal. Das Programm unter dem Dach des U.S. Marshals Service, das zum Justizministerium gehört, laufe in vollem Umfang seit 2007. Ziel sei, etwa nach mutmaßlichen Drogendealern oder Mordverdächtigen zu suchen. Offiziell wolle das Justizministerium die Existenz des Systems weder bestätigen noch dementieren.
Inwieweit die Aktionen von Gerichten genehmigt werden, sei unklar. Sie sanktionierten zwar die Suche nach Verdächtigen, dabei bleibe aber möglicherweise im Dunkeln, welche Methoden genau dafür eingesetzt würden, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Die Behörden könnten die Ortungsinformationen zwar auch von den Mobilfunk-Betreibern anfordern, aber sie fänden das Verfahren zu langsam und die Daten zu ungenau, schrieb das Blatt.