Hintergründe

Deutsche Telekom: Diese Nachteile hätte "Superroaming"

Für Telekom-Chef Timo­theus Höttges hat sein Unter­nehmen die Markt­füh­rer­schaft im Mobil­funk gesi­chert. Weitere Hinter­gründe von der Bekannt­gabe der Quar­tals­zahlen.
Von der Quartalszahlenkonferenz der Telekom berichtet

Für Telekom-Chef Timo­theus Höttges hat sein Unter­nehmen "die Markt­füh­rer­schaft im Mobil­funk" gesi­chert. Beim Auf- und Ausbau von Antennen in Deutsch­land habe man einen "Riesen­sprung" von insge­samt 5000 Antennen (ca. 1600 Stand­orte) in den letzten 12 Monaten geschafft. Das sind Infor­mationen, die am Rande der Quar­tals­zah­len­kon­ferenz in Bonn bekannt gegeben wurden.

USA: Wechsel von Sprint zu T-Mobile durch Endge­räte

Der über­nom­mene Mobil­funk­netz­betreiber Sprint US verwen­dete eine völlig andere Technik als T-Mobile. Somit wurden für Bestands­kunden neue Endge­räte notwendig. Dazu wurde ein neues Endgerät vergüns­tigt abge­geben, damit die Bestands­kunden die von T-Mobile US verwen­dete 4G/5G-Technik nutzen konnten. Das ist abge­schlossen, also sind die Umsätze mit Endge­räten logi­scher­weise gesunken.

Durch die Über­nahme der "Mint-Mobile", was bis zu 1,35 Milli­arden US-Dollar kosten kann, sollen zusätz­liche Kunden­gruppen ange­spro­chen werden, insbe­son­dere jüngere Gene­rationen. Höttges betonte, "wir sind und bleiben der Un-Carrier". Mit der Un-Carrier-Kampagne, die ein wenig an den disrup­tiven Markt­ansatz des in Deutsch­land nicht mehr exis­tenten Discoun­ters "Simyo" erin­nert, hatte die Telekom den US-Markt völlig auf den Kopf gestellt und sich in Rich­tung Platz Eins vorge­arbeitet. Seit 2019 hat alleine die Telekom 5000 neue Stationen gebaut Seit 2019 hat alleine die Telekom 5000 neue Stationen gebaut
Foto: Picture Alliance/dpa

Bemer­kungen zum deut­schen Markt

Höttges stellt fest, dass der Infra­struk­tur­wett­bewerb in Deutsch­land deut­lich zuge­nommen hat. Ohne einen konkreten Namen zu nennen, merkte Höttges an, dass Wett­bewerber die Inves­titionen in Frage stellten und nach dem Regu­lierer riefen. Für Höttges sind die hohen Inves­titionen ein Erfolgs­garant. "Wir haben die beste Marke, letzte Woche sind wir zur Nummer Eins in Deutsch­land vor der Auto­mobil­indus­trie (Anm. der Red.: Gemeint ist der Stern von Unter­türk­heim) vorbei­gezogen."

Für Höttges ist klar: "Die Leute kommen zur Telekom, weil sie den besten Service und das beste Netz bieten, wir haben alle Netz­tests gewonnen." Dadurch gibt es eine nied­rige Wech­sel­rate ("Churn"). "Wir bauen das Netz schneller aus und erar­beiten uns dadurch Wett­bewerbs­vor­teile."

Dafür Kritik vom Wett­bewerber zu erhalten, findet Höttges "mehr als schräg". Er halte an seinen Ausbau­plänen fest und warnte deut­lich vor einem "Ruf nach mehr Regu­lie­rung".

Dienst­anbie­ter­ver­pflich­tung unnötig

Höttges nutzte die Gele­gen­heit, über die Notwen­dig­keit einer Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung zu spre­chen. Deutsch­land habe den größten Anteil an Dienst­leis­tern in Europa und die nied­rigsten Preise bei den Einstei­ger­tarifen. "39,5 Prozent der Kunden kommen über Diens­tean­bieter", rech­nete Höttges vor.

Sein wich­tiger Kunde Freenet zeichne gegen­über der Regu­lie­rungs­behörde ein "düsteres Bild" und wolle regu­lato­rische Eingriffe. Auf der anderen Seite melde die Freenet AG Gewinn­sprünge und eine höhere Divi­dende, weil sie gut und erfolg­reich mit der Telekom zusam­men­arbeiten. Beides bekomme er nicht zusammen.

"Soll das eine regu­lato­risch gestützte Gewinn­opti­mie­rung werden?" Und weiter: "Eine Diens­tean­bie­ter­ver­pflich­tung baut keine einzige neue Antenne." In Deutsch­land gebe es einen vitalen Markt für mobile virtu­elle Netz­betreiber (MVNO), sie hätten einen hohen Anteil und die Balance stimme.

Narrativ des Über­baus

Auch das "Überbau-Thema" beim Glas­faser­ausbau griff Höttges auf: "Seit der Libe­rali­sie­rung der TK-Märkte (vor 30 Jahren) arbeitet die Telekom daran, alter­native Infra­struk­turen aufzu­bauen." Die aktu­elle Diskus­sion und "das Narrativ vom Überbau kleiner Anbieter" durch die große Telekom stelle das in Frage.

Höttges hatte auch ein plas­tisches Gegen­bei­spiel: Der Ausbau der "Telekom-Stadt Bonn" mit Glas­faser sei seit Jahren in vollem Gange. Bereits im April 2020 hatte die Telekom ange­kün­digt, die gesamte Stadt (etwa 150.000 Anschlüsse) auszu­bauen. Nun habe das Unter­nehmen "West­con­nect" (gehört zu e.on) ange­kün­digt, dass sie das Netz der Telekom über­bauen wollten. "Wir lassen uns davon nicht beirren", betonte Höttges.

Erfolg­rei­cher Glas­fasertag

Höttges erin­nerte an den Glas­faser-Partner-Tag (wir berich­teten), wo sich das Thema "Überbau" als Rand­phä­nomen im einstel­ligen Prozent­bereich erwiesen habe. Jahre­lang sei nach Wett­bewerb gerufen geworden, "jetzt ist er da und jetzt rufen VATM und BREKO nach Regu­lie­rung."

Deutsch­land sollte sich an zukunfts­ori­entierten Infra­struktur-Elementen orien­tieren. Wenn regu­liert werden müsse, dann eher auf euro­päi­scher Ebene: Wie kann die euro­päi­sche Tele­kom­muni­kati­ons­indus­trie global wett­bewerbs­fähig werden? Höttges griff das Thema "Fair Share" auf, bei dem die großen Internet-Konzerne wie Google, Apple, Meta etc. an den Kosten für das Internet betei­ligt werden sollen. "Das würde allen Infra­struktur bauenden Unter­nehmen helfen."

Telekom baut selbst

Beim Glas­faser-Ausbau ist die Telekom dabei, eigene Bauka­pazi­täten aufzu­bauen und hat dafür 1000 Personen neu einge­stellt. Eigene Bagger der Telekom sollen den soge­nannten "Haus­stich" ausführen. Das gäbe Dynamik. "Wenn ein Magenta Bagger anrollt, ist der wirk­lich von uns." Nach 300.000 neuen Glas­faser­anschlüssen im ersten Quartal soll das auf mehr als 2,5 Millionen im Gesamt­jahr ansteigen.

Verwun­derung über "Super-Roaming"

Auf Nach­frage ging Höttges nochmal auf das von 1&1-Chef Dommer­muth gefor­derte "Super­roa­ming" ein. Höttges habe das "mit großer Verwun­derung zur Kenntnis genommen". Das gebe es in keinem euro­päi­schen Umfeld, auch in den USA nicht, wie er auf Nach­frage von teltarif.de ausführte. Was es in den USA gibt, sind frei­wil­lige zwischen den Netz­betrei­bern ausge­han­delte Roaming-Abkommen.

Eine verord­netes Zwangs­roa­ming hätte Nach­teile, weil sich dann ein eigener Ausbau kaum noch lohnen würde. Sein Konkur­rent Dommer­muth würde dann nur noch andere Netze nutzen und soweit Höttges bekannt ist, habe er ja heute schon ein Roaming-Abkomen mit o2. Höttges wisse auch nicht genau, "wonach der fragt".

Das alles liege im Wider­spruch zu Zielen der EU und Deutsch­lands inklu­sive der Bundes­netz­agentur möglichst Infra­struktur auszu­bauen. Höttges erwähnte beiläufig, dass die Telekom seit der 2019er-5G-Auktion alleine 5000 neue Basis­sta­tionen errichtet habe. Das habe ihm Kritik einge­han­delt, weil seine Schulden ange­stiegen seien. Abschlie­ßend hält Höttges die gesamte Diskus­sion um das Super­roa­ming für "komplett absurd".

Lineare Preis­erhö­hungen wohl nicht geplant

Zu mögli­chen Preis­erhö­hungen im Mobil­funk erklärte Finanz­chef Illek: "Wir stellen uns der Diskus­sion, wenn es soweit ist." Tim Höttges betonte die "More for More"-Stra­tegie. Er ist sich bewusst, dass seine Preise als "teuer" wahr­genommen werden. "Wir wollen Kunden über­zeugen, du bekommst das beste Netz, es ist für dich erschwing­lich."

Höttges verwies auf das "Next Magenta", das güns­tige Zusatz­karten für "Fami­lien" oder Haus­halte vorsieht. Höttges möchte keine Preis­erhö­hung, sondern möchte "bestes Netz zum vernünf­tigen Preis" verspre­chen.

Fixed Wire­less Access?

Während die Telekom aktuell auf Glas­faser für das Internet zu Hause setzt, macht man sich auch schon Gedanken, wie man das 5G-Netz (auch über 5G-SA) stärker nutzen kann, um Inter­net­zugang über Funk (FWA) in Gebiete mit geringer Fest­netz-Band­breite ausbauen kann. Das läuft unter dem Begriff "Hybrid" (Kombi­nation der Signale von Fest­netz und Mobil­funk).

Das FWA-Produkt soll weiter ausge­baut werden, analog zu den USA. In den USA schaut sich T-Mobile US übri­gens auch den Glas­fiber-Markt an ("We are open minded"). Konkrete Entschei­dungen gibt es aber nicht.

Über die Quar­tals­zahlen haben wir in den Meldungen: Deut­sche Telekom: Funk­turm-Trans­aktion stabi­lisiert Zahlen und Telekom: Mehr Kunden in Deutsch­land, Europa und den USA berichtet.

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