Breitbandförderung

Geld für den Netzausbau? Nein danke!

Vier Milliarden Euro steuert der Bund für den Breitbandausbau bei. Doch einige Landkreise und Kommunen wollen das Geld gar nicht haben. Sie kritisieren die Bedingungen, die Förderung verknüpft sind.
Von Marc Hankmann

Die Regierung fördert den Breitbandausbau mit vier Milliarden Euro. Doch für einige Landkreise und Kommunen ist die Förderung unrentabel Die Regierung fördert den Breitbandausbau mit vier Milliarden Euro. Doch für einige Landkreise und Kommunen ist die Förderung unrentabel
Bild: BMVI
Tjark Bartels hatte sich einigen Ärger eingehandelt. Der Landrat des Kreises Hameln-Pyrmont hätte vom Bund die maximale Fördersumme von 15 Millionen Euro für den Breitbandausbau erhalten. Angesichts eines Schuldenbergs von rund 100 Millionen Euro ein willkommener Geldsegen. Doch Bartels lehnte ab, was zu heftigen Debatten im Kreistag führte. Letzten Endes folgte er jedoch der Entscheidung seines Landrats. "Die Fördermittel des Bundes sind unter Bedingungen gestellt, die wirtschaftlich im hohen Maße nachteilig für die Landkreise sind", sagt Bartels.

Die Regierung fördert den Breitbandausbau mit vier Milliarden Euro. Doch für einige Landkreise und Kommunen ist die Förderung unrentabel Die Regierung fördert den Breitbandausbau mit vier Milliarden Euro. Doch für einige Landkreise und Kommunen ist die Förderung unrentabel
Bild: BMVI
Er kritisiert, dass Antragssteller ermuntert würden, die Fertigstellung des Netzausbaus bis Ende 2018 anzugeben und darauf zu vertrauen, dass der Förderzeitraum später erweitert werde. Passiert das aber nicht, droht die Rückzahlung der bewilligten Mittel, wenn das Projekt bis Ende 2018 nicht abgeschlossen ist. Darüber hinaus ärgert er sich über zahlreiche Anpassungen am Regelwerk. Von der Förderrichtlinie existiert bereits die dritte Version, der Leitfaden zu ihrer Umsetzung wurde schon fünfmal erneuert.

Selbst wenn es dem Landkreis Hameln-Pyrmont gelungen wäre, mit den 15 Millionen Euro vom Bund ein zukunftsfähiges Glasfasernetz aufzubauen, hätte er in den folgenden 25 Jahren keine Freude am neuen Netz gehabt. Würde zum Beispiel die Pacht für den Netzbetreiber erhöht, was in zweieinhalb Jahrzehnten durchaus der Fall sein dürfte, müssten die mehr erzielten Einnahmen von der Fördersumme abgezogen werden. "Sie fließen zurück an den Bund", sagt Bartels.

Anträge zurückgegeben

Der Landrat ist mit dieser Meinung nicht allein. Die Gemeinden Sülzetal und Wolmirstedt aus Sachsen-Anhalt gaben ihre Förderbescheide von jeweils acht Millionen Euro zurück. Zu riskant, heißt es aus der Verwaltung. Beide Kommunen wählten zur Finanzierung das Betreibermodell, bei dem sich das auszubauende Netz am Ende im Besitz der Gemeinde befindet.

Übt deutliche Kritik am Bundesförderprogramm: Tjark Bartels, Landrat des Kreises Hamel-PyrmontÜbt deutliche Kritik am Bundesförderprogramm: Tjark Bartels, Landrat des Kreises Hamel-Pyrmont Übt deutliche Kritik am Bundesförderprogramm: Tjark Bartels, Landrat des Kreises Hamel-Pyrmont
Bild: Landkreis Pyrmont
Wolmirstedt kalkulierte mit Investitionskosten von zwölf Millionen Euro. Die übrige Summe hätte die Kommune über Kredite mit einer Laufzeit von 30 Jahren finanzieren müssen. Zu lang angesichts schnell wandelnder Technologien, befanden die Stadtväter. Sie prüfen derzeit, ob das Wirtschaft­lichkeits­lückenmodell der bessere Weg ist. Der Nachteil dieses Modells: Die Fördermittel fließen direkt in die Hände des Netzbetreibers, dem am Ende auch das Netz gehört. Im Gegensatz zum Betreibermodell entsteht also kein öffentliches Gut, das für Rückflüsse in die Stadtkasse sorgen könnte.

Kritik an der Telekom

Sülzetal hat etwas mehr Glück, denn die Kommune kann vollends auf die Unterstützung durch den Bund verzichten. Hier baut die Deutsche Telekom zusammen mit der Mitteldeutschen Gesellschaft für Kommunikation aus. Ein seltener Fall von Kooperation, denn gerade das Verhalten der Telekom bringt die Landkreise auf die Palme. "Der Erfolg der laufenden Förderprogramme wird durch das 'Rosinenpicken' nicht zuletzt der Deutschen Telekom AG, aber auch anderer Unternehmen, stark gefährdet", heißt es in einer Erklärung des Deutschen Landkreistags.

Dieser Kritik schließt sich auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund an (DStGB). Die Telekom ließe im Zuge des Breitbandausbaus zunächst keine Ausbauabsichten erkennen, entschließe sich jedoch zu Infrastrukturinvestitionen, sobald Konkurrenz­unternehmen Breitband­erschließungs­maßnahmen vorantrieben, moniert der DStGB in einer Stellungnahme.

Zahnloser Papiertiger

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Er bewilligte, sein etwaiger Nachfolger wird zahlen müssen. In der Amtszeit von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt waren nur wenige Ausbauprojekte so weit, dass tatsächlich Geld floss
Bild: BMVI
Dabei existiert seit Anfang des Jahres ein sogenannter Wohlverhaltenskodex, der ein solches Verhalten der Telekom unterbinden soll. Doch es handelt sich mehr um einen zahnlosen Papiertiger. So drohen der Telekom beispielsweise keinerlei Sanktionen, wenn sie sich nicht an den Kodex hält. Auch Landrat Bartels kennt die Blockadetaktik der Bonner. "Die Deutsche Telekom versucht, zum Nachteil der Einwohnerinnen und Einwohner noch schnell die letzten Gebiete abzugrasen, die ein wenig Gewinn versprechen", sagt der Landrat. "Glasfaserinternet kann dann an diesen Orten nicht mehr verwirklicht werden." Erst auf massiven politischen Druck hin sicherte die Telekom zu, dieses Verhalten aufzugeben. Laut Bartels hat die Telekom diese Zusage aber schon wieder zurückgenommen.

Bleibt für Bartels und seine Leidensgenossen aus anderen Landkreisen nur die Hoffnung auf eine neue Regierung nach der Bundestagswahl. Die darf dann auch den Großteil der bisher bewilligten Fördergelder bezahlen, denn nur wenige Ausbauprojekte sind jetzt schon so weit, dass auch tatsächlich Geld vom Bund fließt. Zudem läuft bis Ende September die fünfte Ausschreibungsrunde, in der es noch um gut 500 Millionen Euro an Fördermitteln geht. Glücklicherweise prüft nicht das Bundesverkehrsministerium die Anträge. Das macht der Projektträger, die atene KOM GmbH. Die wird auch nach der Wahl noch da sein, was man vom einen oder anderen Ministerialrat im Verkehrsministerium wohl nicht sagen kann.

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