5G: Echtes autonomes Fahren noch weit in der Zukunft
Der Verkehr der Zukunft ist vernetzt. Autos kommunizieren mit anderen Verkehrsteilnehmern, mit Ampeln, Baustellen usw. Grundlage für diese Vernetzung ist der 5G-Standard, der schon eine ganze Weile in Deutschland eingeführt wird. Laut Bundesnetzagentur hat sich die Zahl an 5G-Basistationen von 2021 auf 2022 von 30.000 auf knapp 42.000 erhöht.
Um aber die für zeitkritische Anwendungen wie autonomes Fahren nötigen geringen Latenzzeiten zu erreichen, muss auch die Datenübertragung von der Funkstation bis ins Internet und zurück optimiert werden. Hier können bis zu 100 Millisekunden verstreichen. Vodafone gelingt es mithilfe von Multi-access Edge Computing (MEC) diese Latenz auf 10 Millisekunden zu reduzieren, wie Guido Gehlen, Leiter der Abteilung Business Global Technology Innovation bei Vodafone Deutschland, auf der Veranstaltung 5G Masters des Telekommunikationsverbands VATM erklärte.
Die Zahl der 5G-Basistationen wird von den Mobilfunknetzbetreibern stetig erweitert. Doch für niedrige Latenzen muss auch die Datenübertragung vom Funkturm ins Internet optimiert werden.
Foto: Deutsche Funkturm
Auf dieser Basis hat Vodafone für die Kommunikation der Verkehrsteilnehmer untereinander die „Safer Transport for Europe Platform“ (STEP) entwickelt. Die STEP-Echtzeitanwendungen werden über MEC lokal ausgeführt. Dafür hat Vodafone drei Technology Center in Dortmund, München und Berlin aufgebaut, mit denen das Unternehmen 60 bis 70 Prozent der Fläche Deutschlands abdeckt. „In der finalen Ausbaustufe, um flächendeckend diese ultra-niedrige Latenz anzubieten, brauchen wir acht bis zehn Technology Center“, sagte Gehlen.
Damit nicht nur Vodafone-Kunden in den Genuss zukünftiger Echtzeitanwendungen für den Verkehr kommen, hat jeder Mobilfunknetzbetreiber Zugang zu den Software Development Kids (SDK). „Man kann keinem App-Provider verkaufen, dass ein SDK nur mit den eigenen Teilnehmern funktioniert“, erklärte Gehlen. Natürlich entwickeln auch die Vodafone-Wettbewerber Edge-Umgebungen, aber laut Gehlen sei man hier im Austausch, damit jeder Verbraucher mit geringen Latenzzeiten kommunizieren kann.
Autonomes Fahren braucht globale Kooperationen
Beim Thema Zusammenarbeit liegt aber der berühmte Hase im Pfeffer. „Für viele Anwendungsfälle, die Kooperationen bedingen, wird eine Penetration von 30 bis 40 Prozent benötigt, um sie technisch und von Markt her zu realisieren“, erklärte Berthold Panzner, Connected Mobility Chief Architect bei Nokia. „Es gibt jedoch viele unterschiedliche Methoden, direkt miteinander zu kommunizieren, die alle nicht kompatibel sind“, so Panzner weiter. Außerdem gibt es unterschiedliche Regularien. In Europa wird ein Kanalraster mit 10 MHz genutzt, in den USA eines mit 20 MHz. In China setzt die Regierung auf LTE, wohingegen in den USA und in Europa eben schon 5G zum Einsatz kommt. So wird es für einen Automobilhersteller, der global aktiv ist, sehr schwer, die entsprechenden Fahrzeuge in Masse zu produzieren.
5G ist die Basis für autonomes Fahren, aber die Konnektivität zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern kann über unterschiedliche Wege hergestellt werden. Hier braucht es mehr Kooperationen.
Foto: Vodafone/Valéry Kloubert
Deshalb kommt Panzner auch zu dem Schluss, dass man bei 5G und der Konnektivität einzelner Verkehrsteilnehmer erst „am Anfang einer Reise“ steht. Wie er auf den 5G Masters erklärte, sind heute lediglich 15 Prozent der Autos auf den Straßen der EU-Länder mit 4G/LTE ausgestattet. Immerhin: Unter den Neuwagen liegt der Anteil bei 70 Prozent. Panzner geht davon aus, dass bis 2025 30 Prozent und bis 2027 40 Prozent aller Autos in der EU mit 4G/LTE ausgestattet sind. In zwei Jahren dürfte dann auch ein Viertel aller verkauften Autos über 5G verfügen.
Wichtig ist dann, dass diese Fahrzeuge auch miteinander kommunizieren können. 5G ist lediglich die Basis, auf der diese Konnektivität entstehen kann. „Zum Ende der Dekade werden wir sicherlich sehen, dass vernetztes Fahren ohne Konnektivität nicht möglich wird“, prognostizierte Panzner. Hier müsse noch Vertrauen aufgebaut werden.
Medienversorgung im Auto über 5G Broadcast
Für dieses vernetzte, autonome Fahren entwickelt Roland Beutler, beim SWR zuständig für die Abteilung Strategie Programmverbreitung und 5G, im Projekt 5G Media2Go Medienanwendungen. Zusammen mit Mercedes und Porsche werden im Raum Stuttgart Inhalte aus der ARD-Mediathek über den Standard 5G Broadcast im In-Car-Entertainmentsystem zur Verfügung gestellt. Über eine Georeferenzierung werden dem Insassen passende Inhalte zur Umgebung präsentiert, die er gerade durchfährt.
Im Großraum Stuttgart testet der SWR 5G Broadcast und überträgt damit Inhalte der ARD-Mediathek auf das In-Car-Entertainmentsystem eines Porsches
Foto: SWR/Roland Beutler
Darüber hinaus testet der SWR 5G auch in der Produktion, etwa für Nachrichtenberichte. Das Problem: 5G-Campusnetze sind von der Bundesnetzagentur lediglich zur stationären Verwendung vorgesehen, zum Beispiel auf einem Firmengelände oder an einer Universität, und nicht für die nomadische Nutzung an verschiedenen Orten. Anfang des Jahres ist es dem SWR dennoch gelungen, vom Karneval in Offenburg, Bilder über 4G/5G zum Funkturm nach Stuttgart und von dort über 5G Broadcast auf einen Smartphone-Prototyp zu senden. „Vom Smartphone zum Smartphone haben wir den kompletten Kreis geschlossen“, sagte Beutler. Trotzdem bleibt sein Wunsch nach besseren Testbedingungen für 5G und 5G Broadcast.
Erste Automobilhersteller tasten sich langsam ans autonome Fahren heran. Noch ist es aber nicht möglich, den Blick von der Straße zu nehmen, um zum Beispiel eine Doku aus der ARD-Mediathek zu verfolgen. Die Premium-Modelle der Hersteller reagieren zum Beispiel über Sensoren auf Abstände etwa zum Straßenrand oder zu anderen Autos. Eine echte Kommunikation zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern ist derzeit noch nicht möglich.