Glasfaser Altmark: Kein schnelles Internet für alle?
Bürger wollen schnelles Internet, kriegen es aber nicht. Minister Scheuer darf die nicht fördern.
Foto: Picture Alliance - dpa
Extra war Digital-Minister Andreas Scheuer in die Altmark im Bundesland Sachsen-Anhalt gereist, um persönlich den Startschuss zu geben. Auf den ersten Blick sah alles großartig aus, endlich wird gebaut und die Internetnutzer bekommen richtig schnelles Internet. Doch offenbar ist das nicht überall so.
Zweckverband gegründet
Bürger wollen schnelles Internet, kriegen es aber nicht. Minister Scheuer darf die nicht fördern.
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Dazu muss man sich die Lage vor Ort genauer anschauen. Um schnelles Internet zu bekommen, wurde im Landkreis Altmark der Zweckverband Breitband Altmark (ZBA) gegründet, der in Eigenregie und mit Fördermitteln des Bundes im Landkreis selbst ein Glasfasernetz aufbauen will. Dieses Netz wird dann an einen Netzbetreiber vermietet, der dann wiederum Verträge mit den eigentlichen Kunden schließt, die darüber schnelles Internet bekommen sollen.
Netzbetreiber DNS:NET
Netzbetreiber und Anbieter für die Altmark ist die DNS:NET Breitband aus Berlin, die für die Altmark eine spezielle Internetseite eingerichtet hat. DNS:Net will Anschlüsse für Privatkunden mit bis zu 500 MBit/s für 49,90 Euro im Monat anbieten, Geschäftskunden können bis zu 1 GBit/s symmetrisch bestellen (der Preis wird nur auf Anfrage verraten).
Die Deutsche Telekom ist an dem Projekt der ZBA nicht beteiligt. Sie hätte sich natürlich in das vom Landkreis zu bauende Netz mit einmieten können, fand daran aber - warum auch immer - keinen Gefallen. Die Telekom hatte in der Region schon lange vorher Vectoring DSL aufgebaut und erweitert jetzt ihr vorhandenes Netz mit Glasfaser bis zum Verteiler auf der Straße (FTTC) und nutzt danach die vorhandene Kupferleitung zum eigentlichen Kunden weiter.
Vereinzelt, so war zu erfahren, plane die Telekom in Sachsen-Anhalt sogar Glasfaser bis ins Haus, aber aus wirtschaftlichen Überlegungen wohl eher in Großstädten, wo mehr Interesse und zahlungskräftigere Gewerbekunden zu erwarten sein dürften. Zumal es für die Telekom ja keine Förderung mehr gibt, weil die ja in der Altmark beispielsweise an den federführenden Zweckverband fließt. Unsere Bitte an die Telekom nach Hintergrundinformationen zum geplanten weiteren Ausbau des Festnetzes in der Region kam die Telekom bislang (wohl aufgrund der aktuellen Urlaubszeit) noch nicht nach.
Komplizierte Gemengelage
Der erweiterte Ausbau des vorhandenen Kupfernetzes durch die Telekom hat die Situation in verschiedenen Orten verkompliziert. Viele potenzielle Interessenten vor Ort finden, dass sie lieber das Angebot der Telekom annehmen möchten, das je nach Ausbau zwischen 50 und 250 MBit/s bringen könnte (aber nicht überall bringen muss), weil die "eh schon da sind", während der komplette Netz-Neubau durch die ZBA und den vor Ort weitgehend unbekannten Betreiber DNS:NET verständlicherweise auf große Skepsis stößt.
Wird gar nicht "überall" gebaut?
Im teltarif.de-Forum berichtet ein Leser aus 39638 Klüden (Gemeinde Calvörde), wo von der Telekom mit VDSL 100 "überbaut" wurde, nachdem dem bekannt geworden war, dass der Landkreis Glasfaser bis in die Häuser legen wollte. Dabei hätten Grundstücke, die zu weit vom Verteiler entfernt liegen, weiterhin "Pech gehabt", da bleibe es auch trotz VDSL bei "langsamer" Geschwindigkeit, weil die Dämpfung viel zu hoch sei. Näher mit den Verteilern an die Kunden heranzubauen (sprich mehr aktive Verteiler vor Ort zu setzen), sei wohl "aus Kostengründen nicht drin".
Nachbarorte wie Dorst (ebenfalls Teil der Gemeinde Calvörde) würden von der Telekom gar nicht ausgebaut (weil zu klein) und sie bekämen nun sicher auch kein Glasfaser vom Altmarknetz mehr, weil vorher schon zu viele Orte abgesprungen seien.
Stromversorger legt Leerrohr
Immerhin habe man im Ort Klüden bei der Verlegung von neuen unterirdischen Stromkabeln durch den Energieversorger Eon wenigstens noch versucht, Leerrohre mit zu verlegen, die sich hoffentlich später für einen Glasfaserausbau nutzen ließen.
Mobilfunk ein Flickenteppich
Auch der Mobilfunkausbau in der Region sei "bis heute ein Flickenteppich: Es geht mal Telekom, Vodafone oder Telefonica, aber von guter Versorgung mit LTE sind wir weit entfernt. Oft bricht selbst auf der B71 zwischen Haldensleben und Gardelegen der Funkkontakt ab."
Wenn Bürger kein schnelles Internet haben dürfen
Dazu kommt noch ein spezielles rechtliches Problem: Es gibt einige Orte wie 39624 Badel (gehört zu Kalbe (Milde)), wo die Bewohner liebend gerne schnelles Internet haben möchten, es aber nicht bekommen dürfen, weil die schwer nachvollziehbaren Förderrichtlinien das "verbieten".
Der Grund: Dort gibt es (theoretisch oder wirklich) schon Internet mit 30 MBit/s und damit darf dort nicht mehr gefördert werden, weil sonst die Investitionen des vorhandenen Anbieters (wohl meist die Telekom) über Nacht "wertlos" gemacht würden.
Viele Interessenten sind entsprechend "sauer" und schimpfen auf den ZBA, der sich wiederum an die Förderrichtlinien halten muss, denn sonst gibt's vom Bund kein Geld. Offenbar ist bei dem Bauprojekt auch nicht vorgesehen, nicht förderfähige Anschlüsse wenigstens zum Selbstkostenpreis anzubieten oder auf die Gesamtkosten umzulegen (sofern das rechtlich möglich wäre).
Einen Teil der Kosten selbst zu bezahlen, würde zwar für manchen Interessenten auch Ärger bedeuten, brächte aber wenigstens schnelleres Internet für alle, die es haben möchten. Offenbar ist das in den Förderrichtlinien nicht vorgesehen, in diesen Gebieten dem bereits existierenden Netzbetreiber die Kosten der Aufrüstung zu erstatten. Minister Scheuer wollte eigentlich den gordischen Knoten durchtrennen, wurde aber offenbar von der EU-Kommission dabei "ausgebremst".
Das alles klingt frustrierend, aber man sollte die Hoffnung nicht aufgeben: Wichtig ist auf jeden Fall, dass interessierte Bürger nicht locker lassen und sich vor Ort oder im Internet sichtbar und klar zu Wort melden. Automatisch passiert hier nichts. In der Altmark haben zahlreiche Bürger bereits eine Petition für schnelles Internet unterschrieben, wie die örtliche Tageszeitung AZ berichtet.