Kriminalität

iPhone: So will Apple gegen Kindes­missbrauch kämpfen

Apple will mit iOS 15 ein Verfahren einführen, das Kindes­miss­brauch eindämmen soll. Daten­schützer sehen die Funk­tion kritisch.
Von dpa /

Apple unter­stützt den Kampf gegen Kinder­por­nografie mit einem radi­kalen Schritt. Der Konzern will von Herbst an zunächst Fotos auf Geräten von US-Nutzern bei Nutzung des haus­eigenen Online-Spei­cher­dienstes iCloud mit einer Liste von bekanntem kinder­por­nogra­fischen Mate­rial abglei­chen lassen. Apple stellte dafür am Donnerstag ein komplexes Verfahren vor, das den Daten­schutz sicher­stellen soll.

Für den Abgleich soll auf die Geräte eine Datei mit soge­nannten "Hashes" von bereits bekannten kinder­por­nogra­fischen Inhalten geladen werden - eine Art digi­taler Finger­abdruck des Bildes. Darüber lässt sich bei einem Vergleich mit spezi­ellen Verfahren eine Kopie des Fotos erkennen, das Original kann aus dem Hash aber nicht wieder­her­gestellt werden.

Bei einer Über­ein­stim­mung werden verdäch­tige Bilder mit einem Zerti­fikat versehen, dank dem Apple sie nach dem Hoch­laden zur iCloud ausnahms­weise öffnen und einer Prüfung unter­ziehen kann. Das System schlägt erst Alarm, wenn es eine bestimmte Anzahl von Tref­fern gibt. Wie viele es dafür sein müssen, wird nicht öffent­lich gemacht. Wird dann bei der Über­prü­fung tatsäch­lich kinder­por­nogra­fisches Mate­rial entdeckt, meldet Apple dies der ameri­kani­schen Nicht­regie­rungs­orga­nisa­tion NCMEC (National Center for Missing & Exploited Children), die wiederum Behörden einschalten kann.

iOS 15 schafft tech­nische Voraus­set­zungen

Weitere Neuerungen unter iOS 15 Weitere Neuerungen unter iOS 15
Foto/Montage: teltarif.de, Icon: Apple
Während die Funk­tion nur für Apple-Kunden mit US-Accounts akti­viert wird, ist die Datei mit den Hashes fester Teil des Betriebs­sys­tems. Sie soll damit auf alle iPhones geladen werden, auf denen die neue Betriebs­system-Version iOS 15 instal­liert wird. Vor einer inter­natio­nalen Einfüh­rung des Features gegen Kindes­miss­brauch müssen erst noch recht­liche Voraus­set­zungen geklärt werden.

Nutzer, bei denen durch den Abgleich bekanntes kinder­por­nogra­fisches Mate­rial gefunden wird, werden darüber nicht unter­richtet. Aller­dings wird dabei ihr Konto gesperrt. Den Abgleich über Hashes nutzen zum Beispiel auch Online-Platt­formen, um solche Inhalte bereits beim Hoch­laden zu entde­cken und ihre Veröf­fent­lichung zu verhin­dern. Das Verfahren funk­tio­niert nach Bran­chen­angaben prak­tisch fehler­frei für Fotos - greift aber noch nicht bei Videos.

Kritiker der heute gängigen Verschlüs­selung von privater Kommu­nika­tion in Chat­diensten und auf Smart­phones führen oft den Kampf gegen sexu­ellen Kindes­miss­brauch als Argu­ment auf, um Hinter­türen für Behörden zu fordern. Apples ange­kün­digtes System ist ein Versuch, das Problem auf andere Weise zu lösen. Der Konzern wehrte sich wieder­holt gegen Forde­rungen von US-Sicher­heits­behörden, die Verschlüs­selung seiner Geräte bei Ermitt­lungen zu knacken. Der Fokus auf Hashes von bereits bekannten Fotos bedeutet zugleich, dass neue auf den Geräten erstellte Inhalte nicht entdeckt werden.

Kryp­tografie-Experte äußert Kritik

Apple veröf­fent­lichte Analysen mehrerer Experten, die den Daten­schutz bei dem Verfahren begrüßten. Zugleich kriti­sierte bei Twitter ein Kryp­tografie-Experte an der US-Univer­sität Johns Hopkins, MatthewGreen, dass über­haupt die Möglich­keit zum Abgleich von Dateien auf den Geräten geschaffen werde. Er sieht speziell die Gefahr, dass jemand Hashes für andere Inhalte auf Geräte schleusen könnte - und dass auto­ritäre Regie­rungen Vorschriften zur Suche nach anderen Inhalten auf diese Weise erlassen könnten.

Mit einer weiteren Funk­tion wird es künftig die Möglich­keit geben, dass Eltern eine Warn­mel­dung erhalten, wenn ihr Kind in Apples Chat­dienst iMessage Nackt­fotos erhält oder verschickt. Die Nackt­heit in den Bildern wird dabei von Soft­ware auf dem Gerät erkannt. Der Konzern erfährt nichts davon.

Welche weiteren Neue­rungen iOS 15 speziell für Fotos mit sich bringt, lesen Sie in einem eigenen Beitrag.

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