Themenspezial: Verbraucher & Service Digitaler Euro

Europa auf dem Weg zum digitalen Euro: Fragen & Antworten

Das Bezahlen ohne Schein und Münze wird immer selbst­ver­ständ­licher. Auch Zentral­banken welt­weit tüfteln daher an digi­talen Vari­anten ihrer jewei­ligen Währung. Europa tut nun den nächsten Schritt zum digi­talen Euro.
Von dpa /

Die Vorbe­rei­tungen laufen seit Jahren, nun folgt der nächste Schritt auf dem Weg zur mögli­chen Einfüh­rung eines digi­talen Euros: Heute (28.6.) wird ein Geset­zes­vor­schlag der EU-Kommis­sion erwartet, der den Rechts­rahmen für eine digi­tale Vari­ante der euro­päi­schen Gemein­schafts­wäh­rung bildet. Ein Entwurf des Papiers zirku­lierte bereits Mitte Juni.

Die Euro­päi­sche Zentral­bank (EZB) hat bereits in Aussicht gestellt, dass sie im Oktober entscheiden will, ob die Arbeiten an einem digi­talen Euro weiter voran­getrieben werden sollen. Da es bereits reich­lich digi­tale Bezahl­ange­bote gibt, fragt sich mancher aller­dings: Wofür braucht es über­haupt Zentral­bank­geld, das man nicht anfassen kann?

Was steht in dem Geset­zes­ent­wurf?

Die Vorbereitungen für einen digitalen Euro laufen Die Vorbereitungen für einen digitalen Euro laufen
Bild: dpa, Bearbeitung: teltarif.de
Verbrau­cher sollen nach dem Willen der EU-Kommis­sion neben Euro-Münzen und -Scheinen in Zukunft auch einen digi­talen Euro als gesetz­liches Zahlungs­mittel nutzen können: "Bank­noten und Münzen (...) können die Wirt­schaft der EU im digi­talen Zeit­alter nicht allein tragen." Es sei notwendig, eine neue Form der offi­ziellen Währung einzu­führen, die risi­kofrei sei. "Das Fehlen einer weithin verfüg­baren und nutz­baren Form von Zentral­bank­geld, die tech­nolo­gisch an das digi­tale Zeit­alter ange­passt ist, könnte auch das Vertrauen in das Geld der Geschäfts­banken und letzt­lich gegen­über dem Euro selbst schmä­lern."

Wird das Bargeld abge­schafft?

Nein. Die Euro-Währungs­hüter haben immer wieder betont, dass ein digi­taler Euro nur eine Ergän­zung zu Scheinen und Münzen wäre und nicht das Bargeld ersetzen soll. "Wir werden den Bürge­rinnen und Bürgern so lange Bank­noten zur Verfü­gung stellen, wie es eine Nach­frage danach gibt", bekräf­tigte EZB-Direk­tori­ums­mit­glied Fabio Panetta jüngst in einem Inter­view.

Was soll ein digi­taler Euro bringen?

Grund­sätz­lich ermög­lichen digi­tale Bezahl­ver­fahren, Geschäfte binnen Sekunden abzu­wickeln, auch über Landes­grenzen hinweg. Im Gegen­satz zu soge­nannten Kryp­towäh­rungen wie Bitcoin und Ether, deren Kurse oft stark schwanken, böte die Einfüh­rung einer virtu­ellen euro­päi­schen Währung Privat­anle­gerinnen und -anle­gern eine stabi­lere Alter­native, da sie eins zu eins an den Euro gekop­pelt wäre. Die EZB würde die Stabi­lität eines digi­talen Euro sichern.

Wie könnte ein digi­taler Euro ausge­staltet sein?

Das ist noch in der Diskus­sion. Denkbar ist, dass Banken den digi­talen Euro wie Bargeld von den Euro-Noten­banken beziehen. Aller­dings bekäme man den digi­talen Euro nicht als Schein und Münze, sondern würde ihn in einer digi­talen Geld­börse, einer soge­nannten Wallet, gutge­schrieben bekommen. Möglich wäre auch, dass der digi­tale Euro direkt auf Konten bei der EZB geführt wird. Nach dem Willen der EU-Kommis­sion sollen grund­legende Zahlungs­funk­tionen für Verbrau­cher kosten­frei sein. Weiter soll der digi­tale Euro einfach zu benutzen sein, auch für Menschen mit Behin­derungen oder Ältere.

Was halten Geschäfts­banken von einem digi­talen Euro?

Banken und Spar­kassen in Deutsch­land treibt die Frage um, ob die EZB zur Konkur­renz im Zahlungs­ver­kehr wird. "Es geht bei der Diskus­sion tatsäch­lich darum, ob die EZB selbst als Wett­bewerber in den Payment-Markt eintreten soll. Ob sie Konten für Endkunden führen soll", sagte der Präsi­dent des Deut­schen Spar­kassen- und Giro­ver­bandes (DSGV), Helmut Schle­weis, beim Deut­schen Spar­kas­sentag Anfang Juni in Hannover. "Ob sie program­mier­bares Geld einführt - Program­mie­rungen, mit denen Zahlungen poli­tisch gelenkt und Nach­ver­fol­gung ermög­licht werden könnten."

EZB-Präsi­dentin Chris­tine Lagarde, die beim Spar­kas­sentag im Anschluss an Schle­weis sprach, reagierte direkt: Sie wisse, dass ein digi­taler Euro von manchem Banker als Bedro­hung gesehen werde. "Ich möchte, dass Sie alle verstehen, dass dies nicht die Stra­tegie der EZB ist. Wir sind als Zentral­banker nicht in der Lage, Bezie­hungen zu unter­halten, auf Kunden zuzu­gehen oder Produkte zu vermit­teln. Das ist etwas, das Sie tun müssen", sagte Lagarde. "Der digi­tale Euro wird nichts anderes sein als Bargeld in digi­taler Form."

Wie ist der Zeit­plan?

Mit der Einfüh­rung eines digi­talen Euros wird frühes­tens 2026 gerechnet. Mitte Juli 2021 beschloss die EZB, die Vorar­beiten auf die nächste Stufe zu heben: In einer zwei­jäh­rigen Unter­suchungs­phase geht es seit Oktober 2021 etwa um Tech­nologie und Daten­schutz. Im Oktober des laufenden Jahres will der EZB-Rat entscheiden, ob eine Vorbe­rei­tungs­phase zur Entwick­lung und Erpro­bung des digi­talen Euros einge­leitet werden soll, wie EZB-Direk­tori­ums­mit­glied Panetta jüngst sagte: "Diese Phase könnte zwei oder drei Jahre dauern. Wenn der EZB-Rat und die euro­päi­schen Gesetz­geber - Mitglied­staaten und Mitglieder des Euro­päi­schen Parla­ments - zustimmen, könnten wir den digi­talen Euro in drei oder vier Jahren einführen."

Gibt es auch in anderen Regionen digi­tale Währungen?

Welt­weit arbeiten nach Angaben des Bundes­finanz­minis­teriums aus dem April 114 Staaten an der Entwick­lung des soge­nannten digi­talen Zentral­bank­gelds (Central Bank Digital Curren­cies - CBDC). Anfang Februar beispiels­weise teilten das briti­sche Finanz­minis­terium und die Bank of England mit, die Einfüh­rung eines digi­talen Pfunds zu prüfen. Vergleichs­weise weit voran­geschritten ist in Europa das Projekt E-Krona der schwe­dischen Zentral­bank, denn in dem skan­dina­vischen Land werden Schein und Münze kaum noch genutzt.

China arbeitet schon länger an einer digi­talen Vari­ante seiner Währung Renminbi. "Der chine­sische digi­tale Renminbi (e-CNY) etwa verzeich­nete schon Ende des Jahres 2021 über 260 Millionen Nutze­rinnen und Nutzer", schreibt das Bundes­finanz­minis­terium in seinem Monats­bericht April 2023. "Elf Staaten hatten im März 2023 digi­tales Zentral­bank­geld bereits breit im Markt einge­führt, darunter Nigeria und Jamaika."

Wie stehen Verbrau­cher zu der Idee eines digi­talen Euro?

Die Mehr­heit der Menschen in Deutsch­land sieht die Arbeiten an einem digi­talen Euro mit Skepsis. In einer Ende Mai veröf­fent­lichten Umfrage im Auftrag des Bundes­ver­bandes deut­scher Banken (BdB) stimmten drei Viertel der 1008 Befragten (76 Prozent) der Aussage "sehr" bezie­hungs­weise "eher" zu, dass ein digi­taler Euro nicht notwendig sei, weil die vorhan­denen Zahlungs­mög­lich­keiten voll­kommen ausreichten.

Auch der CSU-Euro­papar­lamen­tarier Markus Ferber sagt: "Weder EZB noch Euro­päi­sche Kommis­sion haben bisher plau­sibel erklären können, worin der konkrete Mehr­wert des digi­talen Euros für die Bürger besteht." In der BdB-Umfrage kam jedoch auch heraus: Weniger als ein Drittel (29 Prozent) der Befragten hat aktuell über­haupt eine Vorstel­lung davon, wie eine digi­tale Vari­ante der euro­päi­schen Gemein­schafts­wäh­rung ausge­staltet sein könnte und wozu ein digi­taler Euro genutzt werden könnte.

In einer Über­sicht lesen Sie Details zum Thema: Bezahlen per Handy: Mobile Payment mit NFC.

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