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Editorial: Legale Privatkopie macht Handys teurer

Verwertungsgesellschaften wollen abkassieren
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Handy-Urheberrechtsabgabe Für Handys sollen Käufer künftig
bis zu 36 Euro Urheberrechtsabgabe zahlen
Montage: teltarif.de
Nicht nur die GEZ könnte dank der Erhebung von Rundfunkgebühren die Handy-Nutzung künftig teuer machen. Auch die Verwertungsgesellschaften, wie die umstrittene GEMA und die weniger bekannten VG Wort oder VG Bild-Kunst, planen über die gemeinsame Zentralstelle für private Überspielungsrecht, kurz ZPÜ, den Zugriff auf den Geldbeutel des Kunden. Immerhin geht es hier nicht um eine regelmäßige Gebühr wie bei der GEZ, sondern nur um einen Zuschlag zum Kaufpreis. Man zahlt pro Gerät also nur einmal, nicht laufend.

Bei anderer Büro- und Multimediatechnik, vom Scanner über den PC bis hin zum Drucker, vom Videorekorder über den DVD-Rekorder bis hin zum USB-Stick oder CD-Rohling, sind die Abgaben bereits üblich. Sie sorgen dafür, dass Elektronik in Deutschland eher teurer als in Nachbarländern ist. Oder dass in Treibersoftware merkwürdige Extras eingebaut werden, zum Beispiel "Aufwärmphasen" für Scanner, während derer diese schlicht und ergreifend nichts tun. Aber dank der per Treiber-Trick reduzierten Scanrate in eine günstigere Klasse der Urheberrechtsabgabe fallen. Und der Kniff, die Aufwärmphase einfach per ESC-Taste abzubrechen, spricht sich unter den Verbrauchern schnell herum.

Zubrot für Kreative

Handy-Urheberrechtsabgabe Für Handys sollen Käufer künftig
bis zu 36 Euro Urheberrechtsabgabe zahlen
Montage: teltarif.de
Am Ende profitieren vor allem die Kreativen von diesen Abgaben. Denn der größte Teil des eingesammelten Geldes wird direkt an Künstler und Autoren ausgeschüttet. Die Ausschüttung steigt bei der VG Wort, die insbesondere bei Kopierern und Scannern die Hand aufhält, dabei, soweit die Mindestverbreitung für ein Werk erreicht wird, unterproportional zur Auflage oder verkauften Stückzahl, so dass am Ende weniger die eh schon sehr gut verdienenden Spitzenautoren, sondern vor allem eine breite Masse an Autoren sich von den Tantiemen der VG Wort ein nettes Zubrot verdienen. Andere Verwertungsgesellschaften haben aber auch andere Umlagemodelle.

In vieler Hinsicht trägt das Vergütungssystem der Verwertungsgesellschaft Züge der Kulturflatrate, wie sie beispielsweise die Piratenpartei fordert. Andererseits dürften sich die Piraten auch kräftig daran reiben, dass mit den Abgaben für VG Wort und Co. auch solche Computer, Smartphones oder Speichermedien belastet werden, mit denen später nie legale oder gar illegale Kopien urheberrechtlich geschützten Materials angefertigt bzw. gespeichert werden. Denn wie schon geschrieben: Die Umlagen sind nicht gerade billig.

Die Diskussion um die Verwertungsgesellschaften könnte daher zu einer der ersten Belastungsproben für die "Piraten" werden, sobald diese in der Bundespolitik mitmischen. Auf der einen Seite stehen dann diejenigen, die die Kulturflatrate ein Stück weit voran bringen wollen, und dazu gehört auch, dass man Geld für Kulturschaffende bereitstellt und - nach welchem Schlüssel auch immer - an diese auszahlt. Auf der anderen Seite stehen hingegen diejenigen, die Computer und Netze nicht mit zusätzlichen Abgaben belasten wollen.

Es gibt keinen Königsweg

Aber auch die etablierten politischen Parteien sind im wesentlichen mit denselben Argumenten konfrontiert. Die Entscheidung ist schwierig, weil es hier keinen Königsweg gibt. Die Tendenz ging jedoch in Deutschland bereits vor der Ankunft der "Piraten" in Richtung mehr legaler Kopien und folglich auch mehr Umlage. Auch für Smartphones und hochwertige Feature Phones wird daher die Urheberrechtsabgabe künftig eher steigen als sinken. Die kolportierten bis zu 36 Euro pro Smartphone sind aber definitiv übertrieben.

Im Detail erscheinen aber Änderungen angebracht. So sollte die Auszahlung der Vergütung der Verwertungsgesellschaften stärker davon abhängig gemacht werden, dass die initiale Werkverbreitung auf kopierfähigen Medien erfolgt. Wenn zum Beispiel DRM-geschützte Downloads und Streams bei der Zählung der Verbreitung ausgenommen werden, steigt der Druck auf die Musikverlage und Filmverleiher weiter, auf diese Form der Verkrüppelung ihrer Dateien zu verzichten, weil nicht nur Käufer, sondern auch Künstler dieses fordern. Davon profitieren alle Verbraucher, insbesondere die, die ab und zu eine - dank der Verwertungsgesellschaften komplett legale - Privatkopie für einen Freund anfertigen. Anonyme weltweite Tauschbörsen blieben freilich weiterhin illegal.

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