Breitbandpolitik

Kooperation beim Glasfaserausbau

Auf dem Symposium Breitbandpolitik in Berlin blieb das große Säbelrasseln zwischen Aufsichtsbehörden und Anbieter aus. Dafür zeigten sich die Beteiligten optimistisch bei der Aufgabe, gemeinsam den Glasfaserausbau voranzutreiben.
Aus Berlin berichtet Stefan Kirchner

Was Unternehmen öffentlich proklamieren, muss nicht immer mit dem übereinstimmen, was bei nicht-öffentlichen Veranstaltungen gesagt wird. Denn im Branchen-Umfeld zeigen sich Netz­betreiber erfreulich offen für eine gemeinsame Kooperation, wenn es um das leidige Thema des Ausbaus von Glasfaser­netzen geht. Genau das war am 6. September auf dem 3. Symposium Breitband­politik in Berlin der Fall.

Eingeladen hatten die führenden Dachverbände für Breitband ANGA, BREKO, BUGLAS, FTTH Council Europe und VATM zu einer Podiums­diskussion rund um das Thema Breitband, Netzausbau und politische Rahmen­bedingungen, sowie zur Regulierung der Netze. Unter anderem zeigte sich Jochen Homann, Präsident der Bundes­netzagentur (BNetzA) darüber erfreut, dass der Großteil der deutschen Netz­betreiber bereit sei, gemeinsam das Glasfaser­netz in Deutschland auszubauen. Zumindest zeigen sie eine erheblich große Bereitschaft, sich über mögliche Kooperationen im Sinne von Open Access ernsthaft Gedanken zu machen. "Das ist anders als bei öffentlichen Gesprächen, wo Balkonreden gehalten werden", sagte er weiter.

Einen ähnlichen Ton schlug auch Andreas Mundt, Präsident des Bundes­kartellamts, an und erklärte, dass seine Behörde "offen bei der Beurteilung von Kooperationen für den Glasfaser­ausbau" sei. Allerdings nicht bundesweit, fügte er hinzu. Schließlich sei Wettbewerb unterm Strich der größte Antreiber für Innovationen und da sei Kooperation auf lange Sicht nicht unbedingt förderlich.

"Natürlich müssen wir das schnelle Internet überall ausbauen, in Städten und auf dem Land. Wir brauchen den flächen­deckenden Ausbau möglichst schnell", sagte Mundt, nachdem er sich für die Verteilung der geschätzt 70 bis 80 Milliarden Euro an Kosten auf alle Schultern ausgesprochen hatte.

Deregulierung für Glasfaser und 5G-Lizenzkosten

Gerade Homann sprach sich dabei im Laufe der Diskussion auch dafür aus, dass der Glasfaser­markt weniger stark reguliert werden sollte, wie es derzeit bei den Kupfer­netzen der Fall ist. Eine neue Technologie mit einem völlig anderen Ansatz könne nicht im selben Maße reguliert werden, wie es bei einer bereits existierenden Technologie der Fall ist. Zumal die gemachten Fehler mit der regulierten Technologie nicht zwangs­läufig auch auf die neue Technologie übertragen werden sollten.

Homann meinte zudem, dass er nicht gerade ein Freund von vorgefertigten Verträgen sei, um den Bogen zum Thema Innovation durch gesunden Wettbewerb und damit zu Andreas Mundt zu schlagen. Ob er damit ein bestimmtes Unternehmen oder gar einen der Verbände im Blick hatte, die zu diesem Symposium eingeladen haben, ließ er offen.

Aber auch in einem anderen Punkt zeigte sich Homann als Präsident der BNetzA erfreulich offen, als er das Thema der Frequenz­versteigerung für den kommenden 5G-Netzstandard ansprach. So sagte er, dass die BNetzA mit der Versteigerung nicht möglichst viel Geld aus den Bietern heraus­pressen will, sondern den Wettbewerb und damit das Interesse der Mobilfunk­betreiber an Investitionen fördern will. Ein Thema, das sich durch den ganzen Abend wie ein roter Faden zog.

Gründe für die Gigabit-Gesellschaft

Das Deutschland und die Politik so lange mit dem Ausbau gezögert haben, wird sich auf lange Sicht rächen. Gerade durch die aktive Förderung von Industrie 4.0 werden Breitband­anschlüsse für kleinere und mittelständische Unternehmen immer wichtiger, um mit der internationalen Konkurrenz Schritt halten zu können. Doch echte Glasfaser­netze, die überhaupt Geschwindig­keiten im Gigabit­bereich bieten können, sind vielen Regionen bisher kaum vorhanden.

Statistisch gesehen sind solche Betriebe in gigabitmäßig schlecht erschlossenen Industrie­gebieten oder ländlichen Regionen angesiedelt und damit nicht ausreichend wettbewerbs­fähig. Über 70 Prozent der Industrie­arbeitsplätze sind jedoch auf dem Land angesiedelt, wo es mitunter nicht einmal 50-MBit-Anschlüsse gibt, erklärte Felix Esser vom Bundesverband der Deutschen Industrie in einem Interview mit dem Tagesspiegel [Link entfernt] . Das es auch anders geht, zeigt ein Beispiel aus Österreich.

Jörg Tauber, Geschäftsführer der Nieder­österreichischen Glasfaser­infrastruktur­gesellschaft (NÖGIG), hat mit Erfolg die ersten ländlichen Regionen in Nieder­österreich mit schnellen Glasfaser­anbindungen versorgt. Sozusagen der lebende Beweis, dass eine kosteneffektive Erschließung ländlicher Regionen mit Glasfaser­anschlüssen sehr wohl umsetzbar ist. Jetzt müssten deutsche Netzbetreiber dem guten Beispiel folgen und das nicht nur regional beschränkt, sondern bundesweit.

Welche Frequenzen überhaupt für kommende 5G-Netze in Frage kommen, lesen Sie in einer separaten Meldung.

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