Analyse

Streaming in Deutschland: Prime Video hängt Netflix ab

Der Strea­ming-Markt ist kräftig in Bewe­gung, was sich nun auch an der Spitze zeigt: Amazon weist Bran­chen­primus Netflix in die Schranken und baut seinen Vorsprung in einer aktu­ellen Analyse weiter aus.
Von Björn König

Amazon festigt seinen Platz als Markt­führer unter den Strea­ming-Diensten in Deutsch­land. Dieses Fazit zieht das Markt­for­schungs­institut Ampere Analy­tics in einer aktu­ellen Studie. Im vergan­genen Jahr stieg die Zahl der aktiven Nutzer bei Prime Video um 1,4 Millionen auf nunmehr 12,6 Millionen Abon­nenten an. Netflix gewann im glei­chen Zeit­raum ledig­lich 300.000 Abon­nenten hinzu und hält somit nun 9,6 Millionen aktive Verträge in seinen Büchern. Im laufenden Jahr könnte sich der Abstand zwischen beiden Bran­chen­größen noch­mals vergrö­ßern, so rechnet Ampere Analy­tics bei Prime Video mit 13,8 Millionen Abon­nenten, beim Bran­chen­primus aus Los Gatos jedoch nur mit zehn Millionen Nutzern.

Deutsch­land ist Ausnahme

Foto: Netflix Trotz erfolgreichen Serien wie "Ozark" zieht Netflix in Deutschland nicht an Prime Video vorbei
Foto: Netflix
Neben Öster­reich ist Deutsch­land bei den Abon­nen­ten­zahlen beider großer Streamer die Ausnahme. Nur in diesen Ländern liegt Amazon vor seinem wich­tigsten Mitbe­werber. Doch woran lässt sich diese spezi­fische Entwick­lung fest­machen? Einer­seits sicher­lich mit der tiefen Markt­durch­drin­gung von Amazon Prime. Insbe­son­dere in Deutsch­land gilt der Versand­ser­vice von Amazon als beson­ders attraktiv und viele Kunden nehmen den Strea­ming-Dienst dann als kosten­loses Zusatz­angebot mit.

Ampere-Analystin Jaanika Juntson sieht jedoch abseits des Kunden­bin­dungs­pro­gramms Prime noch weitere Gründe für den beson­deren Erfolg von Prime Video. Insbe­son­dere biete die Platt­form mehr regio­nale Titel aus dem deutsch­spra­chigen Raum. Ein noch gewich­tigerer Grund ist aber offenbar das Sport­angebot mit einigen Spielen der Cham­pions League. Dies ist gegen­über Netflix ein beson­deres Allein­stel­lungs­merkmal, denn der inter­natio­nale Markt­führer setzt in seinem Katalog fast ausschließ­lich auf Serien und Filme.

Wie sieht die Zukunft aus?

Zwei­fellos steht vor allem Netflix beson­ders unter einem stetig zuneh­mendem Wett­bewerbs­druck. Im Gegen­satz zur Konkur­renz geht es weniger darum, weiter Markt­anteile zu gewinnen, sondern viel­mehr die bishe­rige Spit­zen­posi­tion zu halten. Und genau dabei sieht es alles andere als positiv aus. Das Unter­nehmen ist in den vergan­genen Monaten weniger durch High­lights und Block­buster, als viel­mehr durch Preis­erhö­hungen und Lizenz­ver­luste in Erschei­nung getreten.

Dass sich diese Situa­tion auf mitt­lere Sicht wieder bessert, gilt in der Branche als unwahr­schein­lich. Alle großen Studios verfolgen mitt­ler­weile die gleiche Direct-to-Consumer-Stra­tegie und lassen dies Netflix in beson­derem Maße spüren. Auch im Bereich Eigen­pro­duk­tionen hat die Corona-Pandemie zu deut­lichen Lücken bzw. Verzö­gerungen bei Produk­tionen geführt, obwohl viele Abon­nenten gerade in dieser Phase mehr Zeit vor ihrem Fern­seher verbracht haben.

Irrele­vante Kosten

Auf lange Sicht dürfte Amazon im Strea­ming auch finan­ziell die Nase vorn haben. Für den Versand­händler sind Inhalte nur ein Zusatz­geschäft, welches sich aus anderen Geschäfts­berei­chen quer­finan­zieren lässt. Aus diesem Grund kann sich der US-Konzern problemlos leisten, seinen Streamer zum "Spott­preis" anzu­bieten. Die Prime-Mitglied­schaft liegt mit rund acht Euro pro Monat trotz umfang­rei­cher Leis­tungen immer noch deut­lich unter allen wich­tigen Mitbe­wer­bern.

Aller­dings setzt Prime Video auch deut­lich weniger auf Eigen­pro­duk­tionen, wobei sich diese jedoch ebenso durch eine vergleichs­weise hohe Produk­tions­qua­lität auszeichnen. Zu nennen wären hier insbe­son­dere die Science Fiction-Serie "The Expanse" als auch die Anwalts­serie "Goliath" mit Billy Bob Thornton. Gegen Lizenz­ver­luste durch die Stra­tegien großer US-Studios ist Amazon zwar auch nicht immun, dürfte aber zumin­dest weitaus weniger betroffen sein, wenn sich das US-Film­studio MGM auch recht­lich unter dem Dach des Versand­händ­lers befindet.

Ausge­boomt? Netflix enttäuscht mit schwa­chen Nutzer­zahlen.

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