Österreich: ORF ab sofort wider Willen auf DAB+ zu hören
Die Sendeanlage auf dem Hühnerspiel
Bild: RAS
Der Österreichische Rundfunk (ORF) ist ein großer Skeptiker beim Digitalradio DAB+ in Österreich und sieht in der Technologie keinen Mehrwert. Das hat freilich auch mit seiner herausragenden Stellung im Radiomarkt zu tun. Als einziger Hörfunkveranstalter in Österreich ist er flächendeckend bis in jedes Bergdorf hinein auf UKW zu hören, daher liegen seine Marktanteile mit großem Abstand vor den privaten Konkurrenten. Kein Wunder, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk kein Interesse am Digitalradio zeigt, zumal die Politik ihm bisher keine digitalen Zusatzkanäle erlaubt.
ORF via Südtirol nach Nordtirol
Die Sendeanlage auf dem Hühnerspiel
Bild: RAS
Umso überraschter dürfte seit dieser Woche ein Großteil der Radiohörer im Bundesland Tirol sein, denn nun können sie den ORF auch über DAB+ hören - sofern sie ein zum Empfang nötiges Digitalradio besitzen. Vor allem im nördlichen Wipptal inklusive der Landeshauptstadt Innsbruck sowie in Teilen des Inntals sind die Programme des Senders nun selbst indoor digital-terrestrisch zu hören. Zuvor waren die ORF-Programme bereits in Teilen Osttirols über DAB+ zu hören - im Drautal von der italienischen Grenze bis Lienz.
Ermöglicht wird diese Verbreitung durch die "Rundfunk Anstalt Südtirol" (RAS). Diese veranstaltet keinen Rundfunk selbst, sondern strahlt öffentlich-rechtliche Programme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in Südtirol aus, unter anderem auch den ORF. Seit Mittwoch ist die RAS mit einer neuen DAB+-Sendeanlage am exponierten Standort Hühnerspiel nahe dem Brenner mit drei Sendeblöcken auf Sendung gegangen. Neben den beiden RAS-Muxen mit zugelieferten, öffentlich-rechtlichen Sendern wird nun auch das Bouquet DABMEDIA mit 13 Privatradios aus Südtirol verbreitet.
Szenario erinnert an UKW-Pioniere
Das ganze erinnert an die Pionierzeit des privaten Hörfunks, als im UKW-Band ebenfalls mehr Vielfalt im Hörfunk durch Programme aus Südtirol entstand. Vom Hühnerspiel aus sendete damals mit hoher Leistung der kommerzielle Sender Radio C nach Tirol und Bayern, bevor in Deutschland und viel später in Österreich private Hörfunkprogramme zugelassen wurden.
Vom fast 2800 Meter hohen Senderstandort werden über DAB+ die Gebiete Brenner, Pflersch, Jaufental und das nordtiroler Wipptal sowie Teile des Inntals versorgt. Über die drei Sendeblöcke werden insgesamt 35 Hörfunkprogramme ausgestrahlt, darunter die ORF-Programme Österreich 1, Ö2 Tirol, Hitradio Ö3 und FM4.
In der Metropole Innsbruck sind damit zusammen mit dem österreichweiten Multiplex, in dem aktuell 11 private Sender übertragen werden, nun 46 Radioprogramme zu hören.
Umdenken beim ORF
Es ist nun spannend, ob diese Verbreitung wider Willen dem ORF zu einem Umdenken beim Thema DAB+ bewegt. Drei überregionale Sendeplätze sind für ihn nach wie vor im Österreich-Multiplex reserviert. Dieser wird nicht nur in Innsbruck verbreitet, sondern in allen Landeshauptstädten und entlang wichtiger Verkehrsrouten in Österreich.