Ericsson-Studie: Langsamer Start für 5G in Westeuropa
Regelmäßig stellt der Netzwerkausrüster Ericsson seinen Mobility Report vor, der eine Bestandsaufnahme der Branche und einen Ausblick auf die Zukunft bietet.
Heute hat das Unternehmen die 20. Ausgabe vorgelegt.
Nordostasien liegt vorne
Beim Ausbau der fünften Mobilfunkgeneration (5G) hat im weltweiten Vergleich die Region Nordostasien das höchste Tempo vorgelegt, ermittelten die Marktbeobachter bei Ericsson. In Westeuropa dagegen seien die superschnellen Mobilfunkverbindungen noch die Ausnahme - auch, weil es an einer systematischen Förderung fehle.
Ericsson hat seinen Mobility Report 2021 vorgestellt
Titelbild: Ericsson AB
Konkret: Beim Ausbau der fünften Mobilfunkgeneration (5G) liefern sich Nordamerika, Nordostasien und die Golf-Staaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, während Westeuropa einen langsamen Start hinlegt. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Ericsson Mobility Report, der heute in Stockholm veröffentlicht wurde.
In Nordostasien (inklusive China und Südkorea) seien Ende 2020 bereits neun Prozent aller Mobilfunkverträge auf 5G umgestellt worden. In Westeuropa liege dieser Wert bei einem Prozent.
5G löst 3G ab
5G löst den Mobilfunk der dritten Generation (UMTS/3G) ab und wird zunächst in der Regel parallel zum Mobilfunk der vierten Generation (LTE) als 5G-NSA (NonStandAlone) betrieben. Mit 5G (SA/StandAlone) im Vollausbau wird die Übertragung von mobilen Daten quasi in Echtzeit möglich sein, denn 5G kann dann bis zu 100 Mal schneller als LTE sein, wenn alles optimal ausgebaut und konfiguriert ist.
Theoretisch wären mit 5G Geschwindigkeiten von bis zu zehn Gigabit pro Sekunde möglich. In der Praxis werden derzeit Maximalwerte um 1 GBit/s erreicht. Auch sind die Datenlaufzeiten (Latenz) im Vergleich zu UMTS und LTE oft viel kürzer, was für die Steuerung von Maschinen, die Telemedizin - aber auch für das Gaming - von Bedeutung ist. Außerdem können in einer 5G-Funkzelle viel mehr Geräte gleichzeitig online sein.
Bis zum Jahr 2026 sagt die Studie vor allem ein dynamisches 5G-Wachstum in Nordamerika voraus. Dort werde der 5G-Anteil von 4 Prozent (im Jahre 2020) auf 84 Prozent steigen. In Nordostasien würden dagegen bis 2026 nur zwei Drittel (65 Prozent) aller Mobilfunkverträge 5G nutzen. In absoluten Zahlen liegen die Asiaten mit 1,4 Milliarden 5G-Verträgen allerdings weit vorn. Für Nordamerika erwartet die Studie 340 Millionen 5G-Verträge.
5G-Technik wird zunächst in der Industrie aber auch beim Verbraucher punkten
Foto: Picture-Alliance / dpa
In Westeuropa dominiert derzeit 4G (LTE) und macht 78 Prozent aller Verträge aus. Der 4G-Anteil werde bis zum Jahr 2026 auf 27 Prozent wegen des allmählichen Umstiegs auf 5G zurückgehen. Die Verschiebung von einigen Frequenzversteigerungen habe dabei Auswirkungen auf den Einsatz und die Abdeckung von 5G in der Region. Die 5G-Durchdringung werde aber trotz des Startrückstandes bis Ende 2026 rund 69 Prozent erreichen.
Golf-Staaten fördern digitale Initiativen
Zielstrebiger als die Europäer sind die arabischen Golf-Staaten. In den Ländern des Golf-Kooperationsrates (GCC) würden digitale Initiativen staatlich gefördert, womit auch die 5G-Einführung beschleunigt werde. Im Jahr 2019 gehörten die GCC-Märkte demnach zu den ersten der Welt, die kommerzielle 5G-Dienste einführten. 2026 würden die Golf-Staaten mit einer 5G-Anteil von 73 Prozent hinter Nordamerika auf dem zweiten Platz liegen.
Weltweit sollen etwa eine Million 5G-Verträge pro Tag geschaltet werden. Damit ist nach Ansicht von Ericsson der 5G-Mobilfunkstandard auf dem Weg, die am schnellsten etablierte Mobilfunkgeneration der Geschichte zu werden.
Nach der Pandemie startet 5G durch: FWA wird wichtig
Fredrik Jejdling, Chef der Netzwerk-Sparte bei Ericsson, ist sich sicher: „Unternehmen und die Gesellschaft bereiten sich auf eine Welt nach der Pandemie vor, in der die 5G-gestützte Digitalisierung eine entscheidende Rolle spielen wird.“
Der schwedische Netzwerkausrüster sieht weiter voraus, dass die Zahl der "kabellosen Festnetzverbindungen" (englisch Fixed Wireless Access, FWA) voraussichtlich bis Ende 2026 fast 180 Millionen erreichen werde. Bis zu diesem Zeitpunkt werde der Mobilfunk für die eigenen vier Wände rund 20 Prozent des weltweiten mobilen Netzdatenverkehrs ausmachen. Die Nutzer bevorzugen den schnurlosen Betrieb ohne ein Kabel anschließen zu müssen.
Die kabellosen Festnetzverbindungen über 4G oder 5G konkurrieren damit mit den klassischen Breitbandverbindungen wie DSL, Kabel-Internet oder Glasfaserverbindungen. Sie sind vor allem in der Bereitstellung auf der "letzten Meile" günstiger, weil man dafür keine Leitungen vom Verteilerkasten in die Wohnungen oder Büros legen muss. Dafür ist eine Menge an Minisendern oder Repeatern erforderlich, die viele Nutzer noch gar nicht haben oder erreichen können.
Zunehmender Datenverkehr
Die neuen technischen Möglichkeiten von 5G werden auch dafür sorgen, dass der gesamte globale mobile Datenverkehr (ohne FWA) weiter rasant ansteigen wird. Ende 2020 lag der Wert der Studie zufolge 49 Exabyte (49 Milliarden Gigabyte) pro Monat. Auf einem so großen Speicher könnte man über 500 Millionen Filme in HD-Qualität ablegen.
In den kommenden fünf Jahren soll sich dieser Wert auf 237 Exabyte fast verfünffachen. Die durchschnittliche monatliche Nutzung pro Smartphone liegt der Studie zufolge derzeit bei über 10 Gigabyte und wird bis Ende 2026 voraussichtlich 35 Gigabyte erreichen.
Der Videodatenverkehr mache derzeit 66 Prozent des gesamten mobilen Daten Datenverkehrs aus. Dieser Anteil werde bis zum Jahr 2026 auf 77 Prozent steigen.
Der Ericsson Mobility Report steht in englischer Sprache zum kostenlosen Download im PDF-Format bereit.
Möglicherweise baut der vierte deutsche Netzbetreiber 1&1 sein 4G/5G-Netz mit Technik von Ericsson auf.