Netzausbau: o2 stellt seine Strategie für 2021 vor
Zum Jahreswechsel werden Pläne und Vorsätze geschmiedet. Ob die dann am Ende eingehalten werden können, ist oft eine andere Frage.
Der Netzbetreiber Telefónica Deutschland (o2) hat heute "die mittelfristigen Wachstumsziele" trotz der anhaltenden Corona-Krise bekräftigt. Das Unternehmen plant nach eigenen Angaben, "in den drei Jahren bis 2022 kumuliert um mindestens fünf Prozent zu wachsen und gleichzeitig seine Profitabilität nachhaltig zu steigern". In der Schule hätte man wohl von der "Quadratur des Kreises" gesprochen, Finanzinvestoren und Anteilseigner wird es freuen.
Ambitioniertestes Netzausbauprogramm
Für 2021 und danach hat sich Telefónica-o2 viel vorgenommen. Was wird davon Wirklichkeit werden und was bleibt Wunsch?
Bild: Telefónica Germany (o2)
Das Unternehmen plant das "ambitionierteste Netzausbauprogramm der Unternehmensgeschichte" und will dieses Jahr "so viel wie nie zuvor" in sein Netz investieren. Die Kunden wird es freuen.
Bereits bis Jahresende 2021 möchte o2 "über 30 Prozent der Haushalte" in Deutschland mit 5G erreichen können, und bis 2025, so lautet das mutige Versprechen, soll ein flächendeckendes 5G-Netz in ganz Deutschland ausgerollt sein.
Turmverkauf bringt Geld in die Kasse
Die Erlöse aus dem Verkauf von Dachstandorten und Sendetürmen an die Funkturmgesellschaft Telxius (eine Tochter des Mutterkonzerns Telefonica S.A.) sollen im Wesentlichen in die Infrastruktur (Leitungen, Sender, Antennen) und in die "geschäftliche Weiterentwicklung" gesteckt werden.
Die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft werde Kosten senken und die Erlöse steigern. Das Unternehmen möchte in den nächsten drei Jahren um mindestens fünf Prozent wachsen.
Graue Flecken gemeinsam ausbauen
Wie bereits berichtet plant Telefónica in Zusammenarbeit mit der Telekom und Vodafone hunderte sogenannter „grauer Flecken“ im 4G-Netz zu schließen. An Orten, an denen bislang nur ein Betreiber die dort ansässigen Einwohner versorgen kann, werden sich die Partner zum Nutzen ihrer Kunden gegenseitigen Netzzugang zu gewähren. Dieser Ansatz ergänzt die Zusammenarbeit zur Schließung „weißer Flecken“, wo es noch überhaupt keine Versorgung gibt.
Nach der Vereinbarung mit der Telekom und Vodafone bis zu 6000 weiße Flecken zu schließen, ist das heute mit der Telekom und Vodafone jeweils bilateral vereinbarte aktive Netz-Sharing ein weiterer Schritt, um kosteneffizient die Versorgung und Netzqualität im Sinne der Kunden zu steigern.
Noch in diesem Jahr will Telefónica Deutschland/o2 zudem damit beginnen, rund 1000 Mobilfunkstandorte mit Open RAN-Technologie auszustatten, wodurch das Unternehmen sich von Herstellern unabhängiger machen und die schnellere Einführung neuer Dienste ermöglichen möchte.
Die Produkt- und Marketingstrategie des Unternehmens zeige "messbare Erfolge": Die eigenen Kunden von Telefónica Deutschland/o2, zu denen das Unternehmen einen direkten Kontakt hat (also nicht über Discount-Anbieter oder Service-Provider), machten etwa 80 Prozent der Kundenbasis aus.
Der Durchschnittsumsatz bei neuen o2-Kunden liege im Schnitt um rund 20 Prozent über dem Umsatz von Bestandskunden. o2 führt diese Erkenntnis auf das steigende Interesse an großen Datenmengen und Bündelprodukten (Festnetz/Mobilfunk) zurück.
Immer mehr digitalisiert
Telefónica Deutschland/o2 habe Vertrieb und Kundenservice erfolgreich "digitalisiert": Ein immer größerer Teil der Umsätze und Dienstleistungen werde im Web oder mobil generiert bzw. erbracht.
Unternehmenschef Markus Haas findet, dass sein "operatives Geschäft sehr widerstandsfähig" sei. Der im vergangenen Jahr eingeschlagene Kurs trage mittlerweile sichtbare Früchte. Man sei beim Netzausbau "entscheidend vorangekommen" und sieht sich "nun auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb". Die Anwender draußen im Land dürften dieser Auffassung nur bedingt zustimmen.
Bei o2 ist man optimistisch: "Unsere Kundenzufriedenheit steigt deutlich und unser Geschäftsmodell erweist sich in diesen herausfordernden Zeiten als äußerst robust“, so Markus Haas weiter. Er sieht den „weiteren Ausbau des starken o2-Netzes und die weitere Verbesserung der Angebote für Privat- und vor allem Geschäftskunden vor allem durch gebündelte Mobilfunk- und Festnetzprodukte als der Schlüssel zu profitablem Wachstum.“
Netz auf Augenhöhe?
Telefónica Deutschland stehe zu Anfang 2021 stärker da als jemals zuvor. Das Netz sei "so wettbewerbsfähig wie nie": Im Dezember wurde es von der Zeitschift connect erstmals als „sehr gut“ bewertet, auf gleicher Stufe wie die anderen Netzbetreiber. Das tut dem Münchner Netzbetreiber gut, während Fachleute die Stirn runzeln.
o2 hat weitere Argumente: Der Net Promoter Score, der den Anteil an Kundenempfehlungen misst, sei über die vergangenen drei Jahre um fast 20 Prozentpunkte gestiegen. Die Kundentreue bewege sich auf Rekordniveau. Die durchschnittliche monatliche Abwanderungsrate "Churn Rate") bei o2-Vertragskunden habe zuletzt auf einem historischen Tiefstwert von monatlich ein Prozent gelegen.
In den ersten neun Monaten habe kein anderer Wettbewerber höhere Zuwächse bei Mobilfunkverträgen aufweisen können. Diese Entwicklungen fänden sich auch in den Finanzkennzahlen wider: Bei Umsatz und Betriebsergebnis habe man trotz Pandemie in den ersten neun Monaten 2020 und speziell im dritten Quartal "ein gutes Momentum" gehabt.
o2 TV: Jederzeit, überall auf allen Geräten
o2 plant, durch die verbesserte Netzabdeckung auf dem Land neue Marktanteile zu gewinnen und seine Position in den Städten mit Hilfe von kapazitätsstarker Infrastruktur zu festigen. Durch die "größte Festnetzabdeckung" in Deutschland (o2 verkauft Leitungen und Dienste anderer Netzbetreiber) möchte o2 verstärkt Bündelangebote anbieten, was pro Haushalt und Kunde mehr Umsatz versprechen dürfte.
Verkauf von Standorten bringt Geld
Durch den Verkauf von etwa 10.000 Sendetürmen ("passive Infrastruktur") an die Firma Telxius kam Geld in die Kasse, was "finanzielle Flexibilität in der Pandemie-Phase" bringt.
100 Millionen Euro nimmt o2 beispielsweise für eine Beteiligung an der neuen Glasfasergesellschaft „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG) in die Hand. Unter dem Dach der spanischen Telefónica sollen mit der "Allianz Glasfaser" in Deutschland über fünf Milliarden Euro in den Glasausbau investiert werden. o2 ist mit zehn Prozent an der UGG beteiligt.
Die Einnahmen aus dem Turmverkauf sollen einen dieses Jahr fällig werdenden Schuldschein in Höhe von 500 Millionen Euro ablösen und das restliche Geld soll für künftige Frequenz-Zahlungen auf die hohe Kante gelegt werden.
Bonbon für Anteilseigner
Die "robuste Geschäftsentwicklung" macht den Anteilseignern "Appetit". Die zugesagte Mindestdividende soll bis einschließlich 2023 gelten und wird von mindestens 17 Cent pro Aktie auf 18 Cent erhöht. 18 Cent werden bei der Hauptversammlung im Mai für das Jahr vorgeschlagen.
Finanzvorstand Markus Rolle legt Wert auf eine ausgewogene Verwendung der Einnahmen aus dem Turmverkauf. "Wir investieren in zukunftsträchtige Infrastruktur und beteiligen gleichzeitig unsere Anteilseigner an diesem erfolgreichen Verkauf.“
Was hat der Kunde davon?
Der bessere Netzausbau kommt den Kunden zu Gute, die bisher mehrfach oder dauerhaft im Funkloch gelandet sind. Neben der Verbesserung der Versorgung an sich, gehört auch die Erhöhung der Kapazitäten und Lade-Geschwindigkeiten dazu.
Doch sobald sich hier etwas bessert, kommen noch mehr Kunden "auf den Geschmack" und laden mehr Filme oder starten andere datenintensive Anwendungen. Das bedeutet, o2 muss sofort erneut weiter ausbauen und vorhandene Technik gegen neuere (bessere) auswechseln. Sonst hat der Kunde nichts davon.
Der "Wert" eines Netzes
In Zeiten der Pandemie entdecken viele Kunden den "Wert" ihres Anbieters. Günstige Preise sind sicher wichtig, wenn die eigenen Einkommen gering sind oder ganz fehlen. Günstige Preise bedeuten aber auch weniger Möglichkeiten, ausreichend und stabiles Netz zur Verfügung zu stellen. Deswegen müssen viele Unternehmen zu solchen Buchhalter-Tricks greifen und verkaufen ihr Tafelsilber, um es anschließend wieder zurück zu mieten. Die Turmgesellschaften versprechen sich vom Kauf der Türme und Standorte, neue Geschäfte mit anderen (konkurrierenden) Anbietern.
In Sachen Netzausbau hat o2 noch eine gewaltige Wegstrecke vor sich, bis sie wirklich "auf Augenhöhe" mit den anderen Anbietern sind. Immerhin: "Gefühlt" liegt o2 stellenweise bereits vor Vodafone. Wenn das Tempo durchgehalten werden kann, wäre es erfreulich.
Die Bundesnetzagentur vergibt nicht nur teure Sendelizenzen für Mobilfunk, sondern schaut auch, welcher Geräte auf den Markt kommen dürfen und welche nicht.