Warntag-Auswertung: Probealarm erreicht nicht alle Handys
Ein Probealarm hat am bundesweiten Warntag um 11.00 Uhr viele Sirenen in Deutschland heulen und zahlreiche Handys ungewohnt schrill klingeln lassen.
Die Behörden wollten damit herausfinden, wie viele Menschen im Ernstfall eine Warnung vor Gefahren erhalten würden. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zog am Donnerstagnachmittag eine erste positive Bilanz.
Klagen von Telekom-Kunden
Neben Sirenen, Radiodurchsagen wurde über Warntafeln und Cell-Broadcast alarmiert. Letzteres funktionierte nicht überall.
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Zahlreiche Nutzer beklagten allerdings, keine Warnung auf ihrem Mobiltelefon erhalten zu haben. Vor allem Telekom-Kunden scheinen - je nach Region - betroffen gewesen sein, wie Recherchen von teltarif.de ergaben.
Die Telekom verwendet je nach Region Netztechnik von unterschiedlichen Lieferanten. Möglicherweise gibt es hier einen regionalen Zusammenhang, wie Nutzer-Berichte im Netz und eigene Beobachtungen vermuten lassen.
Besser als 2020
Nichtsdestotrotz: Diesmal lief es wohl besser als beim ersten bundesweiten Warntag am 10. September 2020, damals gab es den Cell-Broadcast-Alarm noch nicht.
In Gemeinden, wo noch Sirenen funktionsfähig installiert sind, hörten die Anwohner einen mehr oder weniger lauten Heulton. Teilweise wurde der Probealarm auch über Radio- und Fernsehsender verbreitet, andere Radio-Programme (wie z.B. SWR3) teilten auf Anfrage mit, keine offizielle Warnmeldung erhalten zu haben.
Warn-Apps: Katwarn funktioniert - Nina überlastet?
Wer Warn-Apps wie Nina oder Katwarn auf seinem Smartphone installiert hat, bekam auch auf diesem Weg möglicherweise einen (lautlosen) Hinweis, doch der Nina-Server schien zeitweise überlastet zu sein und lieferte stattdessen nur Fehlermeldungen zurück.
Erster Probelauf Cell Broadcast
Darüber hinaus sollten zahlreiche Menschen erstmals über das Cell Broadcast System erreicht werden. Bei diesem Verfahren geht eine automatische Benachrichtigung an jedes Handy, das zu diesem Zeitpunkt eingeschaltet ist, Empfang hat und mit einer aktuellen Software läuft, auch wenn keine SIM-Karte oder eine deaktivierte SIM-Karte eingelegt ist. Allerdings funktionierte dies bei einigen älteren Handy-Modellen nicht oder nicht zuverlässig. Hinzukommt, das ältere Handys teilweise kompliziert konfiguriert werden müssen, sofern sie überhaupt geeignet sind.
BBK: Hat gut funktioniert
BBK-Präsident Ralph Tiesler erklärte, das System habe gut funktioniert. Sein Vorgänger hatte wegen des verpatzten Warntages 2020 sein Amt aufgeben müssen.
Tiesler räumte jedoch schon ein, dass es womöglich "an der einen oder anderen Stelle Verbesserungsbedarf" geben könne. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sieht sich bestätigt: "Cell Broadcast in den Mix aus Warnmitteln aufzunehmen und damit auch den positiven Erfahrungen in zahlreichen Ländern zu folgen, war eine richtige und wichtige Entscheidung." In echten Notfällen oder bei Katastrophen könnten Warnungen so einfach, schnell und zielgenau an eine große Anzahl von Menschen versendet werden, weil es wie beim Radio einfach ausgestrahlt und nicht den einzelnen Handyrufnummern zugeteilt werden muss.
Opposition: Flächendeckend ist anders
Die stellvertretende Unionsfraktionschefin Andrea Lindholz (CSU) äußerte deutliche Kritik: "Eine flächendeckende Warnung der Bevölkerung sieht anders aus. Trotz des neuen Warnmittels Cell Broadcast wurden erhebliche Teile der Bevölkerung wieder nicht erreicht."
Telekom räumt Probleme ein
Die Telekom räumte indirekt Probleme ein. "Mit dem heutigen Probelauf sehen wir, dass so ein Tag sehr wichtig für uns alle ist", schrieb das Unternehmen auf Twitter. "Dafür ist der heutige Tag (...) gedacht. Fehler finden & analysieren, damit im Ernstfall alle erreicht werden."
Vodafone zufrieden
Der Konkurrent Vodafone spricht von einem vollen Erfolg: "Wir werden nun alle Erkenntnisse aus dem Warntag auswerten und für die weitere Optimierung des neuen Warnsystems bis zum Start des Regelbetriebs in 2023 nutzen", teilte das Unternehmen mit. "Dann sollen auch mehr ältere Endgeräte in das Warnsystem einbezogen werden als heute bei der ersten Testwarnung."
Faeser kündigt regelmäßige Warntage an
"Der heutige Warntag war ein großer bundesweiter Testlauf für die Warnsysteme - und ein wichtiger Schritt für weitere Verbesserungen im Bevölkerungsschutz", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Zur Auswertung soll auch eine repräsentative Umfrage beitragen, deren Ergebnisse spätestens im Januar vorliegen sollen. Faeser kündigte darüber hinaus weitere Maßnahmen an, um die Menschen besser auf Krisenlagen vorzubereiten. Ab 2023 werde es einen jährlichen "Bevölkerungsschutztag" geben. "An diesem Bevölkerungsschutztag können wir für Schutzmaßnahmen des Staates, aber auch für die Vorsorge, die jeder selbst treffen kann, werben."
Warntag 2020 Fehlschlag
Der erste Warntag im September 2020 war ein großer Fehlschlag. Damals kamen viele Warnungen stark verspätet oder gar nicht an. Diesmal gingen die Probe-Warnmeldungen auf vielen Handys pünktlich ein. Bei der Leitstelle der Kölner Feuerwehr gab es sogar Notrufe von besorgten Bürgern, die erstmals eine Cell-Broadcast-Warnung auf ihr Mobiltelefon bekommen hatten.
Berliner kamen später dran
Bei vielen Berliner Nutzern kamen die Meldungen allerdings gar nicht oder verspätet an, zum Teil erst gegen 11.30 Uhr oder nach 12.00 Uhr, wie sie berichteten. Auch Sirenen waren in der Hauptstadt - anders als in anderen Bundesländern - nicht zu hören. Die Technik sei noch nicht einsatzbereit, zudem stünden erst sehr wenige der neu geplanten Sirenen zur Verfügung, hieß es dazu.
Hamburg: 123 Sirenen funktionieren
In Hamburg habe alles funktioniert, betonte hingegen ein Sprecher der dortigen Innenbehörde. Alle 123 Sirenen im Stadtgebiet hätten Probealarm ausgelöst.
Umfrage zum Warntag
Das BBK hat eine Umfrage ins Netz gestellt [Update: Inzwischen geschlossen und nicht mehr erreichbar], um zu erfahren, wie der Warntag von den Nutzern wahrgenommen wurde, und ob die Alarmierung funktioniert hat.
Auch in der teltarif.de Redaktion waren die Ergebnisse durchwachsen.