Fernsehen

Hat der deutsche TV-Markt noch Zukunft?

Deutsch­land gilt in Europa als beson­ders wett­bewerbs­inten­siver TV-Markt. Vor allem auf den privaten Sender­gruppen lastet ein enormer Konso­lidie­rungs­druck. Hat die natio­nale Fern­seh­branche noch Zukunft?
Von Björn König

Auf dem deutschen TV-Markt herrscht ein ungleicher Wettbewerb Auf dem deutschen TV-Markt herrscht ein ungleicher Wettbewerb
Foto: dpa
"Konkur­renz belebt das Geschäft" ist eine durchaus geläu­fige Redensart, doch dieser Wett­bewerb muss nicht immer von Vorteil sein. So zum Beispiel für die deut­schen Privat­sender RTL, ProSieben & Co. Im Gegen­satz zu vielen anderen Bran­chen begegnen sich die Markt­teil­nehmer nämlich hier nicht auf Augen­höhe. Und das kann auf Dauer für die Schwä­cheren nur nega­tive Konse­quenzen haben. Doch warum gibt es eine solche Schief­lage auf dem deut­schen TV-Markt?

Gegner US-Studios

Auf dem deutschen TV-Markt herrscht ein ungleicher Wettbewerb Auf dem deutschen TV-Markt herrscht ein ungleicher Wettbewerb
Foto: dpa
Die beiden großen privaten Sender­gruppen RTL und ProSiebenSat.1 hängen wirt­schaft­lich vor allem am Tropf des Werbe­marktes. Und dieser wird durch große ökono­mische Krisen wie Corona oder Infla­tion für die Sender immer unbe­rechen­barer. Die Konkur­renz aus US-Medi­enkon­zernen hingegen schöpft im Strea­ming aus Aboge­bühren und Werbung - und zwar nicht nur national in Deutsch­land, sondern vor allem auf globaler Ebene.

Hinzu kommt, die großen Studios verdienen bei Inhalten an der gesamten Wert­schöp­fungs­kette, wohin­gegen sich deut­sche TV-Sender bild­lich gespro­chen nur noch am Ende der Nahrungs­kette bedienen und sich mit dem abfinden müssen, was die Studios ihnen durch Lizenz­inhalte anbieten - ergänzt durch mehr oder weniger hoch­wer­tige Eigen­pro­duk­tionen.

Gegner ARD und ZDF

Der zweite ungleiche Gegner des Privat­fern­sehens sind öffent­lich-recht­liche Rund­funk­anstalten. Während die Privat­sender von Krise zu Krise taumeln und jeden Cent auf Wirt­schaft­lich­keit umdrehen müssen, sind jähr­liche Milli­arden­ein­nahmen für ARD und ZDF durch den Rund­funk­bei­trag völlig unab­hängig von ökono­mischen Rahmen­bedin­gungen sicher.

Beson­ders deut­lich wird dieses Ungleich­gewicht, wenn es zum Beispiel um den Erwerb von Sende­rechten an großen bzw. gesell­schaft­lich rele­vanten Sport­events geht und gerade auch bei den für die Privat­sender so wich­tigen Holly­wood-Filmen zeigen sich Defi­zite: So kriti­sierte ProSiebenSat.1 in der Vergan­gen­heit, dass die ÖRR-Sender ProSiebenSat.1 Rechte an attrak­tiven Holly­wood­filmen vor der Nase wegschnappen und sie dann ins Nacht­pro­gramm verfrachten, wo kaum noch jemand zuschaut.

Kartell­behörden verhin­dern Konso­lidie­rung

Eine mögliche Lösung für das Dilemma wäre, dass es auf natio­naler oder euro­päi­scher Ebene zu einer Konso­lidie­rung der TV-Sender­gruppen RTL und ProSiebenSat.1 kommt. Doch Politik, Kartell­behörden und Medi­enauf­sicht haben schon in viel­fäl­tiger Weise deut­lich gemacht, dass sie einer solchen Idee wenig abge­winnen können. Somit bleibt den Sendern bislang wenig, als sich von TV-Werbung unab­hän­giger zu machen.

Doch auch dies ist nicht ohne Risiko. Vor allem ProSiebenSat.1 versuchte unter CEO Max Conze bzw. Rainer Beau­jean sein Geschäfts­modell abseits von Fern­sehen breiter aufzu­stellen. Eine TV-Gruppe zum betriebs­wirt­schaft­lichen Gemischt­waren­laden umzu­bauen, löste aller­dings nicht nur bei Anteils­eig­nern Kopf­schüt­teln aus. Am Ende führte dies sogar zu hand­festen justi­zia­blen Problemen, wie das Enga­gement von ProSiebenSat.1 bei Jochen Schweizer mydays offen­barte.

Eine Einschät­zung (von Björn König)

Wenn Privat­fern­sehen in Zukunft noch eine Rolle im deut­schen Medi­enmarkt spielen soll, braucht es faire Rahmen­bedin­gungen und poli­tischen Willen. Heißt konkret: Die Politik darf Konso­lidie­rungs­bemü­hungen der TV-Sender­gruppen nicht weiter behin­dern. Die Sender müssen in die Lage versetzt werden, ihre Kräfte gegen US-Medi­enkon­zerne zu bündeln. Und auch in Konkur­renz zum ÖRR braucht es drin­gend mehr Fair Play.

Zwar ist Medi­enpo­litik in Deutsch­land formal Länder­sache, doch die Branche denkt schon längst in globalen Dimen­sionen. Dieser Prozess ist letzt­end­lich unum­kehrbar. Den Privat­sen­dern poli­tisch Steine in den Weg zu legen, um sich in diesem Wett­bewerb fair aufstellen zu können, schadet am Ende nur dem Medi­enstandort Deutsch­land.

ProSiebenSat.1 muss Farbe bekennen

Mehr zum Thema Fernsehen