Ungerecht?

Streaming-Abos: Netflix & Co. hadern weltweit mit Preisen

In Deutsch­land ist Netflix vergleichs­weise teuer. Wer sein Abo hingegen in der Türkei bucht, zahlt nur einen Bruch­teil der deut­schen Preise. Ökono­misch ist dies nach­voll­ziehbar, doch nicht nur für die Strea­ming-Dienste selbst ein Problem.
Von Björn König

Viele Faktoren können die Preise von Waren und Dienst­leis­tungen in einzelnen Ländern beein­flussen. Dazu zählt zum Beispiel die Wirt­schafts­leis­tung eines Staates - defi­niert am Brut­toin­lands­pro­dukt - und natür­lich konkrete kurz­fris­tigere Effekte wie Infla­tion. Preis­unter­schiede in einzelnen Ländern fallen beson­ders bei Produkten auf, die in entwi­ckelten west­lichen Märkten vergleichs­weise teuer sind.

Zu nennen wäre zum Beispiel das Apple iPhone aber auch Strea­ming-Dienste wie Netflix & Co. Während Zuschauer in West­europa für ein 4K-Abo des Anbie­ters teils bis zu 20 Euro bezahlen, gibt es das vergleich­bare Angebot in Ländern wie der Türkei für ein Viertel des Preises. Die massiven Preis­unter­schiede sind ökono­misch nach­voll­ziehbar, doch für die Strea­ming-Dienste selbst ein Problem.

Maßstab sind Produk­tions­kosten

Streaming ist in Entwicklungsländern oftmals günstiger Streaming ist in Entwicklungsländern oftmals günstiger
Bild: Shutterstock
Ganz grund­sätz­lich geht es zunächst darum, die Produk­tions­kosten für teure Origi­nals wieder einzu­spielen. Durch die gravie­renden globalen Preis­unter­schiede werden aber Abon­nenten in west­lichen Ländern stärker durch entspre­chende Kosten belastet. Konkret bedeutet diese Entwick­lung, dass zum Beispiel vor allem Netflix-Abon­nenten in Deutsch­land, Frank­reich, den USA oder Kanada die Produk­tions­kosten für Serien wie "Stranger Things" tragen.

Was Zuschauer in West­europa und den USA als unge­recht empfinden, ist aber auch für Netflix selbst ein Problem. Denn die nied­rigeren Preise bedeuten schließ­lich nicht nur eine Umver­tei­lung der Produk­tions­kosten, sie führen letzt­end­lich in den soge­nannten Emer­ging-Markets auch zu weniger Profit bzw. Gewinn. Umso wich­tiger wird es in Ländern wie Indien, das Produkt zu skalieren. Es müssen also weitaus mehr Abos verkauft werden.

Alter­native Vertriebs­modelle

Die Streamer suchen deshalb insbe­son­dere in Entwick­lungs­län­dern nach neuen Vertriebs­modellen, welche speziell an diese Märkte ange­passt sind. Ein Beispiel hierfür ist Indien, wo die Nutzung auf mobilen Endge­räten höher ist. Dementspre­chend lässt sich das Abo güns­tiger anbieten, wenn es nicht auf Smart TVs verfügbar ist. Derar­tige Modelle sind hingegen in west­lichen Ländern in der Regel über­haupt nicht verfügbar.

Dennoch, letzt­end­lich bleiben globale Preis­unter­schiede für Strea­ming-Dienste ein großes Problem. Nicht ohne Grund boomen vor allem VPNs, mit denen User gerne ein "Schnäpp­chen" machen und ihr Netflix-Premi­umabo lieber für fünf Euro in der Türkei buchen. Auf Dauer werden immer weniger Kunden bereit sein, diese Preis­dif­ferenzen zu akzep­tieren. Denn trotz ökono­mischer Unter­schiede ist und bleibt Netflix in allen Ländern das iden­tische Produkt. Unter Umständen treiben die Medi­enkon­zerne Kunden somit wieder auf ille­gale Platt­formen, wenn die Preis­spanne für sie nicht mehr akzep­tabel ist.

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