Hat der deutsche TV-Markt noch Zukunft?
Auf dem deutschen TV-Markt herrscht ein ungleicher Wettbewerb
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"Konkurrenz belebt das Geschäft" ist eine durchaus geläufige Redensart, doch dieser Wettbewerb muss nicht immer von Vorteil sein. So zum Beispiel für die deutschen Privatsender RTL, ProSieben & Co. Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen begegnen sich die Marktteilnehmer nämlich hier nicht auf Augenhöhe. Und das kann auf Dauer für die Schwächeren nur negative Konsequenzen haben. Doch warum gibt es eine solche Schieflage auf dem deutschen TV-Markt?
Gegner US-Studios
Auf dem deutschen TV-Markt herrscht ein ungleicher Wettbewerb
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Die beiden großen privaten Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 hängen wirtschaftlich vor allem am Tropf des Werbemarktes. Und dieser wird durch große ökonomische Krisen wie Corona oder Inflation für die Sender immer unberechenbarer. Die Konkurrenz aus US-Medienkonzernen hingegen schöpft im Streaming aus Abogebühren und Werbung - und zwar nicht nur national in Deutschland, sondern vor allem auf globaler Ebene.
Hinzu kommt, die großen Studios verdienen bei Inhalten an der gesamten Wertschöpfungskette, wohingegen sich deutsche TV-Sender bildlich gesprochen nur noch am Ende der Nahrungskette bedienen und sich mit dem abfinden müssen, was die Studios ihnen durch Lizenzinhalte anbieten - ergänzt durch mehr oder weniger hochwertige Eigenproduktionen.
Gegner ARD und ZDF
Der zweite ungleiche Gegner des Privatfernsehens sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Während die Privatsender von Krise zu Krise taumeln und jeden Cent auf Wirtschaftlichkeit umdrehen müssen, sind jährliche Milliardeneinnahmen für ARD und ZDF durch den Rundfunkbeitrag völlig unabhängig von ökonomischen Rahmenbedingungen sicher.
Besonders deutlich wird dieses Ungleichgewicht, wenn es zum Beispiel um den Erwerb von Senderechten an großen bzw. gesellschaftlich relevanten Sportevents geht und gerade auch bei den für die Privatsender so wichtigen Hollywood-Filmen zeigen sich Defizite: So kritisierte ProSiebenSat.1 in der Vergangenheit, dass die ÖRR-Sender ProSiebenSat.1 Rechte an attraktiven Hollywoodfilmen vor der Nase wegschnappen und sie dann ins Nachtprogramm verfrachten, wo kaum noch jemand zuschaut.
Kartellbehörden verhindern Konsolidierung
Eine mögliche Lösung für das Dilemma wäre, dass es auf nationaler oder europäischer Ebene zu einer Konsolidierung der TV-Sendergruppen RTL und ProSiebenSat.1 kommt. Doch Politik, Kartellbehörden und Medienaufsicht haben schon in vielfältiger Weise deutlich gemacht, dass sie einer solchen Idee wenig abgewinnen können. Somit bleibt den Sendern bislang wenig, als sich von TV-Werbung unabhängiger zu machen.
Doch auch dies ist nicht ohne Risiko. Vor allem ProSiebenSat.1 versuchte unter CEO Max Conze bzw. Rainer Beaujean sein Geschäftsmodell abseits von Fernsehen breiter aufzustellen. Eine TV-Gruppe zum betriebswirtschaftlichen Gemischtwarenladen umzubauen, löste allerdings nicht nur bei Anteilseignern Kopfschütteln aus. Am Ende führte dies sogar zu handfesten justiziablen Problemen, wie das Engagement von ProSiebenSat.1 bei Jochen Schweizer mydays offenbarte.
Eine Einschätzung (von Björn König)
Wenn Privatfernsehen in Zukunft noch eine Rolle im deutschen Medienmarkt spielen soll, braucht es faire Rahmenbedingungen und politischen Willen. Heißt konkret: Die Politik darf Konsolidierungsbemühungen der TV-Sendergruppen nicht weiter behindern. Die Sender müssen in die Lage versetzt werden, ihre Kräfte gegen US-Medienkonzerne zu bündeln. Und auch in Konkurrenz zum ÖRR braucht es dringend mehr Fair Play.
Zwar ist Medienpolitik in Deutschland formal Ländersache, doch die Branche denkt schon längst in globalen Dimensionen. Dieser Prozess ist letztendlich unumkehrbar. Den Privatsendern politisch Steine in den Weg zu legen, um sich in diesem Wettbewerb fair aufstellen zu können, schadet am Ende nur dem Medienstandort Deutschland.