Rückblick

Geschichte der Emojis: Kleine Bildchen älter, als man denkt

Smileys prägen unsere Kommu­ni­ka­tion. Doch wann ging das los? Zum Welt-Emoji-Tag ein Blick auf die Anfänge der Symbole: Der ist aber gar nicht so einfach zu bestimmen. Und er reicht unglaub­lich weit zurück.
Von dpa /

Emojis bestimmen digitale Kommunikation - aber sie sind schon sehr alt Emojis bestimmen digitale Kommunikation - aber sie sind schon sehr alt
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Tränen lachen, Okay geben, Augen verschließen oder Flagge zeigen: Mehr als 3300 Emojis stehen heute für die digi­tale Kommu­ni­ka­tion zur Auswahl. Mitt­ler­weile gleicht das Sorti­ment allein zum Thema Essen bei WhatsApp und Co. einem All-Inclu­sive-Buffet, die Tier­welt fleucht wie auf einem Bauernhof. Am Anfang sah das noch ganz anders aus. Aber wann ging das los?

Smileys, die aus Satz­zei­chen gebildet wurden, gab es schon seit den frühen 1980er-Jahren als Vorläufer der heutigen Emojis, auch der MS-DOS-Zeichen­satz beinhal­tete Smileys. Das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) rühmt sich, die "origi­nale" Kollek­tion der Emojis zu besitzen. Im Jahr 1999 entwirft Desi­gner Shige­taka Kurita 176 Pikto­gramme für den japa­ni­schen Mobil­funk­an­bieter NTT Docomo und - darunter Stern­zei­chen, Herz­chen und Wetter­phä­no­mene. Die Gesichter mit ihren unver­kenn­baren Anleihen aus Manga-Comics bestehen damals nur aus Augen und Mund - ohne Kreis. Serviert werden kann nur ein Burger, im digi­talen Zoo streunen allein zwei Katzen. Mit dabei sind seiner­zeit aber schon die noch heute bekannten Pfeil-Symbole "Soon" und "End".

"Schlicht, elegant und prägnant", schreibt das MoMA über die Zeichen von je zwölf mal zwölf Pixeln. "Kuritas Emojis pflanzten die Samen für die Explo­sion einer neuen Bild­sprache." Das Wort "Emoji" stammt von den japa­ni­schen Schrift­zei­chen für "e" (Bild), "mon" (Ausdruck) und "ji" (Buch­stabe). Emojis bestimmen digitale Kommunikation - aber sie sind schon sehr alt Emojis bestimmen digitale Kommunikation - aber sie sind schon sehr alt
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Ursprünge liegen schon vor Kurita

Zunächst ist Kuritas Tableau nur in Fernost erhält­lich. Erst mehr als ein Jahr­zehnt später setzen die Pikto­gramme zum welt­weiten Siegeszug an. 2010 erhalten die Emojis endgültig ihren Platz im Unicode, dem Stan­dard für digi­tale Codie­rung. Zur Auswahl stehen dann schon Hunderte Zeichen. So landen sie auf den Handys von Apple und Google, auf Platt­formen wie Face­book und Twitter - und vermehren sich seitdem rege weiter. Regel­mäßig hebt oder senkt ein Unicode-Ausschuss den Daumen, wenn es um die Aufnahme neuer Symbole geht.

Auch wenn der Einfluss von Desi­gner Kurita auf die heutigen Emojis nicht unter­schätzt werden kann, liegt der Ursprung doch früher. Auf einer Entwick­ler­kon­fe­renz 2016 erin­nert Program­mie­rerin Mariko Kosaka an den japa­ni­schen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­zern Soft­bank. Dessen Pager hat bei seiner Veröf­fent­li­chung am 1. November 1997 bereits 90 Bild­chen im Programm, darunter den legen­dären Kothaufen.

Geht man noch tiefer in die digi­tale Archäo­logie, trifft man auf die seit­lich liegenden Smileys, die sich mit der herkömm­li­chen Tastatur darstellen lassen. "Ich schlage die folgende Zeichen­folge für Witz-Markie­rungen vor :-)", empfiehlt am 19. September 1982 Scott Fahlman aus Pitts­burgh zur Verein­fa­chung der Kommu­ni­ka­tion. "Das war ein biss­chen albern", sagt der US-Professor später in einem Inter­view. "Es waren zehn Minuten meines Lebens." Fahlman gilt vielen als Urvater der digi­talen Smileys.

Bild­sprache aus Satz­zei­chen schon im 19. Jahr­hun­dert

Doch schon viel früher lässt sich ein ;) finden - 1862 in der "New York Times". In einer Rede von Präsi­dent Abraham Lincoln druckt die Zeitung ein "(applause and laughter ;)" als Reak­tion des Publi­kums. Ein Tipp­fehler? Experten merken an, dass Zeitungs­texte seiner­zeit aus einzelnen Matrizen gesetzt wurden, Flüch­tig­keit eigent­lich auszu­schließen sei. In diesem Zusam­men­hang unter­suchten Histo­riker etwa, wie in der Mitte des 19. Jahr­hun­derts Semi­kolon und Frei­zei­chen Verwen­dung finden. Ein über­ein­stim­mendes Urteil, ob es sich im Licoln-Text wirk­lich um ein Zwin­kern handelt, gibt es aber nicht.

Und jetzt noch ein großer Sprung in die Vergan­gen­heit: Im türki­schen Karkamis nahe der syri­schen Grenze gruben italie­ni­sche Forscher einen fast 4000 Jahre alten Tonkrug aus der Hethiter-Zeit aus. Darauf zu sehen: zwei Augen und ein gebo­gener Mund. Der Fund gilt als das bislang älteste Smiley. Wie der leitende Archäo­loge Nicolò Marchetti 2017 anmerkte, war das Gefäß für ein süßes Frucht­ge­tränk bestimmt.

Es zeigt sich: Emotionen werden seit Menschen­ge­denken in Symbole über­setzt. Kuritas 176 Zeichen haben den wohl stärksten Fußab­druck in unserer digi­talen Kommu­ni­ka­tion hinter­lassen. Heute gibt es kaum eine Gefühls­lage, Mimik oder Gestik, die nicht darge­stellt werden kann. Das Kalender-Emoji hat der Japaner damals noch nicht entworfen. Heut­zu­tage ist auf dem Symbol der 17. Juli aufge­schlagen - auch bekannt als Welt-Emoji-Tag.

Ein Smiley hier, ein Herz­chen da - in Chats und Nach­richten wimmelt es nur so von Emojis. Ihr Siegeszug ist kein Zufall, sagen Forscher. Doch Vorsicht: Mit den Bild­chen liegt man manchmal total daneben.

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