Faire Preise: Loyalität muss sich auszahlen
Regelmäßig bemühen Forschungsinstitute ihre Glaskugeln, befragen Marktbeteiligte und Betroffene - und am Ende kommen Dinge heraus, die einen eigentlich gar nicht wundern sollten. Das lateinische Wort "rogare" heißt "fragen" und folglich ist der Name des Marktforschungsinstitutes "Rogator" mit Sitz in Nürnberg selbst erklärend. In seiner Studie „OpinionTRAIN 2022“ hat Rogator die Wahrnehmung von Mobilfunkanbietern und den Grad der Kundenloyalität untersucht.
Die Ergebnisse verwundern nicht. Die Kundenloyalität, also ob Kunden ihrem Anbieter längere Zeit oder für immer treu bleiben, bleibt weiterhin begrenzt, vor allem bei jüngeren Kunden. Es gibt nach wie vor ein latentes Abwanderungspotenzial. Die Meinungsforscher finden, dass "Vodafone ein Problemfall" bleibe.
Verstärkter Wettbewerb
Das Meinungsforschungsinstitut Rogator hat die Preisfairness im Mobilfunk untersucht.
Quelle: www.rogator.de / Screenshot teltarif.de
Nachdem die Corona-Pandemie im Augenblick noch nicht wieder ins allgemeine Bewusstsein zurückgekehrt ist, wurde der Wettbewerb im Mobilfunkbereich wieder härter: Dies liege nicht nur an den erweiterten Leistungsstandards, an veränderten Konsumentenbedürfnissen (z.B. mehr mobile Datennutzung) und einem verbesserten Verbraucherschutz, sondern auch an ständig erweiterten Preisangeboten. Die Angebote versuchen die sich wandelnden Wünsche der Kunden zu treffen. Und trotzdem: Die Bereitschaft der Kundinnen und Kunden, den Anbieter zu wechseln, bleibe auf einem unverändert hohen Niveau, stellten die Marktforscher fest.
Maßnahmen gegen drohenden Kundenverlust
Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Mit-Autor der Studie "OpinionTRAIN", erklärt das so: „Wenn eine Branche mit einem signifikanten Kundenabwanderungsrisiko zu kämpfen hat, dann kann eine Strategie darin bestehen, sich primär auf Neukunden zu konzentrieren, um den Kundenbestand auszubauen – eine Strategie, die im Mobilfunkmarkt immer noch vorherrscht. Eine andere Strategie besteht darin, sich auf werthaltige Kundensegmente zu konzentrieren und diese nicht durch ein aggressives Neukunden-Pricing zu verärgern“.
Soll heißen: Man kann auf die Jagd nach (überwiegend nicht existierenden) Neukunden gehen, indem man solche Neukunden, die aktuell noch bei einem anderen Anbieter sind, mit Tiefstpreisen oder einem teuren Handy "für einen Euro" lockt. Das zieht extrem preissensible Kunden an, frustriert aber Bestandskunden, die schon jahrelang dabei sind.
Oder man könnte sich auch auf "wertige" Kunden konzentrieren, also Kunden, die viel Geld ausgeben möchten und dafür einen sehr guten Service erwarten oder möglichst viele Verträge/Karten in einem Vertrag bündeln. Die preisbewussten Kunden werden dabei mehr oder weniger bewusst übersehen oder müssten zu einer (günstigeren) Zweitmarke wechseln.
Kundenloyalität weiterhin begrenzt – vor allem bei jüngeren Kunden
Aus der verschärfte Wettbewerbssituation schließen die Forscher, dass die führenden Mobilfunkanbieter deutlich mehr in Richtung Kundenbindung tun könnten. Im Mittel gebe im März/April 2022 etwa 15 Prozent der Befragten mit Laufzeitvertrag an, den Mobilfunkanbieter in den nächsten Monaten wechseln zu wollen (in den Vormessungen 2019 und 2017, also vor der Corona-Krise, lagen die Vergleichswerte auf einem ähnlichen Niveau). Hinzu kämen Anteile in gleicher Größenordnung für Fälle, bei denen die Fortsetzung der Kundenbeziehung beim aktuellen Mobilfunk-Vertragspartner nicht sicher sei. Insgesamt könne also von etwa 70 Prozent der Kunden angenommen werden, dass sie loyal zum Anbieter seien.
Je älter - je treuer?
Dabei zeigt sich eine erhebliche Altersabhängigkeit. Während in der Altersklasse "unter 30 Jahre" der Anteil loyaler Kunden bei nur 59 Prozent liege, seien es bei den über 60-Jährigen fast 80 Prozent. Diese Zusammenhänge ließen sich auch bereits in den vorherigen Erhebungen feststellen.
Latentes Abwanderungspotenzial: Vodafone bleibt Problemfall
Während in 2019 noch bei Telefónica (o2) und Vodafone die geringsten Anteile an loyalen Kunden gemessen wurde, habe sich das Bild zumindest für Telefónica (o2) deutlich verbessert, stellt Rogator fest. Unter den großen Anbietern erreiche Telefónica (o2) in der aktuellen Messung den höchsten Anteil loyaler Kundschaft (77 Prozent), gefolgt von der Deutschen Telekom (74 Prozent). Vodafone (70 Prozent) und 1&1 (62 Prozent) fielen hier ab.
Bereits in der Messung vor Ausbruch der Corona-Krise waren die Ergebnisse für Vodafone problematisch, betonten die Forscher, daran habe sich offensichtlich wenig geändert.
Die Anderen bekommen bessere Preise?
Wie fair sind die Preise für Handyverträge - wie loyal die Kunden?
Foto: Picture Alliance/dpa
Auffallend in der aktuellen Messung: 35 Prozent der Vodafone-Kundschaft und 36 Prozent der 1&1-Kundschaft vermuten, anderen Kundinnen und Kunden würden bessere Preise angeboten. Vodafone und 1&1 zeichneten sich demzufolge nicht nur durch einen geringeren Grad an Kundenbindung aus, sondern gleichzeitig durch ein geringes Preisvertrauen.
Net Promoter Score in der Branche verbessert
Bei Meinungsumfragen spielt der "Net Promoter Score" eine wichtige Rolle: Würden Kunden eines Anbieters diesen auch anderen Mitmenschen weiterempfehlen? In einem verstärkten Wettbewerb versuchen die Anbieter, die Ansprüche der Verbraucher zu erfüllen, solange es für die Unternehmen attraktiv bleibt. Das gelingt ihnen auch zum Teil.
War bei den letzten Messungen eine Verschlechterung in punkto Weiterempfehlungspotenzial festzustellen, ist aktuell eine Verbesserung zu beobachten. Der Net Promoter Score (NPS) stellt die Differenz dar zwischen dem Anteil der Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihren Mobilfunkanbieter weiterempfehlen, und dem Anteil derer, die keine Empfehlung abgeben (Wertebereich -100 bis +100). Das beste Ergebnis erzielt hier die Deutsche Telekom (NPS: 6). Die beste relative Entwicklung sei für den Anbieter Telefónica (o2) auszumachen, der damit Konkurrent Vodafone überholt habe.
Zu beachten sei auch: Telefónica (o2) habe in puncto wahrgenommenes "Angebot bedürfnisgerechter Produkte" 63 Prozent Zustimmung erreicht, das seien bessere Werte als Vodafone (50 Prozent) und Telekom (54 Prozent).
Überzogene Konzentration auf Neukunden
Wiederholt zeige sich, so die Forscher, dass langjährige Vertragskunden kein Verständnis für die Werbeaktivitäten der Anbieter haben, wenn sie herausfinden, dass Neukunden ihnen gegenüber bevorzugt werden. Die Zustimmung zur Aussage „Bei meinem Anbieter werden Neukundinnen besser behandelt als Stammkunden“ von etwa 37 Prozent (21 Prozent sind nicht dieser Meinung) habe sich gegenüber der Vormessung leicht erhöht.
In der Gruppe der Personen, die einen Anbieterwechsel planen, ist die Zustimmung auf diese Frage mit 56 Prozent besonders groß. Während Bestandskunden erwarten, dass sich Kundentreue auszahlt und sie für den Fortbestand der Vertragsbeziehung belohnt werden, sehen viele Verbraucher stattdessen einen Schwerpunkt der Anbieter bei der Gewinnung von "Neukunden". Zusätzlich wird die Kundenbindung ausgehöhlt, wenn die Mobilfunknutzer den Eindruck haben, dass andere Kunden einen besseren Preis erhalten, als sie selbst. Dies sei bei 28 Prozent der Befragten der Fall.
Kündigungs- bzw. Weiterempfehlungsabsicht: Preislich fair mit Kunden umgehen
Der Kundenwert wird von der Dauer der Kundenbeziehung und dem Potenzial zur Weiterempfehlung bestimmt. Befragungsergebnisse lassen klar erkennen, dass sowohl die Kündigungs- als auch die Weiterempfehlungsabsicht durch die Wahrnehmung eines fairen Umgangs mit den Kundinnen und Kunden "angetrieben" werden.
„Bestandskunden erwarten, dass sich Kundentreue auszahlt und sie für den Fortbestand der Vertragsbeziehung belohnt werden, das ist eine klare soziale Norm. Diese wird verletzt, wenn Verbraucherinnen stattdessen eine intensive Neukundenakquise beobachten, deren Angebote das eigene Preisniveau eklatant unterlaufen. Im schlimmsten Falle fühlen sich hochwertige Stammkunden dann zur Kündigung genötigt“, fasst Prof. Dr. Andreas Krämer, Chef der exeo Strategic Consulting AG, ebenfalls Mitautor der OpinionTRAIN-Studie, das zusammen. Krämer hat ein Fachbuch „Kundenwertzentriertes Management“ (Springer Verlag Heidelberg) veröffentlicht.
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