Telefonieren im Ausland

Roaming-Vorstoß der EU: Schnelle Harmonisierung ist fraglich

Neelie Kroes: In der TK-Branche ist "kein Platz für Grenzen"
Von mit Material von dpa

Neelie Kroes: In der TK-Branche ist kein Platz für Grenzen Neelie Kroes: In der TK-Branche ist "kein Platz für Grenzen"
Bild: teltarif.de / Martin Müller
Die EU-Kommission will die Roaming-Gebühren bei Telefonaten im europäischen Ausland im kommenden Jahr ganz abschaffen. Dies ist nicht der erste Vorstoß in diese Richtung. Kommissarin Neelie Kroes, die für Digital-Themen zuständig ist, rief das Europäische Parlament auf, im Frühjahr 2014 ein Gesetzespaket zu verabschieden, das ein Ende der Zusatzkosten vorsieht. "In einer Branche wie Telekommunikation ist kein Platz für Grenzen!" erklärte sie in einer emotionalen Ansprache beim zuständigen Parlamentsausschuss. "Lassen sie uns mobile Roaming-Kosten ein und für alle Mal loswerden", schrieb sie anschließend im Kurzmitteilungsdienst Twitter.

Unter dem Druck aus Brüssel sind die Roaming-Gebühren von einst mehreren Euro pro Minute bereits drastisch geschmolzen. Auch bei Daten-Diensten bieten die Netzbetreiber inzwischen Tages-Flatrates für einige Euro an. Trotzdem birgt der Vorstoß einige Probleme.

Voraussetzungen für Abschaffung der Roaming-Kosten kaum gegeben

Neelie Kroes: In der TK-Branche ist kein Platz für Grenzen Neelie Kroes: In der TK-Branche ist "kein Platz für Grenzen"
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Die Roaming-Gebühren könnten allerdings nur ganz abgeschafft werden, wenn es gelinge, tatsächlich einen einheitlichen europäischen Telekom-Markt zu etablieren, warnte Kroes. Es seien radikale Kompromisse notwendig. Sie will im Sommer ihre Vorschläge für die Reform der Branche vorlegen. Die Kommissarin kündigte bereits an, dass sie auf die bisher angepeilte EU-weite Regulierungsbehörde verzichten werde, um Zeit zu sparen.

Die Idee einer gemeinsamen EU-Regulierungsbehörde war auf Widerstand in den Ländern gestoßen, die ihre Kontrollbefugnisse nicht aufgeben wollten. Um ihre Reformpläne bis zur Neuwahl des Europaparlaments im kommenden Jahr durchzubringen, schwebt Kroes nun ein Kompromiss vor: Sie will vorschlagen, dass sich Telekom-Unternehmen für den Regulierer in einem Land entscheiden können und europaweit nur dieser für sie zuständig wäre.

Einschätzung: Wirtschaftliche Gerechtigkeit schwer herstellbar

Eine der Hauptfragen, die sich momentan stellt ist: Wie will EU-Kommissarin Neelie Kroes eine wirtschaftliche Gerechtigkeit zwischen den EU-Ländern herstellen? Gerade in Südeuropa gibt es klassische Urlaubsländer wie Spanien, Italien oder Griechenland, die insbesondere in den Sommermonaten einen starken Ansturm ausländischer Touristen erleben. Für diese wäre es zwar ein toller Service, wenn sie dort zum selben Preis wie im Heimatnetz telefonieren könnten. Doch werden auf der anderen Seite auch "genügend" Italiener, Griechen und Spanier in anderen EU-Ländern Urlaub machen, um diese Kosten wieder zu "refinanzieren"?

Das Problemfeld der unterschiedlichen Regulierung in den Staaten der EU hat EU-Kommissarin Neelie Kroes richtig erkannt. Es ist aber fraglich, ob sie auch über die verschiedenen Tarifierungs- und Finanzierungsmodelle in den Staaten Bescheid weiß. Beispiel Lizenzvergabe: Die Verteilung von GSM-, UMTS- und LTE-Lizenzen wurde von jedem Land auf unterschiedliche Art und Weise vorgenommen - und die Netzbetreiber haben unterschiedliche Preise dafür bezahlen müssen und für die Refinanzierung darum auch abweichende Geschäftsmodelle etabliert. Und ob sich diese innerhalb weniger Monate auf europäischer Ebene harmonisieren lassen, erscheint fraglich.

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