Glasfaserausbau: Wenn Fingerspitzengefühl gefragt ist
Bei Hitze im Sommer, Kälte im Winter oder schlechten Lichtverhältnisse im Keller wird gespleißt, das heißt, die Enden zweier Glasfasern werden zusammengefügt. Dabei ist Sorgfalt oberstes Gebot, denn die Verbindung muss dauerhaft halten und bruchfest sein. Kleinste Störungen können das Datensignal verlangsamen. Zwar werden derzeit sehr viele Glasfasernetze errichtet, aber da Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern spät mit dem Glasfaserausbau gestartet ist, gibt es einen hohen Schulungsaufwand. „Alles, was unseren Kollegen im Netz begegnet, müssen sie in den Schulungsräumen in Stuttgart oder Hamburg lernen“, sagt Georg Elsner, der bei der Deutschen Telekom Techniker trainiert.
Im Beisein von Walter Goldenits, Technik-Chef Telekom Deutschland (l.), überzeugt sich Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, wie filigran es beim Spleißen von Glasfaser zugeht
Wolfram Scheible
Diese Techniker sorgen dann unter anderem im Landkreis Rottweil dafür, das in den nächsten drei bis vier Jahren 3000 Haushalte und 1500 Gewerbebetriebe einen Glasfaseranschluss bekommen. Der Landkreis erhält Fördermittel in Höhe von 54 Millionen Euro. „Wir haben hier bereits vor Jahren den weitaus größten Teil der Haushalte mit schnellem Internet versorgt. Dann folgten die Schulen. Nun geht es um die verbliebenen weißen Flecken bei den Privathaushalten und um die Gewerbegebiete“, sagte Walter Goldenits, Geschäftsführer Technologie der Telekom Deutschland, anlässlich des Projektstarts.
Die Telekom ist darüber hinaus auch in zahlreichen Neubaugebieten tätig. In den ersten drei Monaten des Jahres hat sie 381 Neubaugebiete mit rund 31.000 Haushalten an ihr Glasfasernetz angeschlossen. Hinzu kommen die Projekte wie in Ueckermünde, Tutzing, Bautzen oder Feldafing, wo insgesamt fast 18.000 Glasfaseranschlüsse entstehen. In einigen Orten baut die Telekom aber auch noch ihr DSL-Netz aus, wie etwa in Heinsberg, Inzell, Kleve oder Rheinhausen. Hier stehen den Einwohner demnächst maximal 250 MBit/s im Downstream zur Verfügung.
Landkreise auf der Zielgeraden
Ohne Förderung geht es auch im Kreis Siegen-Wittgenstein nicht. Hier wird in den kommenden drei Jahren Greenfiber 4125 Adressen mit Glasfaserhausanschlüssen versorgen. „Bis auf acht Anschlüsse haben wir unser bisheriges Etappenziel, 98 Prozent aller Adressen in Siegen-Wittgenstein mit schnellem Internet zu versorgen, bereits erreicht“, erläutert Landrat Andreas Müller: „Jetzt visieren wir das 100-Prozent-Ziel an und starten mit dem Anschluss der letzten beiden Prozent.“ Die Bagger sollen noch im ersten Halbjahr 2022 anrollen. Das Fördervolumen liegt bei 115 Millionen Euro.
Landrat Andreas Müller (l.) und Greenfiber-Geschäftsführer Paul Gummert unterzeichnen den Kooperationsvertrag für den Ausbau der Weißen Flecken im Landkreis Siegen-Wittgenstein
Foto: Kreis Siegen-Wittgenstein
Ebenso wie in Siegen-Wittgenstein befindet man sich auch im Landkreis Görlitz auf der Zielgeraden. Im zehnten und letzten Ausbaucluster begannen Mitte April 2022 die Bauarbeiten für die Versorgung der letzten unterversorgten Haushalte mit Gigabit-Bandbreiten. Allein dieses letztes Ausbauprojekt unterstützt der Bund mit rund 27 Millionen Euro. Dazu kommen rund 13,3 Millionen Euro Landesmittel und der kommunale Eigenanteil von rund 4,4 Millionen Euro. Insgesamt werden damit im Ausbaucluster 10 über 1450 neue Gigabit-Anschlüsse geschaffen, darunter für mehr als 1200 Haushalte, über 220 Unternehmen und 29 Schulen.
Glasfaser von Bremen über Hamburg bis zur Nordsee
Ganz so weit ist man im Landkreis Harburg südlich von Hamburg noch nicht, aber der dort tätige Netzbetreiber Filiago wähnt die Gemeinde Heidenau kurz vor der benötigten Zustimmungsquote. Inzwischen wurden bereits die Bürger der Nachbargemeinde Dohren über die Ausbauplanungen informiert. „Wir gehen davon aus, dass die Zustimmung seitens der Bevölkerung auch in Dohren hoch sein wird, sodass wir die digitale Infrastruktur im Landkreis Harburg und hier vor allen Dingen in der Samtgemeinde Tostedt zügig vorantreiben können“, sagt Filiago-Geschäftsführer Utz Wilke. Läuft alles nach Plan, kann der Netzbau in Dohren ab dem Sommer anlaufen.
Im Landkreis Harburg baut der Netzbetreiber Filiago mit Glasfaser aus. In den zu Tostedt gehörenden Gemeinden Heidenau und Dohren sollen demnächst die Bagger anrollen.
Foto: PREMIUM-NETZ
Nicht weit von Tostedt entfernt ist die Glasfaser Nordwest mit dem Netzausbau in Thedinghausen bei Bremen gestartet. Hier erhalten 1650 Haushalte in zwei Ausbauabschnitten FTTH-Anschlüsse. Die Vermarktung der Anschlüsse startet bereits Anfang Mai 2022. Auch in Hohenkirchen und Horumersiel lässt das Joint Venture des Energieversorgers EWE und der Telekom die Bagger anrollen, um 3000 FTTH-Anschlüsse zu errichten. Außerdem sollen in den nächsten Wochen die Ausbauarbeiten für 1750 Haushalte in Hooksiel an der Nordseeküste beginnen. Neben den Baggern werden dann auch die Telekom-Monteure vor Ort sein, die ihr Geschick im Glasfaserspleißen auch bei einer steifen Brise unter Beweis stellen müssen.