verkalkuliert

Editorial: Wie viele Horror-Rechnungen denn noch?

Netzbetreiber müssen Datenpreise unter Kontrolle bekommen
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Doch zuweilen verheddern sich Nutzer im Datentarifdschungel. Und dann kommt sie, die Horror-Rechnung. Wie bei einem o2-Kunden, der 16693 Euro bezahlen sollte. Der Kunde hatte nicht beachtet, dass o2 beim Internet Pack L nach Verbrauch der 5 Inklusiv-GB jeweils 500 Euro pro weiteres Gigabyte kassiert. Übervolumen kostet damit das 100 fache wie das Inklusivvolumen bei optimaler Ausnutzung!

Nach Intervention einer Verbraucherzentrale senkte zwar o2 aus Kulanz die Rechnung auf 264,50 Euro. Auch damit könnte man aber fast ein Jahr lang per DSL ohne Volumenlimit surfen. Und die Nachricht über die Horror-Rechnung dürfte sicher noch mehr Kunden von dem Vergnügen des mobilen Surfens abhalten. Immerhin - und das sei positiv anerkannt - zieht o2 nun anscheinend die Konsequenz aus der Negativ-Presse und wird den Kunden, die das Internet Pack L ab 1. Juli buchen, kein Übervolumen mehr in Rechnung stellen.

Ebenfalls absurd teuer wurde es für eine T-Mobile-Kundin, die über 3 000 Euro für die Datennutzung mit ihrem iPhone bezahlen soll. Ihr Vergehen: Sie hatte das iPhone nicht bei T-Mobile erworben, sondern ein entsperrtes Gerät aus den USA verwendet, welches folglich für den von ihr genutzten iPhone-Tarif nicht registriert war. Somit berechnete T-Mobile die Standard-Daten-Preise statt der Flatrate.

Deckel notwendig!

Hier müssen alle Netzbetreiber dringend Abhilfe schaffen, wenn sie das zarte Pflänzchen der Datennutzung nicht zertrampeln wollen. Zwischen Vielnutzertarifen und by-Call-Preisen liegt inzwischen der Faktor 1000 und mehr! Mit einer alten SIM kostet die HSDPA-Nutzung somit mehrere Euro pro Sekunde. Ebensolches gilt mit praktisch allen SIMs im Roaming. So lange es solche Tarife gibt, kann es immer wieder zu Horror-Rechnungen kommen!

Nutzer machen nunmal Fehler. Bei der Datennutzung kommt dann noch die abstrakte Materie hinzu. Der Durchschnittsdeutsche dürfte damit überfordert sein, Kilobyte, Megabyte und Gigabyte zu unterscheiden. Somit ist gerade bei Datentarifen das Fehlerpotenzial hoch.

Es ist anderseits nachvollziehbar - wenn auch nicht schön - dass die Netzbetreiber von einem WAP-Nutzer, der nur fünf Seiten mit zusammen 20 kB lädt, einen höheren Kilobyte-Preis verlangen, als von einem Web-Nutzer. Der WAP-Nutzer hat von den 20 kB den Vielfachen Nutzen wie der Web-Nutzer. Doch spätestens dann, wenn der WAP-Nutzer zum Web-Nutzer umsattelt, ohne den Netzbetreiber zu informieren, dann schnappt die Kostenfalle zu.

Mögliche Lösungen gibt es viele und wurden von teltarif.de in früheren Editorials vorgestellt: Degressive Tarife mit sinkenden Volumen-Entgelten oder einen Deckel ab einer bestimmten Kostensumme. Dieses muss für sämtliche Nutzungs-Szenarien gelten: Inland, Roaming, verschiedene APNs usw. Wer dann den falschen oder gar keinen Datentarif gebucht hat, zahlt dann vielleicht das doppelte oder dreifache, was der günstigste Tarif gekostet hätte. Aber die Gesamt-Rechnung bleibt überschaubar.

Sind die Netzbetreiber dazu nicht bereit, werden die Kunden dorthin ausweichen, wo sie sicher sind: Zu den echten Internet-Flatrates der Festnetzbetreiber.

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