Mobilfunk

5G: Echtes autonomes Fahren noch weit in der Zukunft

Die fünfte Mobil­funk­genera­tion kam stets mit allerlei Verspre­chen für neue Anwen­dungen daher – vorneweg auto­nomes Fahren. Und tatsäch­lich könnte es in einigen Jahren so weit sein, dass wir uns beim Auto­fahren eine ARD-Doku aus der Media­thek anschauen. Bis dahin müssen aber noch einige Hinder­nisse über­wunden werden.
Von Marc Hankmann

Der Verkehr der Zukunft ist vernetzt. Autos kommu­nizieren mit anderen Verkehrs­teil­neh­mern, mit Ampeln, Baustellen usw. Grund­lage für diese Vernet­zung ist der 5G-Stan­dard, der schon eine ganze Weile in Deutsch­land einge­führt wird. Laut Bundes­netz­agentur hat sich die Zahl an 5G-Basi­sta­tionen von 2021 auf 2022 von 30.000 auf knapp 42.000 erhöht.

Um aber die für zeit­kri­tische Anwen­dungen wie auto­nomes Fahren nötigen geringen Latenz­zeiten zu errei­chen, muss auch die Daten­über­tra­gung von der Funk­sta­tion bis ins Internet und zurück opti­miert werden. Hier können bis zu 100 Milli­sekunden verstrei­chen. Voda­fone gelingt es mithilfe von Multi-access Edge Compu­ting (MEC) diese Latenz auf 10 Milli­sekunden zu redu­zieren, wie Guido Gehlen, Leiter der Abtei­lung Busi­ness Global Tech­nology Inno­vation bei Voda­fone Deutsch­land, auf der Veran­stal­tung 5G Masters des Tele­kom­muni­kati­ons­ver­bands VATM erklärte. Die Zahl der 5G-Basistationen wird von den Mobilfunknetzbetreibern stetig erweitert. Doch für niedrige Latenzen muss auch die Datenübertragung vom Funkturm ins Internet optimiert werden. Die Zahl der 5G-Basistationen wird von den Mobilfunknetzbetreibern stetig erweitert. Doch für niedrige Latenzen muss auch die Datenübertragung vom Funkturm ins Internet optimiert werden.
Foto: Deutsche Funkturm
Auf dieser Basis hat Voda­fone für die Kommu­nika­tion der Verkehrs­teil­nehmer unter­ein­ander die „Safer Trans­port for Europe Plat­form“ (STEP) entwi­ckelt. Die STEP-Echt­zeit­anwen­dungen werden über MEC lokal ausge­führt. Dafür hat Voda­fone drei Tech­nology Center in Dort­mund, München und Berlin aufge­baut, mit denen das Unter­nehmen 60 bis 70 Prozent der Fläche Deutsch­lands abdeckt. „In der finalen Ausbau­stufe, um flächen­deckend diese ultra-nied­rige Latenz anzu­bieten, brau­chen wir acht bis zehn Tech­nology Center“, sagte Gehlen.

Damit nicht nur Voda­fone-Kunden in den Genuss zukünf­tiger Echt­zeit­anwen­dungen für den Verkehr kommen, hat jeder Mobil­funk­netz­betreiber Zugang zu den Soft­ware Deve­lop­ment Kids (SDK). „Man kann keinem App-Provider verkaufen, dass ein SDK nur mit den eigenen Teil­neh­mern funk­tio­niert“, erklärte Gehlen. Natür­lich entwi­ckeln auch die Voda­fone-Wett­bewerber Edge-Umge­bungen, aber laut Gehlen sei man hier im Austausch, damit jeder Verbrau­cher mit geringen Latenz­zeiten kommu­nizieren kann.

Auto­nomes Fahren braucht globale Koope­rationen

Beim Thema Zusam­men­arbeit liegt aber der berühmte Hase im Pfeffer. „Für viele Anwen­dungs­fälle, die Koope­rationen bedingen, wird eine Pene­tra­tion von 30 bis 40 Prozent benö­tigt, um sie tech­nisch und von Markt her zu reali­sieren“, erklärte Bert­hold Panzner, Connected Mobi­lity Chief Archi­tect bei Nokia. „Es gibt jedoch viele unter­schied­liche Methoden, direkt mitein­ander zu kommu­nizieren, die alle nicht kompa­tibel sind“, so Panzner weiter. Außerdem gibt es unter­schied­liche Regu­larien. In Europa wird ein Kanal­raster mit 10 MHz genutzt, in den USA eines mit 20 MHz. In China setzt die Regie­rung auf LTE, wohin­gegen in den USA und in Europa eben schon 5G zum Einsatz kommt. So wird es für einen Auto­mobil­her­steller, der global aktiv ist, sehr schwer, die entspre­chenden Fahr­zeuge in Masse zu produ­zieren. 5G ist die Basis für autonomes Fahren, aber die Konnektivität zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern kann über unterschiedliche Wege hergestellt werden. Hier braucht es mehr Kooperationen. 5G ist die Basis für autonomes Fahren, aber die Konnektivität zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern kann über unterschiedliche Wege hergestellt werden. Hier braucht es mehr Kooperationen.
Foto: Vodafone/Valéry Kloubert
Deshalb kommt Panzner auch zu dem Schluss, dass man bei 5G und der Konnek­tivität einzelner Verkehrs­teil­nehmer erst „am Anfang einer Reise“ steht. Wie er auf den 5G Masters erklärte, sind heute ledig­lich 15 Prozent der Autos auf den Straßen der EU-Länder mit 4G/LTE ausge­stattet. Immerhin: Unter den Neuwagen liegt der Anteil bei 70 Prozent. Panzner geht davon aus, dass bis 2025 30 Prozent und bis 2027 40 Prozent aller Autos in der EU mit 4G/LTE ausge­stattet sind. In zwei Jahren dürfte dann auch ein Viertel aller verkauften Autos über 5G verfügen.

Wichtig ist dann, dass diese Fahr­zeuge auch mitein­ander kommu­nizieren können. 5G ist ledig­lich die Basis, auf der diese Konnek­tivität entstehen kann. „Zum Ende der Dekade werden wir sicher­lich sehen, dass vernetztes Fahren ohne Konnek­tivität nicht möglich wird“, prognos­tizierte Panzner. Hier müsse noch Vertrauen aufge­baut werden.

Medi­enver­sor­gung im Auto über 5G Broad­cast

Für dieses vernetzte, auto­nome Fahren entwi­ckelt Roland Beutler, beim SWR zuständig für die Abtei­lung Stra­tegie Programm­ver­brei­tung und 5G, im Projekt 5G Media2Go Medi­enan­wen­dungen. Zusammen mit Mercedes und Porsche werden im Raum Stutt­gart Inhalte aus der ARD-Media­thek über den Stan­dard 5G Broad­cast im In-Car-Enter­tain­ment­system zur Verfü­gung gestellt. Über eine Geore­feren­zie­rung werden dem Insassen passende Inhalte zur Umge­bung präsen­tiert, die er gerade durch­fährt. Im Großraum Stuttgart testet der SWR 5G Broadcast und überträgt damit Inhalte der ARD-Mediathek auf das In-Car-Entertainmentsystem eines Porsches Im Großraum Stuttgart testet der SWR 5G Broadcast und überträgt damit Inhalte der ARD-Mediathek auf das In-Car-Entertainmentsystem eines Porsches
Foto: SWR/Roland Beutler
Darüber hinaus testet der SWR 5G auch in der Produk­tion, etwa für Nach­rich­ten­berichte. Das Problem: 5G-Campus­netze sind von der Bundes­netz­agentur ledig­lich zur statio­nären Verwen­dung vorge­sehen, zum Beispiel auf einem Firmen­gelände oder an einer Univer­sität, und nicht für die noma­dische Nutzung an verschie­denen Orten. Anfang des Jahres ist es dem SWR dennoch gelungen, vom Karneval in Offen­burg, Bilder über 4G/5G zum Funk­turm nach Stutt­gart und von dort über 5G Broad­cast auf einen Smart­phone-Prototyp zu senden. „Vom Smart­phone zum Smart­phone haben wir den kompletten Kreis geschlossen“, sagte Beutler. Trotzdem bleibt sein Wunsch nach besseren Test­bedin­gungen für 5G und 5G Broad­cast.

Erste Auto­mobil­her­steller tasten sich langsam ans auto­nome Fahren heran. Noch ist es aber nicht möglich, den Blick von der Straße zu nehmen, um zum Beispiel eine Doku aus der ARD-Media­thek zu verfolgen. Die Premium-Modelle der Hersteller reagieren zum Beispiel über Sensoren auf Abstände etwa zum Stra­ßen­rand oder zu anderen Autos. Eine echte Kommu­nika­tion zwischen den verschie­denen Verkehrs­teil­neh­mern ist derzeit noch nicht möglich.

Mehr zum Thema Auto