IT-Plattform

Continental & Amazon: System für Software-Updates im Auto

Daten sind der zentrale Rohstoff, auch in der Auto­indus­trie. Um Updates neuer Fahr­zeug-Soft­ware zu stan­dar­disieren und Tech­niken für das auto­nome Fahren schneller testen zu können, tun sich jetzt zwei Schwer­gewichte in einer Part­ner­schaft zusammen.
Von dpa /

Die Continental Automotive Edge Plattform soll flexible Software-Updates OTA ermöglichen. Die Continental Automotive Edge Plattform soll flexible Software-Updates OTA ermöglichen.
Bild: Continental AG
Mehr Tempo beim auto­nomen Fahren, leich­tere Updates, bessere Daten für Sicher­heits- und Sprach­sys­teme: Conti­nental und die Cloud-Sparte von Amazon entwi­ckeln gemeinsam eine Soft­ware- und Hard­ware-Platt­form für Autos. "Wir erproben das jetzt in der Seri­enent­wick­lung eines Herstel­lers", sagte Conti-Tech­nik­chef Dirk Abend­roth der Deut­schen Presse-Agentur. "Eine erste Pilo­tan­wen­dung ist dann ab August geplant, ab dem Jahres­ende soll das Konzept für weitere Kunden geöffnet werden." Verein­bart sei eine lang­fris­tige Zusam­men­arbeit mit Amazon.

Die einheit­lichen Entwick­lungs­stan­dards betreffen zunächst vor allem Prozesse zwischen den Unter­nehmen. Mittel- bis lang­fristig dürften sich die Neue­rungen aller­dings auch in Millionen Autos sowie in den erwei­terten Dienst­leis­tungen rund ums Auto­geschäft bemerkbar machen.

Verar­bei­tung enormer Daten­mengen

Amazon Web Services (AWS) war zuletzt der Haupt­gewinn­bringer des Konzerns aus Seattle. Die Firma, deren Chef Andy Jassy demnächst Amazon-Gründer Jeff Bezos an der Spitze ablöst, bietet vor allem Rechen- und Spei­cher­kapa­zitäten an, die im Netz dezen­tral zur Verfü­gung gestellt werden (Cloud Compu­ting). Außerdem befasst sich AWS mit maschi­nellem Lernen und Künst­licher Intel­ligenz (KI).

Conti erhofft sich Fort­schritte bei der Verar­bei­tung der enormen Daten­mengen, die beim auto­nomen Fahren umge­setzt werden müssen. "So vernetzen wir in einem ersten Schritt Kamera- und Radar­daten, die für Simu­lationen von hoch­auto­mati­sierten Fahrten genutzt werden", erklärte Abend­roth. Es sei die erste Platt­form dieser Art im Markt. Mit ihr sollen sich auch neue Algo­rithmen rascher entwi­ckeln lassen. Anwen­dungs­mög­lich­keiten für höheren Daten­fluss im Innen­raum des Autos seien die Erken­nung von Müdig­keit oder präzi­sere Sprach­steue­rung. Die Continental Automotive Edge Plattform soll flexible Software-Updates OTA ermöglichen. Die Continental Automotive Edge Plattform soll flexible Software-Updates OTA ermöglichen.
Bild: Continental AG

Conti­nental Auto­motive Edge Platt­form

Das zentrale Instru­ment heißt "Conti­nental Auto­motive Edge Platt­form" (CAEdge). Es enthält Module für die Entwick­lung und das Aufspielen neuer Programme bis zu deren Wartung. "So wird es in Zukunft bequem möglich sein, über die gesamte Lebens­dauer des Fahr­zeugs gewünschte Funk­tionen durch Soft­ware-Updates zu beziehen", kündigte Conti an. Gleich­zeitig sollen das Tempo und die Daten­sicher­heit erhöht werden.

Die Vernet­zung laufe in zwei Rich­tungen, so Abend­roth: "Einer­seits geht es um eine stär­kere Anbin­dung der Fahr­zeug- an die Internet-Welt und die Möglich­keit, mehr Daten in die Cloud zu laden - ande­rer­seits darum, Daten aus der Cloud in neue Zusam­men­hänge zu bringen, die so noch nicht möglich waren." Auto­bauer konzen­trierten sich zuneh­mend auf nur noch wenige Zentral­rechner im Wagen, die jeweils immer komplexer würden. "Da gilt es, Technik wie Kosten zu beherr­schen."

Geschäfts­modell von Conti ändert sich

Die Hanno­veraner stellen sich - wie andere Unter­nehmen der Branche - in Rich­tung Soft­ware, Sensorik und Fahr­zeug-Elek­tronik um. Dazu werden Milli­arden inves­tiert und auch viele neue Stellen geschaffen, während in klas­sischen Sektoren erheb­lich Jobs abge­baut werden.

Über 1000 der rund 20.000 eigenen IT-Fach­leute will Conti für den Einsatz bei CAEdge schulen. Bis zum kommenden Jahr sollen etwa 1900 Experten mit dem Schwer­punkt KI beschäf­tigt werden - eine Stei­gerung um gut 1000 vergli­chen mit dem aktu­ellen Stand.

Gemein­sames Ziel ist laut AWS-Entwick­lungs­chef Bill Vass "eine Umge­bung, die die Entwick­lung hoch­auto­mati­sierter sowie auto­nomer Fahr­sys­teme beschleu­nigen wird". Ähnliche Forschungen laufen auch in anderen Konzernen. So steckt etwa VW über die mit Ford betrie­bene Betei­ligung Argo AI viel Geld in Daten-Infra­struk­turen. Das draht­lose Aufspielen neuer Soft­ware­ver­sionen bei der ID-Reihe wird vorbe­reitet, die erste große Aktua­lisie­rung ist für den Sommer geplant. Updates "over the air" in regel­mäßigen Rhythmen sollen Stan­dard werden.

Conti­nental liefert bisher unter anderem einen Zentral­rechner für die Steue­rung von ID-Modellen zu. VW baut seiner­seits ein Netz­werk auf, in dem Daten zwischen den Smart­phones der Kunden, den Anwen­dungen im Auto, Herstel­lern, Händ­lern und Dienst­leis­tern ausge­tauscht werden.

Auch Amazon orien­tiert sich derzeit stärker in Rich­tung Mobi­lität. 2020 kaufte der Konzern das Start-up Zoox, das Soft­ware für das auto­nome Fahren entwi­ckelt. AWS-Konkur­rent Micro­soft will eben­falls im Geschäft mit vernetzten Autos mitmi­schen und stieg dafür unter anderem bei der Robo­taxi-Firma Cruise von General Motors ein.

Vollauto­nomes Fahren ist keine Zukunfts­vision mehr. Volks­wagen arbeitet bereits an der Projekt­studie VW ID. BUZZ. Unter anderem darüber spra­chen wir mit Chris­tian Senger, Bereichs­leiter auto­nomes Fahren bei VW Nutz­fahr­zeuge.

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