Interview

Telekom testet Glasfaser-Anschluss für jeden auf Wunsch

Der Telekom-Deutschland-Chef Niek Jan van Damme nimmt in einem Interview Stellung zum Glasfaserausbau, VDSL-Vectoring und der Konkurrenz-Situation. Die Re-Monopolisierungs-Vorwürfe bezeichnete er als "Blödsinn".
Von Thorsten Neuhetzki

Telekom-Chef Niek Jan van Damme (Archivbild) Telekom-Chef Niek Jan van Damme (Archivbild)
Foto: dpa
Ungewöhnlich privat gibt sich der Telekom-Deutschland-Chef Niek Jan van Damme heute in einem Interview mit der Welt am Sonntag. In diesem Interview ist nicht nur vieles zu seinem Hobby, der Dressurreiterei, und seinem Privatleben nachzulesen, sondern auch einiges über die wenig überraschende Position der Deutschen Telekom zum Glasfaserausbau und die aktuelle Diskussion um VDSL Vectoring.

Die Telekom hatte bekanntlich beantragt, ein exklusives Nutzungsrecht für VDSL und VDSL Vectoring in den Vermittlungsstellen und in deren Nahbereich zu bekommen. Die Wettbewerber bezeichnen diesen Vorgang, sofern er wirklich genehmigt wird, als Re-Monopolisierung. van Damme bezeichnete diesen Begriff als "Blödsinn". Es gehe nur um etwa 15 Prozent der Anschlüsse. Zudem haben die Wettbewerber weiterhin die Möglichkeit, die Infrastruktur der Telekom zu nutzen. Was er nicht sagt: Eigene VDSL-Infrastruktur könnten die Wettbewerber in den fraglichen Regionen, in denen immerhin etwa 6 Millionen Haushalte liegen, nicht mehr aufbauen. Für sie bleibt als Alternative nur das TV-Kabel, eine direkte Glasfaserleitung bis zum Kunden mit den entsprechend hohen Baukosten sowie das langsamere DSL.

Vectoring-Ausbau gegen Kabel-Konkurrenz

Telekom-Chef Niek Jan van Damme (Archivbild) Telekom-Chef Niek Jan van Damme (Archivbild)
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van Damme argumentiert, der Breitbandausbau der Telekom auch in diesen oft schon stark versorgten Gebieten sei nötig, damit die Kunden "nicht später in einem Monopol der TV-Kabelanbieter gefangen" sind. Das müsse man auch mal etwas lauter sagen, weil es sonst untergehe. Bisher hatte die Telekom zumeist das Breitbandziel der Bundesregierung, 50 MBit/s in allen Haushalten anbieten zu können, als Hauptargument genannt. Tatsächlich sind jedoch schon viele Haushalte heute mit guten Datenraten - auch per Kabel - versorgt und auch die Telekom selbst bietet oftmals 25 oder gar 50 MBit/s an. Doch die Kabelanbieter sind der Telekom weit voraus und bieten je nach Region 100, 200 oder gar schon 400 MBit/s im Downstream an.

Dass eines Tages die Glasfaser bis zum Kunden den Kern der Versorgung darstellen wird, steht auch für die Telekom offenbar fest. Doch dieser Weg sei sehr teuer. "Warum sollen wir nicht erst die Kupferleitungen ausreizen?", fragt er und verweist auf neue technische Möglichkeiten, mehrere Gigabit über das Kupfer zu übertragen. Allerdings ist dieses nur über sehr kurze Distanzen möglich, die noch kürzer sind als der durchschnittliche Abstand zwischen VDSL-Kabelverzweiger und Kundenanschluss.

Ein Telekom-Monopol kann van Damme in dem Interview nicht erkennen. Schließlich hätten die Kabelanbieter eine Netzabdeckung von 65 Prozent, regional habe die Telekom sehr geringe Marktanteile. Als Beispiel nannte er Hamburg mit einem Marktanteil von 20 Prozent. Hier allerdings dürften die meisten Kunden nur einen DSL-Anschluss haben, der noch aus Zeiten des Hamburger Lokalanbieters Alice (HanseNet) stammt, der in Hamburg einen hohen Marktanteil aufwies. Alice wurde jedoch schon vor Jahren an Telefónica verkauft, Telefónica wiederum gibt seine Festnetzinfrastruktur nach und nach auf und kauft seine Vorleistungen bei der Telekom ein.

Glasfaser-Anschluss für jeden als Test

Im Hinblick auf das Breitbandziel der Bundesregierung sagte van Damme, man sei gut unterwegs, das Ziel zu erreichen. Mit Vectoring käme die Telekom auf 80 Prozent Abdeckung. Für den Rest verwies er auf Lösungen wie den Hybridanschluss, der eine langsame DSL-Leitung mit LTE kombinieren kann. Allerdings ist LTE ein Shared Medium und kann nicht für jeden jederzeit hohe Datenraten garantieren. Das Ziel zu erreichen, sei ein Branchenthema. Er hält jedoch nichts davon, die Ziele der Bundesregierung noch höher zu stecken. 80 Milliarden Euro für einen flächendeckenden Breitbandausbau habe niemand und nicht alle Kunden wollen derartige Datenraten. Allerdings teste die Telekom gerade die Möglichkeit, jedem Kunden auf Wunsch einen Glasfaseranschluss zu liefern. "Aber das kann teuer für ihn werden", so der Telekom-Deutschland-Chef abschließend.

Wer braucht welche Geschwindigkeit und welche Anschlussform?

Können Sie einschätzen, welche Anschlussgeschwindigkeit Sie wirklich brauchen? Anhand einiger typischer Nutzertypen geben wir Ihnen hier einen Anhaltspunkt. Zudem zeigen wir Ihnen in einem weiteren Text, welche technischen Unterschiede es zwischen den verschiedenen Anschlussformen gibt.

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