FTTH

Zorneding: Flächendeckend Glasfaser ohne Fördermittel?

Viele Gemeinden möchten gerne schnelles Internet. In Zorneding könnte es flächendeckend Glasfaser ohne staatliche Förderung geben, wenn 40 Prozent der Haushalte mitmachen.
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Deutsche Glasfaser Zorneding Glasfaser-Infostand an einem Samstag-Vormittag am Supermarkt
Bild: Peter Pernsteiner
Schnelles Internet ist in vielen Gemeinden ein aktuelles Thema. Die Gemeinde Zorneding mit knapp 10 000 Einwohnern im Landkreis Ebersberg (bei München) könnte allerdings bald bundesweit für Gesprächsstoff sorgen: Kostenlos installierte Glasfaseranschlüsse bis in jede Wohnung – und das auch noch ohne staatliche Förder­pro­gramme oder Gemeindezuschüsse. Erst wenn der Anschluss dann vom Kunden genutzt wird, fallen relativ moderate Kosten an.

Telekom (V)DSL nicht im gesamten Ort vertreten

Deutsche Glasfaser Zorneding Glasfaser-Infostand an einem Samstag-Vormittag am Supermarkt
Bild: Peter Pernsteiner
Aktuell bietet die Deutsche Telekom im Ortskern von Zorneding VDSL über Kupferleitungen mit "bis zu 50 MBit/s" und in den Randgebieten ADSL mit "bis zu 16 MBit/s" an, jedoch nicht am gesamten Ort, wie der Technik-Journalist und Zornedinger Gemeinderatsmitglied Peter Pernsteiner im Gespräch mit teltarif.de erläuterte.

Bei künftig kommenden Anwendungen wie Videostreaming von UHD-TV-Sendungen aus Mediatheken oder Software-Updates für die zahlreichen Computer bei Freiberuflern oder Familien mit multimedial aktiven Kindern könne man schnell an Grenzen stoßen, zumal die "bis-zu"-Werte ja in der Praxis nicht immer ganz erreicht werden. Auch die zunehmende Cloud-Speicherung erfordert zunehmend symmetrische Datenleitungen, die beim Up- und Download gleiche Datenraten erlauben, so Pernsteiner.

Kompliziertes Antragsverfahren auf Fördermittel

Zunächst hatte sich die Gemeinde Zorneding um Fördermittel bemüht und bei der Deutschen Telekom angefragt: Sie wollten nur das Gewerbegebiet und den eigentlichen Dorfkern selbst ausbauen. Dadurch war die Ausschreibung des Restgebietes für andere Investoren nicht mehr so attraktiv.

Ein förderfähiger Ausbau muss technologieneutral ausgeschrieben werden. Da die Gemeinde unbedingt echte Glasfaser wollte, hatte sie mit 200 MBit/s ausgeschrieben, was in der Praxis nur mit Glasfaser bis ins Haus sinnvoll lösbar ist. In buchstäblich letzter Sekunde meldete sich das private Unternehmen Deutsche Glasfaser: Diese sagten einen flächendeckenden Ausbau der gesamten Gemeinde und weiterer Ortsteile zu und zwar ohne jegliche öffentliche Förderung. Einzige Bedingung: Es müsse eine Anschlussquote von 40 Prozent aller Haushalte erreicht sein, bevor gebaut werde. Somit musste das Förderverfahren ausgesetzt, die Angebote weiterer Unternehmen ungeöffnet zurückgeschickt werden. Wäre es zur staatlichen Förderung gekommen, hätte sich die Gemeinde mit 600 000 bis 800 000 Euro selbst daran beteiligen müssen.

Vorverträge unterzeichnet

Im August 2016 fand die Vertragsunterzeichnung der Gemeinde Zorneding mit dem Unternehmen Deutsche Glasfaser statt. In diesem Jahr soll das gesamte Ortsgebiet mit Glasfaser ausgebaut werden, wenn die 40 Prozent erreicht werden. Während der sogenannten Markterkundung werden alle Haushalte in Zorneding abgefragt, ob sie anschließen möchten. Bis 13. Februar 2017 haben die Bürger von Zorneding, Ingelsberg, Pöring und Wolfesing noch Zeit, um einen Vertrag für einen Glasfaseranschluss abzuschließen.

Für die Gemeinde und ihre Bürger lohnt sich das auf jeden Fall: Es müssten keine Zuschüsse aus dem örtlichen Gemeindehaushalt bezahlt werden und die Bürger bekämen gleich echte Hochgeschwindigkeits-Anschlüsse, die bereits heute bis zu 1 Gigabit/s symmetrisch übertragen können (also jeweils 1 GBit/s im Up- und Download). Gestartet wird mit 100 oder 200 MBit/s, je nachdem, was der Kunde bestellt. Geschäftskunden können schon jetzt 1 GBit/s bestellen.

Glasfaser-Internet ab 35 Euro im Monat

Das Preismodell der Deutschen Glasfaser kommt Kunden entgegen, die nur wenig telefonieren wollen oder müssen, weil der darin enthaltene Telefonanschluss nur eine Ortsnetz-Flatrate innerhalb des lokalen Glasfasernetzes enthält. Theoretisch wäre auch denkbar, den alten Kupferanschluss der Telekom parallel für das Telefon weiter zu nutzen.

Bereits ab 35 Euro im Monat soll es in Zorneding 100 MBits/s symmetrisch via Glasfaser geben. Wem das "zu langsam" erscheint, kann für weitere 10 Euro monatlichen Aufpreis auf 200 MBit/s (ebenfalls symmetrisch) aufsteigen. Telefonie ist in der Grundausstattung mit einer Leitung bereits enthalten. Wer viel telefonieren möchte, kann für 5 Euro extra im Monat eine Telefonflatrate ordern. Weitere 1,50 Euro Aufpreis kosten zwei Leitungen, womit parallel telefoniert werden kann (wie früher bei ISDN). Weitere Rufnummern kosten einmalig 2 Euro das Stück. Verbindungen zu deutschen Mobilfunknetzen können für eine monatliche Pauschale von 10 Euro abgegolten werden, auch zwei Auslands-Festnetz-Flatrates sind als Option buchbar.

Nach zwei Jahren wird es teurer - Wechsel möglich

Wie heute leider oft üblich, soll der Basistarif zwei Jahre nach Inbetriebnahme des jeweiligen Glasfaseranschlusses von 35 Euro auf 47 Euro pro Monat steigen. Der Kunde kann zu diesem Zeitpunkt auch zu einem andern Anbieter wechseln, etwa zum im Haus sicher noch vorhandenen Kupferanschluss (beispielsweise der Deutschen Telekom oder ihrer privaten Konkurrenten) oder zu einem anderen Anbieter, der dann die Glasfaser der Deutschen Glasfaser diskriminierungsfrei nutzen kann (was bis dahin vielleicht sogar die Deutsche Telekom sei könnte).

Mindestens 40 Prozent, sonst läuft nichts...

Bevor aber die Bagger anrollen, darf das FTTH-Netz nur gebaut werden, wenn mindestens 40 Prozent der Haushalte bis zum Stichtag einen Vertrag unterschrieben haben, das macht die Deutsche Glasfaser, hinter der private Investoren stehen, als Bedingung.

In diesen Tagen fanden im Ort gut besuchte Infoabende statt. Ein Servicepunkt-Infoladen hat Mittwoch bis Samstag geöffnet und Vertriebsmitarbeiter sind zu Hausbesuchen unterwegs. Es gab auch einen Glasfasertag in der Schulturnhalle. Nun gilt es die 40-Prozent-Quote zu erfüllen, sonst heißt es in Zorneding wieder: "Alles auf Anfang".

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