Mobilfunk-Frequenzen: Auktions-Verschiebung sinnvoll?
3 Netzbetreiber gegen einen Neueinsteiger: Welches Angebot können sie 1&1-Chef Ralph Dommermuth machen?
Fotos: 1&1/Telefonika, Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
Das Thema Auktion von Mobilfunkfrequenzen bewegt die Gemüter. Die drei etablierten Netzbetreiber fürchten ein sehr teures Bieten um knappe Frequenzen bei 800 MHz, die ihren Bestand reduzieren und die Netzversorgung in der Fläche stark erschweren oder stellenweise unmöglich machen könnten.
Nun hat sich die sogenannte Monopolkommission zu Wort gemeldet und empfiehlt, dass bei den "wertvollen Mobilfunkfrequenzen" eine Versteigerung das bevorzugte Vergabeverfahren bleiben sollte. Dazu hat sie ein sogenanntes "Sektorgutachten Telekommunikation" erstellt.
Zurück zur Versteigerung, aber mit Ausnahmen
3 Netzbetreiber gegen einen Neueinsteiger: Welches Angebot können sie 1&1-Chef Ralph Dommermuth machen?
Fotos: 1&1/Telefonika, Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de
"Das Versteigerungsverfahren hat sich bewährt. Wir regen an, dass die Bundesnetzagentur dabei bleibt und wir den gesetzlichen Vorrang wieder einführen", erläutert der Vorsitzende der Monopolkommission, Professor Jürgen Kühling, sein Papier. Aber - und das ist bemerkenswert: "Eine befristete Verlängerung unter Auflagen könne aber sinnvoll sein."
Um was geht es?
Ein Teil der Mobilfunk-Lizenzen für die stark gefragten sogenannten "Flächenfrequenzen" im 800-Mhz-Band läuft 2025 aus. Die Bundesnetzagentur hatte angedeutet, neben einer Auktion könnte auch eine Verlängerung möglich sein, und "prüft" derzeit beide Optionen genauer. "Wir sind offen für eine Auktion ebenso wie eine befristete und mit Auflagen versehene Verlängerung", hatte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichts seiner Behörde heute gesagt.
Lizenzen sind viel zu teuer
Die Netzbetreiber hätten es möglichst kostengünstig und unbürokratisch. Die Argumente sind einleuchtend. Das Geld, was für teure Lizenzen ausgegeben wird, fehlt am Ende für den Netzausbau. Es müssen ja nicht nur neue Stationen in bisherigen Funklöchern - z.B. in ländlichen Regionen - aufgebaut und ans Netz angeschlossen werden, auch die bestehende Technik muss permanent aktualisiert und ausgetauscht werden.
Damit wäre ja eigentlich alles klar, nur da gibt es einen vierten Netzbetreiber. Und das ist 1&1, die sich im Jahre 2019 nach einer schier endlosen Bieterschlacht Frequenzen ersteigert haben, die einen Frequenz-Miet- und Roaming-Vertrag mit Telefónica (o2) und einen Untermietvertrag auf den Türmen von Vodafone (Vantage Towers) haben und wild entschlossen sind, ein eigenes Netz aufzubauen. Wenn das auch in der Fläche funktionieren soll, brauchen sie dort auch niedrigere Frequenzen, die weiter reichen, also die bei 800 MHz, die bis 2025 zur Disposition stehen.
Monopolkommission befürchtet "Versperrungseffekt"
Professor Jürgen Kühling von der Monopolkommission warnt daher vor einem "Versperrungseffekt", den eine Verlängerung der Frequenzen für den vierten Netzbetreiber als Marktneuling haben könnte. Und so fordert er die neue Bundesregierung klipp und klar auf, die erst kürzlich – auch auf erheblichen Druck der Netzbetreiber – gestrichene Bevorzugung der Versteigerung wieder in Kraft zu setzen.
Eine ebenfalls diskutierte "negative Versteigerung", bei der die Wettbewerber in einer Art "Beauty Contest" mit Ausbauzusagen wetteifern, habe sich im Ausland angeblich nicht bewährt.
Befristete Verlängerung doch möglich?
Trotz allem Pulverdampf hält es Monopolkommission dennoch für "sinnvoll", das aktuelle Spektrum unter gewissen Auflagen und befristet zu verlängern, damit die Laufzeiten der bisherigen Nutzungsrechte mit denen anderer Frequenzen "synchron" laufen. Das heißt, zu einem späteren Zeitpunkt würden dann Frequenzen bei 700, 800 und 900 MHz zeitgleich vergeben werden. Dann gäbe es aber wieder eine möglicherweise desaströse Bieterschlacht, nach heutigem Zeitplan wäre das 2033 der Fall.
Für den Fall, dass sich die Bundesnetzagentur mit diesem Weg anfreunden könnte, müsste sie aber mit einigen deutlichen Auflagen für die etablierten Netzbetreiber dafür sorgen, dass der Neueinsteiger 1&1 "Luft zum Atmen" bekommt. "Für Null sollte es diese Frequenzverlängerung nicht geben", betont Kühling. Ihm schwebt eine Diensteanbieterverpflichtung oder nationales Roaming vor. Damit wären Telefónica (o2), Telekom und Vodafone gezwungen, 1&1 auf ihr Netz zu lassen, beispielsweise durch Code-Sharing (eine Station strahlt zwei Kennung aus, MOCN) oder bundesweite oder regionale Roaming-Abkommen (wie damals das D1-Roaming von VIAG-Interkom/o2) zu schließen.
Bundesnetzagentur prüft noch
Die Bundesnetzagentur "prüft" derzeit noch alle Möglichkeiten und wertet die eingegangenen Stellungnahmen aus. Dabei müsse "immer die Frage Neueinsteiger und vierter Netzbetreiber" beachtet werden, ist sich Homann im Klaren. Branchenkreise hatten einen Vorschlag noch vor Weihnachten vermutet, Homann dämpfte die Erwartungen: "Der Sachverhalt ist noch nicht entscheidungsreif", zu viele Fragen seien noch offen. Vielleicht will Homann erst mal abwarten, was der neue Verkehrsminister Wissing und der neue Wirtschaftsminister Habeck vorhaben und ob die politischen Wünsche, die Bundesnetzagentur in mehrere Teile zu zerlegen, umgesetzt werden.
Kommission gegen Interoperabilität
In dem Gutachten spricht sich Prof. Kühling übrigens gegen eine Interoperabilitätsverpflichtung bei Messenger-Diensten aus, da sie derzeit mehr Nachteile als Vorteile für den Wettbewerb verursachen würden. Den Anbietern würde die Möglichkeit entzogen, sich gegenüber großen Anbietern durch bessere Funktionen oder höhere Datenschutzstandards abzugrenzen.