Schweiz steigt bis Januar 2023 komplett aus UKW aus
Die Schweiz will UKW abschalten
Quelle: YouTube, Screenshot: Michael Fuhr
Als erstes Land weltweit steigt die Schweiz vollständig aus dem analogen UKW-Hörfunk aus. In Norwegen hatten zwar die großen Veranstalter ihre analogen Frequenzen im Jahr 2017 abgeschaltet, viele Lokalradios sind jedoch noch weiter im UKW-Band auf Sendung. Bei den Eidgenossen dagegen könnte ab Januar 2023 nur noch Rauschen im Äther zu hören sein. Ausnahme sind einstrahlende Sender aus den Nachbarländern.
Die schweizerische Bevölkerung empfängt Radioprogramme zu 71 Prozent digital, und nur noch 13 Prozent nutzen ausschließlich das analoge UKW. Gestützt auf diese Entwicklung hat die Radiobranche ihren Plan für den UKW-Ausstieg präsentiert, der in zwei Schritten zwischen August 2022 (SRG) und Januar 2023 (Privatradios) erfolgen soll.
Privatradios und nicht-kommerzielle Sender müssen noch zustimmen
Die Schweiz will UKW abschalten
Quelle: YouTube, Screenshot: Michael Fuhr
Aufgrund der positiven Signale aus dem Markt und der Entwicklung der Nutzungszahlen will die Radiobranche die UKW-Abschaltung vorantreiben. Dies teilte die Arbeitsgruppe Digitale Migration (AG DigiMig) anlässlich des SwissRadioDay vom 27. August 2020 mit. Die wenige Tage zuvor unterzeichnete Branchenvereinbarung sieht vor, dass die SRG ihre UKW-Sender im August 2022 außer Betrieb nimmt, um den kommerziellen Veranstaltern den Umstieg zu erleichtern. Im Januar 2023 sollen dann die privaten Radiostationen ihre UKW-Sender vom Netz nehmen. Der Verband Schweizer Privatradios (VSP), die Union Romande des Radios Régionales (RRR) und die Union nicht-gewinnorientierter Lokalradios (Unikom) wollen bis Ende November 2020 die Zustimmung ihrer Mitglieder einholen.
Vereinzelt rührt sich aber wohl noch Widerstand, vor allem bei grenznahen Sendern in der Romandie, die Reichweitenverluste aufgrund einstrahlender Sender aus dem benachbarten Frankreich befürchten. Auch in der Deutsch-Schweiz ist ein Veranstalter (Radio 1 von Privatradiopionier Roger Schawinski) skeptisch.
Falls dennoch eine von der AG DigiMig definierte Mehrheit der Radioveranstalter dem Vorschlag der Verbände zustimmt, wird der UKW-Abschaltplan für alle Veranstalter verbindlich. Die SRG hat dem Vorschlag zur Abschaltung bereits zugestimmt.
Rechtliche Grundlagen für Umstieg geschaffen
Der schweizerische Bundesrat hat in den letzten Jahren die rechtlichen Grundlagen für den Umstieg von der analogen UKW-Technologie zum Digitalradio DAB+ geschaffen. Außerdem gewährt er den Radioveranstaltern während der Übergangsphase bis zur UKW-Abschaltung eine substanzielle finanzielle Unterstützung für die DAB+-Verbreitung. Innerhalb eines mehrjährigen Zeitfensters hat es der Bundesrat der Radiobranche überlassen, den Umstieg von UKW zu DAB+ selbständig zu organisieren. Die Medienbehörde BAKOM hat sich bereit erklärt, den von der Branche beschlossenen Abschaltplan als verbindliche Verpflichtung entgegennehmen und die UKW-Funkkonzessionen auf die vereinbarten Daten hin aufheben.
Seit Herbst 2015 ermittelt GfK Switzerland im Auftrag der AG DigiMig halbjährlich den Stand der Radionutzung in der Schweiz: Die elfte Erhebung vom Frühling 2020 hat ergeben, dass die digitale Radionutzung seit Herbst 2015 um 22 Prozentpunkte gestiegen ist. Radiohörerinnen und -hörer empfangen somit täglich 71 von 100 Radiominuten auf digitalem Weg (DAB+: 39 Prozent, Internet und Kabel: 32 Prozent). Gleichzeitig ist die UKW-Nutzung um 22 Prozentpunkte auf 29 Prozent gesunken.
DAB+ inzwischen beliebtester Empfangsweg
Nicht nur zu Hause und bei der Arbeit ist DAB+ der beliebteste Empfangsweg für Radioprogramme in der Schweiz. Auch im Auto, der letzten UKW-Bastion, hat DAB+ an Bedeutung gewonnen und UKW als wichtigsten Radio-Empfangsweg abgelöst. Die Radionutzung über DAB+ und Internet-Radio machen im Auto zusammen inzwischen 55 Prozent der Gesamtnutzung aus.
Im ersten Halbjahr 2020 waren die Verkäufe gemäß GfK-Erhebungen mit knapp 250 000 DAB+-Geräten – wohl coronabedingt – zwar rückläufig. Insgesamt wurden seit 2000 jedoch 5,07 Millionen Radios verkauft. Für den weiteren Verlauf wichtig ist die Tatsache, dass nun praktisch alle Neuwagen standardmäßig mit einem DAB+-Gerät ausgerüstet sind.
In Deutschland läuft UKW weiter
In den meisten anderen europäischen Ländern wird es im Vergleich eine langjährige Koexistenz von DAB+ und UKW geben. In Deutschland wurden inzwischen UKW-Lizenzen bis ins Jahr 2032 vergeben. Einige Länder wie Finnland oder Portugal haben bis heute kein Interesse an der Einführung des Digitalradios DAB+.
In Deutschland steigt die Vielfalt der Programme über DAB+: Über 260 Radioprogramme sind regional unterschiedlich über DAB+ verfügbar. Über 65 davon werden ausschließlich digital ausgestrahlt. Wir präsentieren eine Übersicht zum Stand von DAB+ Digitalradio.