Dunkel

Editorial: Auf dem Flachfernseher in die Röhre gucken

Ausstieg der Privatsender aus DVB-T absehbar
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Fest steht, dass DVB-T in der jetzigen Form keine Zukunft hat. Sowohl zur Korrektur von Bit­fehlern als auch zur Kompression des Fern­seh­signals nutzt es alte, in­effiziente Kodier­ver­fahren. Um künftig auch Programme in HD aus­strahlen zu können, wird auf jeden Fall der Umstieg auf DVB-T2 benötigt. Dieser verlangt von den Zuschauern in der Regel die Neu­an­schaffung eines Receivers, denn bisherige DVB-T-Receiver sind meist noch nicht kompatibel mit DVB-T2.

Wenn die Zuschauer sich aber eh neue Technik anschaffen müssen, stellt sich die Frage, ob man denen nicht lieber sagt: "Kauft Euch eine Satellitenanlage" und die teure Parallelausstrahlung in DVB-S und DVB-T mittelfristig einstellt. Klar ist Parabolantenne samt Installation und Receiver viel teurer als nur ein DVB-T-Receiver. Aber sie bietet in vielen Fällen ein besseres Signal und auf jeden Fall mehr Programme. Und die freiwerdenden Frequenzen könnten von den Mobilfunkern verwendet werden, um Verbraucher mit echtem mobilen Internet zu versorgen, bei dem das monatliche Datenpaket nicht schon nach ein oder zwei Stunden HD-Stream erschöpft ist.

Was wird nun aus DVB-T? Was wird nun aus DVB-T?
Bild: NDR
Haupt-Leidtragende der DVB-T-Abschaltung wären Nutzer, die in ihrer Wohnung keine eigene Satellitenschüssel anbringen können, weil es der Vermieter verbietet oder sie im Funkschatten eines anderen Hauses oder eines großen Baums wohnen, und bei denen sich der Vermieter zugleich weigert, eine zentrale Sat-Anlage zu installieren. Diese Nutzer wären dann gezwungen, monatliche Gebühren für Breitbandkabel oder IP-TV zu bezahlen, die sich spätestens nach einigen Jahren höher aufsummieren als die Kosten für eine Satellitenantenne.

Es gibt also auch durchaus Argumente pro DVB-T. Nur sollten dann die spezifischen Kosten für den Betrieb der DVB-T-Sender auf die DVB-T-Schauer umgelegt werden. Das geht aber nur über die verhasste Grundverschlüsselung, die zudem viele Zuschauer auch ohne Umstieg auf DVB-T2 zur Anschaffung neuer Endgeräte zwingen würde, wenn ihre Receiver nicht Smartcard-fähig sind.

Weiterwurschteln!

Angesichts der schwierigen Situation würde ein klares Signal von der Politik benötigt: Ein definitiver Zeitplan für den Umstieg auf DVB-T2 oder für den, möglicherweise schrittweisen, Ausstieg aus der terrestrischen Ausstrahlung würde allen Beteiligten (Sender, Zuschauer, Mobilfunk-Unternehmen) klare Investitionsentscheidungen ermöglichen. Jedoch ist es unwahrscheinlich, dass die föderalen Landesmedienanstalten sich hier binnen eines überschaubaren Zeitraums einigen, um klare Leitlinien herauszugeben. Und so wird man weder kosten- und gebührensparend abschalten, noch komplett auf DVB-T2 umschalten, sondern es allen Beteiligten selber überlassen, wie sie verfahren.

Das Ergebnis ist absehbar: Die privaten Fernsehsender werden ihr Engagement bei DVB-T weiter zurückfahren, und in DVB-T2 gar nicht erst einsteigen. Ausnahme von dieser Regel sind einzelne Spartensender, die mit geringer Sendeleistung rein auf die Zentren der Millionenstädte zielen. ARD und ZDF werden hingegen ihre DVB-T-Ausstrahlung nicht ändern, um keine Zuschauer zu verlieren. Dort, wo die RTL- und/oder die ProSiebenSat.1-Gruppe aussteigen, werden sich ARD und ZDF die freiwerdenden Frequenzen und Sender umgehend sichern, um künftig mit DVB-T2 ihre wichtigsten Programme parallel in HD auszustrahlen. So dürfen sich die öffentlich-rechtlichen Sender am Ende über marginal höhere Marktanteile freuen. Dieses Subventionsprogramm für die Telekom-Tochter Deutsche Funkturm GmbH müssen hingegen die Bürger bezahlen, über die Rundfunkgebühren.

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