Brexit

Brexit: Interesse der Briten an estnischer e-Residency steigt

Mittlerweile stammen 5 Prozent der Einwohner im virtuellen e-Estonia aus Großbritannien - Tendenz steigend. Insbesondere Unternehmer interessieren sich dafür.
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Den Austritt aus der EU regelt Artikel 50 EU-Vertrag Mit dem Austrittsantrag beginnt die zweijährige Frist für die Austrittsverhandlungen.
Jan Sommerfeld
Jetzt ist es amtlich: Die britische Premierministerin Theresa May hat heute offiziell gegenüber dem Europäischen Rat den EU-Austritt erklärt. Damit beginnt nun nach Artikel 50 Absatz 2 EU-Vertrag eine zweijährige Frist, in der sich die EU und Großbritannien auf ein Austrittsabkommen einigen müssen.

Das ist nicht viel Zeit, um wichtige Fragen zu klären. Ob und zu welchen Bedingungen Großbritannien Zugang zum europäischen Binnenmarkt behalten wird, ist beispielsweise noch vollkommen ungewiss. Den Austritt aus der EU regelt Artikel 50 EU-Vertrag Mit dem Austrittsantrag beginnt die zweijährige Frist für die Austrittsverhandlungen.
Jan Sommerfeld

Britische Unternehmer e-Residents

Pfiffige britische Unternehmer, die nicht erst den Ausgang der Brexit-Verhandlungen abwarten wollen, haben bereits einen Ausweg gefunden, um Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu behalten und sind kurzerhand e-Residents in Estland geworden, sodass mittlerweile jeder fünfte Bewohner des virtuellen e-Estonias aus Großbritannien stammt.

Die e-Residecy, die bereits seit 2015 in der baltischen Republik existiert, ermöglicht die Nutzung der meisten E-Government-Dienste der estnischen Verwaltung von überall auf der Welt und das unabhängig von der Staatsbürgerschaft.

Mitumfasst ist die Möglichkeit, Handelsgesellschaften nach estnischem Recht schnell und unbürokratisch online zu gründen. Ein Notar muss nicht mitwirken. Lediglich 18 Minuten soll so die schnellste Unternehmensgründung in Anspruch genommen haben. Das ist Weltrekord und brachte Estland einen Eintrag im Guinnessbuch der Rekorde ein.

Zugang zum europäischen Binnenmarkt für estnische Handelsgesellschaften

Der Brexit lässt das Interesse an der estnischen e-Residency steigen. Der Brexit lässt das Interesse an der estnischen e-Residency steigen.
Jan Sommerfeld
Für ein Unternehmen, das auf diese Weise von einem e-Resident gegründet wurde, gelten die Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn alle Gesellschafter und Geschäftsführer Nicht-EU-Ausländer sind. Ein britischer Freiberufler könnte deshalb theoretisch über eine estnische Ein-Mann-Kapitalgesellschaft auch nach dem Brexit seine Dienstleistungen weiterhin uneingeschränkt EU-weit anbieten, weil sich das Unternehmen auf die Dienstleistungsfreiheit berufen könnte.

Die estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid stellte deshalb in ihrer Rede anlässlich des estnischen Unabhängigkeitstages Ende Februar heraus, dass die estnischen E-Government-Angebote nicht nur IT- Unternehmen und Startups, sondern auch für traditionellen Unternehmer hilfreich sei. "Britische Unternehmer, die sich vor dem Brexit fürchten, können bei uns Schutz vor dem Sturm finden", betonte die Politikerin ausdrücklich.

Estland erklärt Briten auf howtostayin.eu wie man in der EU bleibt

Kaspar Korjus, e-Residency Programme Director Kaspar Korjus, e-Residency Programme Director
Tõnu Tunnel/e-estonia.com
"Seit Einführung der e-Residency nahm das Interesse hieran von britischen Unternehmern stetig zu, weil die Gründung und der Betrieb eines estnischen Unternehmens online in Großbritannien schnell und kostengünstig sind. Es stieg schlagartig nach dem Brexit-Referendum an, weil Startups, etablierte Unternehmen und Freiberufler wissen wollten, wie die e-Residency es ihnen ermöglicht, ihre Unternehmungen in der EU fortzusetzen, ohne das Vereinigte Königreich verlassen zu müssen“, erklärte Kaspar Korjus, Programme Director der e-Resideny gegenüber teltarif.de. "Als Reaktion darauf haben wir die Internetseite howtostayin.eu eingerichtet und erwarten, dass das britische Interesse nach dem Austrittsantrag gemäß Artikel 50 EU-Vertrag noch weiter steigt."

Die britische Unternehmerin Ella Romanos, die in der Videospielbranche tätig ist, gehört zu denjenigen, die sich wegen des Brexits für eine virtuelle Niederlassung in Estland entschieden haben. "Das Vereinigte Königreich bietet kleinen Unternehmen viele Vorteile und die britische Spiele-Industrie ist ein wunderbarer Ort zum Arbeiten", sagt Romanos. "Allerdings muss ich als Unternehmerin vorsichtig sein und sicherstellen, dass ich jegliche Probleme, die im Zusammenhang mit dem Brexit auftreten können, vermeiden", erläutert sie ihre Entscheidung für die e-Residency. Die Anteile der Nationalitäten unter den Bewohnern von e-Estonia Die Anteile der Nationalitäten unter den Bewohnern von e-Estonia
Screenshot teltarif.de/e-estonia.com - Statistik zum 28.03.2017

Der Weg nach e-Estonia führt über das Internet

Der Weg zum digitalen Wohnsitz führt über die Webseite e-Estonia.com. Von dort aus kann gegen die Entrichtung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 100 Euro der Antrag auf eine virtuelle Niederlassung gestellt werden. Das ganze läuft natürlich online ab – ganz ohne Papier, versteht sich.

Einzig der e-Resident-Ausweis muss noch persönlich an einer estnischen Botschaft, Konsulat oder Grenzstation abgeholt werden. Mithilfe der e-Resident smart ID card ist es anschließend möglich, sich für Onlinedienste zu identifizieren, Dokumente rechtsverbindlich in einer Form elektronisch zu unterzeichnen, die von der Rechtswirkung einer eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt sind, Unternehmen zu gründen und diese im estnischen Handelsregister einzutragen.

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