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Editorial: congstar NGN: Der Anfang vom Ende von Call by Call?

Gelten die alten Regeln auch für neue Anschlusstypen?
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Die Bundesnetzagentur scheint hingegen eher die Auffassung zu vertreten, dass die Call-by-Call-Verpflichtung pro Anschlussart zu verstehen ist. Sie hat deswegen eine Anhörung darüber gestartet, welche Marktmacht die Telekom bei der neuen Zugangstechnologie hat. Das könnte das Verfahren zusätzlich in die Länge ziehen.

Zeit ist aber genau das, was die Call-by-Call-Anbieter nicht haben. Das drohende Szenario: Die Telekom verschiebt Millionen von Kunden von herkömmlichen Anschlüssen zu congstar NGN. Geködert mit ein paar Euro Rabatt auf die monatliche Rechnung merken die Kunden erst später, dass sie dank fehlendem Call by Call am Ende mehr bezahlen. Dank zweijähriger Laufzeit können die Kunden nicht so schnell zurück. Die Call-by-Call-Anbieter gehen leer aus.

Im Sinne der Verbraucher wichtig wäre somit, dass baldmöglichst eine Einstweilige Anordnung erfolgt, die das Angebot von Congstar nur unter der Auflage zulässt, dass Call by Call und Pre-Selection auch dort möglich sind. Doch es droht dann noch immer Ungemach: Die Regularien für den nötigen Interconnect auf NGN/VoIP-Basis sind noch nicht festgelegt. Auch hier können Telekom und Bundesnetzagentur mit hohen Zugangshürden den alternativen Anbietern das Leben schwer machen.

Politik?

Die aktuelle Situation schreit geradezu nach einer politischen, nicht einer gerichtlichen Lösung. Der Gesetzgeber sollte festlegen, ob Call by Call und Pre-Selection auf alle Anschlussarten Anwendung finden sollen, oder ob diese nach und nach abgeschafft werden sollen. Einen Mittelweg mit "ein bisschen Call by Call" gibt es nicht, denn der Telekommunikationsmarkt wird immer diverser, und folglich wird es für die Anbieter immer leichter, einer nur teilweisen Verpflichtung durch Schlupflöcher auszuweichen.

Im Falle einer generellen Verpflichtung zu Call by Call wäre auch eine Ausweitung auf alternative Anschlussnetzbetreiber und den Mobilfunk anzuregen. Die sich so ergebende klare Trennung zwischen Anschluss und Dienst würde helfen, so manchen anderen Exzess zu beenden, etwa überteuerte Handy-Telefonate ins Ausland oder zu Service-Nummern. Man müsste letztere nur ebenfalls in die Möglichkeit zur Anbieterauswahl einbeziehen.

Kein Anbieter würde durch die Call-by-Call-Verpflichtung in den Ruin getrieben werden. Wer marktfähige Minutenpreise verrechnet, braucht die Konkurrenz per Zusatzvorwahl sowieso nicht zu fürchten. So mancher Lockvogel-Billigpreis, der nur durch hohe Preise anderswo refinanziert werden kann, müsste allerdings verschwinden. Im Sinne dessen, dass wir alle dafür bezahlen, was wir auch wirklich benutzen, wäre dieser Verlust aber verschmerzbar.

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