Telekom-Bespitzelungsopfer kündigen Beschwerden an
Betroffene in der Telekom-Spitzelaffäre wollen sich einer Einstellung der Ermittlungen widersetzen. "Das werden wir nicht hinnehmen", sagte der stellvertretende ver.di-Bundesvorstand Lothar Schröder gestern in Bonn. In den vergangenen Wochen war in der Presse mehrfach berichtet worden, dass die Bonner Staatsanwaltschaft den ehemaligen Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und den Ex- Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel nicht anklagen will. Die Ermittlungen hatte die Behörde kurz vor Ostern abgeschlossen, bislang aber ihre Ergebnisse nicht offiziell mitgeteilt.
Vor gut zwei Jahren war bekannt geworden, dass die Telekom gesetzeswidrig Verbindungsdaten unter anderem von Gewerkschaftern, Journalisten und Managern abgeglichen hatte, um ein Informationsleck im Aufsichtsrat ausfindig zu machen. Der Konzern hatte Strafanzeige gegen unbekannt gestellt und in den kommenden Monaten intensiv an der Aufarbeitung der Affäre und der Verbesserung des Datenschutzes in dem Unternehmen gearbeitet. Neben der Ernennung des neuen Vorstands für Datenschutz wurde auch ein unabhängiger Datenschutzbeirat bestellt. Dieser legte gestern einen Zwischenbericht vor.
Der Datenschutzbeirat hat sich als externes Sachverständigen-Gremium bewährt
Müssen vermutlich keine Anklage fürchten...
Kai-Uwe Ricke und Klaus Zumwinkel
Foto: dpa
In den eineinhalb Jahren seit seiner Konstituierung hat das Gremium die Deutsche Telekom dabei unterstützt, ihre Organisationsstruktur im
Bereich Datenschutz und Datensicherheit zu verändern, Prozesse neu aufzusetzen oder bestehende zu optimieren, Auditregelungen auszuweiten und Mittel für
eine transparente Kommunikation zum Thema Datenschutz einzusetzen. Dieses Fazit zog Schröder, der auch Vorsitzender des Beirats und stellvertretender
Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Telekom ist, bei einem Gespräch mit Beiratsmitgliedern und Dr. Manfred Balz, Vorstand Datenschutz, Recht und
Compliance der Deutschen Telekom.
"Ein Blick von außen aus unterschiedlichen Perspektiven bringt oft überraschende neue Erkenntnisse. Die Deutsche Telekom hat vom unabhängigen und
kritischen Blick des Datenschutzbeirats profitiert", so Schröder. Hansjörg Geiger, Gründungsmitglied des
Datenschutzbeirats, ergänzte: "Unternehmerisches Handeln birgt immer Risiken in sich. Der Datenschutzbeirat hilft der Deutschen Telekom dabei, diese
Risiken zu minimieren." Außerdem wolle er aufzeigen, dass erfolgreich praktizierter Datenschutz ein unternehmerischer Wert ist, mit dem die Telekom sich
profilieren kann.
Der Datenschutzbeirat begleitete in neun Sitzungen und zusätzlichen Treffen mit Datenschutzverantwortlichen unter anderem die Aufarbeitung von aufgetretenen Datenschutzvorfällen bei der Deutschen Telekom, diskutierte die ergriffenen Sofortmaßnahmen als Reaktion auf die Vorfälle und tauschte sich über das Spannungsverhältnis von Betrugskontrolle und Persönlichkeitsrecht aus. Darüber hinaus begleitete er die Umsetzung der Schlussfolgerungen aus dem Open Book-Bericht und untersuchte den Umgang mit Anfragen von externen Behörden zur Datenbereitstellung.
Bisher keine Akteneinsicht
Schröder rügte jedoch, dass die Bespitzelten in der Schnüffel-Affäre auch nach zwei Jahren noch keine Einsicht in die Ermittlungsakten bekommen hätten. Da habe sich eine Menge Wut in ihm aufgestaut. Ein betroffener Journalist berichtete, die Staatsanwaltschaft habe die zugesicherte Akteneinsicht wieder zurückgenommen.
"Die Verletzten sollen die gleichen Informationsrechte haben wie die Angeschuldigten", sagte auch Manfred Balz. Er habe größtes Verständnis dafür, wenn die Betroffenen bei einem solchen Ausgang Beschwerden einreichten. Sollten die Ermittler tatsächlich von einer Anklageerhebung absehen, könnten Balz zufolge die Betroffenen Beschwerde bei Gericht einreichen und gegebenenfalls über ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren Ricke und Zumwinkel doch noch vor den Kadi bringen.